Piratenpartei
Hil­fe, Unterwanderung!

Und das Neue­ste aus der Welt der wir­ren Blogs (bewusst nicht ver­linkt): Ich wer­de unter­wan­dert. Und mit mir eine gan­ze Partei.

Was ist pas­siert? Nun, unter dem rei­ße­ri­schen Titel Dres­den nazifrei! rufen eini­ge Pro­mi­nen­te und weni­ger Pro­mi­nen­te, dar­un­ter auch Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te der Par­tei „Die Lin­ke.“, der­zeit dazu auf, eine am 13. Febru­ar geplan­te Demon­stra­ti­on im Geden­ken an die Opfer der Bom­bar­die­rung deut­scher Städ­te zu blockie­ren. (Ja, es geht wört­lich um Blocka­den, nicht um blo­ße Gegen­de­mon­stra­tio­nen.) Und weil das „irgend­was mit Hit­ler“ zu tun hat, papp­te man das Sie­gel „Anti­fa­schis­mus“ oben­drauf, ließ es von aus­ge­rech­net der bekannt­lich Demo­kra­tie und Rechts­staat lie­ben­den Anti­fa­schi­sti­schen Akti­on orga­ni­sie­ren und such­te sich Mit­strei­ter für die­se anti­de­mo­kra­ti­sche Straf­tat Akti­on zur Wah­rung der Demokratie.

Nun hat sich auch ein Lan­des­ver­band der Pira­ten­par­tei bereit erklärt, die­se Akti­on zu unter­stüt­zen. Da das akti­ve Blockie­ren einer legi­ti­men Demon­stra­ti­on jedoch weder mit den Grund­sät­zen der Pira­ten­par­tei („wir sind nicht links und nicht rechts, wir sind vor­ne!“) noch mit gel­ten­dem Gesetz in Ein­klang zu brin­gen ist, wur­de nach einer hei­ßen Dis­kus­si­on im Pira­ten­fo­rum (die gern ver­linkt, aber wohl nie so ganz gele­sen wird) die­se Unter­stüt­zung vor­erst wie­der zurückgerufen.

Und schon haben wir den Salat und die nega­ti­ve Pres­se von den gewohn­ten Schrei­häl­sen und Burgtrompetern:

Die Pira­ten­par­tei sym­pa­thi­sie­re nicht mehr nur mit der NPD, weil sie nicht bereit ist, links­mo­ti­vier­te Straf­ta­ten zu unter­stüt­zen; nein, sie wer­de gar von ihr, so schreibt der übli­che (absicht­lich nicht ver­link­te) Quatsch­blog­ger, unter­wan­dert. Die gute, alte George‑W.-Bush-Mentalität (eit­her you are with or you are against us, weil’s halt zwi­schen Links­au­to­no­men und Rechts­ra­di­ka­len nichts geben darf) schlägt wie­der zu. Außer Fré­dé­ric vom Spree­blick kommt auch nie­mand auf die Idee, die ent­spre­chen­de Stel­lung­nah­me der Pira­ten­par­tei auch nur zu erwäh­nen. Recher­chen? Pustekuchen.

Da kann man eigent­lich nur noch die Nase rümpfen.

NetzfundstückeKaufbefehleMusikkritik
The Natio­nal – Alligator

Eigent­lich hät­te jetzt hier ein geschlif­fen for­mu­lier­ter Text voll zyni­scher Wort­spie­le ste­hen sol­len, der die der­zeit durch die Blogs gei­stern­de Geschich­te von der bis­lang blö­de­sten Abmah­nung des Jahr­zehnts zum The­ma hät­te und in dem ich mich über die eigent­lich über­aus unan­ge­neh­me Ver­bin­dung aus feh­len­der tech­ni­scher Sach­kennt­nis und Geld für Anwäl­te bekla­gen woll­te, aber bevor ich ihn schließ­lich fixier­te, beschloss ich, noch ein­mal einen Blick in den immer noch ste­tig wach­sen­den Sam­mel­ord­ner noch zu hören­der Musikal­ben zu wer­fen, schob also das erst­be­ste Werk in mein Abspiel­ge­rät, setz­te die Kopf­hö­rer auf und war aus­rei­chend fas­zi­niert, um statt­des­sen einen Text über die gehör­te Musik zu verfassen.

Das Album „Alli­ga­tor“ der US-ame­ri­ka­ni­schen Band The Natio­nal ist inzwi­schen fünf Jah­re alt, aber es hat sich bis­lang erfolg­reich mei­nen Ohren ent­zo­gen; wohl auch, weil mir das Nach­fol­ge­werk „Boxer“ eher ab- als zusa­gen woll­te und weil ich des­halb erst mal ver­drängt habe, je etwas von die­ser Musik­grup­pe kon­su­miert zu haben. Ich hof­fe nicht, dass es ein Zei­chen fort­schrei­ten­den Alters ist, aber „Alli­ga­tor“ trifft der­zeit genau neben mei­nen musi­ka­li­schen Nerv. (Wür­de es mei­nen Nerv tref­fen, wür­de es schmer­zen, daher ist dane­ben gera­de gut. Ach, Wort­spie­le, die man erklä­ren muss, sind kei­ne guten solchen.)

Peter ver­gleicht The Natio­nal mit den Edi­tors (die ich nicht mag) und Inter­pol (die ich nicht ken­ne), auf Amazon.de zieht man mit Joy Divi­si­on und den Tin­der­sticks dann immer­hin Ver­glei­che, die ich eini­ger­ma­ßen ver­ste­he und für rich­tig hal­te. Mischt man alles zusam­men, was man so über die­ses Album liest, so ent­hält es min­de­stens melan­cho­li­schen Indie-Ame­ri­ca­na-Post-Punk-Rock, und weil sich das ver­mut­lich dann doch lie­ber kei­ner mer­ken will, nen­ne ich es ein­fach mal eine Melan­ge aus letz­te­ren bei­den Bands und freue mich tie­risch dar­über, so eine schö­ne kur­ze Beschrei­bung for­mu­liert zu haben. Die ist wenig­stens schön griffig.

Die­ses Album also, das (schrieb ich das schon?) mir sehr gefällt, drückt in Text, Gesang und Instru­men­tie­rung eine ver­zwei­fel­te Melan­cho­lie aus, wie sie mir in all mei­ner Melo­dra­ma­tik gera­de recht kommt. Musik für ein­sa­me See­len, die für fei­ge Depres­sio­nen dann doch wie­der nicht ein­sam genug sind.

I got two sets of head­pho­nes, I miss you like hell
Won’t you come here and stay with me
Why don’t you come here and stay with me

Unge­kün­stel­te Lyrik ist gute Lyrik, und ver­tont klingt sie so oder auch so. Kau­fen, hören und auf die Tex­te ach­ten. Erste­res und zwei­te­res in die­ser Rei­hen­fol­ge, drit­te­res gleich­zei­tig mit zwei­te­rem. (Davor oder danach geht natür­lich auch.)

PersönlichesNetzfundstücke
De futu­ra.

Gera­de in der Wer­bung auf­ge­fal­len: „Bun­des­wehr – Kar­rie­re mit Zukunft“. Eine sol­che Zukunft wün­sche ich tat­säch­lich niemandem.

Wie das mit den Wün­schen doch ohne­hin nicht immer ganz ein­fach ist. Man stei­gert sich in sie hin­ein und plant unbe­wusst oder auch bewusst, und man ver­spricht sich selbst, dass das näch­ste Mal bes­ser ver­lau­fen mag, weil man ja nun wis­se, wo die Feh­ler lagen, und dann schei­tert es doch nur an der eige­nen Unzulänglichkeit.

Ludi­te, si sapi­tis, solas impu­ne puellas:
Hac minus est una frau­de tuen­da fides.

(Ovid: Ars ama­to­ria I)


Noch ein kur­zer Nach­trag zum The­ma Goog­le: Mir scheint, dem The­ma Goog­le wid­me man sich der­zeit in deut­schen Medi­en mit erhöh­ter Auf­merk­sam­keit, mit weni­gen Aus­nah­men hat sich da inzwi­schen auch ein gewis­ser Kon­sens herausgebildet.

Selbst Susan­ne Gasch­ke, Redak­teu­rin des anson­sten eher min­der­qua­li­ta­ti­ven Nach­rich­ten­ma­ga­zins Die Zeit, ruft zum Pro­test gegen Goog­le auf.

Was heißt »Pri­vat­heit« noch, wenn kei­ne Bewe­gung mehr inko­gni­to ist?

Für lesens­wert befun­den und aus­drück­lich zu sol­chem empfohlen.


(Und dann noch mal das übli­che Apro­pos, dies­mal Roman­tik: Wie man das, was eine Frau als „roman­ti­schen Moment“ und ein Mann als „kit­schi­ges Kli­schee“ betrach­tet, erfolg­reich zu einem gera­de­zu kin­di­schen Spaß für alle Betei­lig­ten umwan­delt, erläu­tert Kir­sten Fuchs. Hihi.)

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MusikIn den Nachrichten
Dei­ne Mud­da wählt CSU, Alter.

Was müs­sen mei­ne trü­ben Augen da wie­der zur Kennt­nis nehmen?:

Rap­per Bushi­do (31) und Bay­erns Mini­ster­prä­si­dent Horst See­ho­fer (60, CSU) hat­ten sich beim Film­ball in Mün­chen so eini­ges zu erzäh­len. Anschlie­ßend ver­riet der Baye­ri­sche Lan­des­va­ter in „Bild“: „Ich wür­de mir wün­schen, dass Bushi­do einen Wahl­kampf­song für uns macht“.

Der bou­le­var­deske Stil, Per­so­nen­nen­nun­gen grund­sätz­lich mit ein­ge­klam­mer­ten Alters­an­ga­ben zu ver­se­hen, weil sie für den Trans­port der eigent­li­chen Inhal­te bekannt­lich essen­zi­ell sind, ist mir (24) durch­aus nicht ent­gan­gen und bei­na­he Stoff für eine wei­te­re Medi­en­kri­tik, aber ich bin heu­te ein wenig schreib­faul. Soll­te sich aller­dings der Inhalt der Nach­richt als authen­tisch erwei­sen, so möch­te ich hier­mit mei­ne Erhei­te­rung ob die­ses Umstan­des zum Aus­druck bringen.

So eine Wahl­kampf­hym­ne stel­le ich mir von aus­ge­rech­net Bushi­do ja auch nicht all­zu unhu­mo­rig vor; die CSU ist zum Bei­spiel voll Ghet­to, ey.

Offen­bar berei­tet das dem Poli­ti­ker kei­ne gro­ßen Sor­gen: „Ich ken­ne sei­ne Musik von mei­nen Kin­dern. Er ist ein sehr höf­li­cher jun­ger Mann.“

Dass Bushi­do trotz all sei­ner ver­ton­ten Gewalt­fan­ta­sien nicht unbe­dingt all­zu falsch tickt, hat­te ich ja vor einer Wei­le schon zuge­ge­ben; aber aus wel­chem sei­ner bis­lang auf Ton­trä­ger gepress­ten Wer­ke das her­vor­geht oder ob Horst See­ho­fer even­tu­ell von etwas völ­lig ande­rem sprach, als er aus­ge­rech­net sei­ne Musik ins Spiel brach­te, hät­te ich dann doch schon gern mal erfah­ren. Wer kann mir da weiterhelfen?

(Apro­pos komi­sche Arti­ku­la­ti­on; SPIEGEL Online lie­fert mir heu­te das Rap­zi­tat der Woche: „Dies ist eine Geschich­te aus alter Zeit, über mein kos­mi­sches Idol, das in mei­nen Träu­men weilt, über wen rede ich, Kum­pel? Yeah, ich rede über Bud­dha, yo.“ Dan­ke, kei­ne wei­te­ren Fragen.)

NetzfundstückeMusikPolitik
Kurz ver­linkt IV: Kath­rin Pas­sig und, „hur­ra!“, das neue Ding

Der­zeit auf tagesschau.de zu lesen:
Die „Web-Exper­tin“ (was wie­der ein­mal sehr schön zeigt, dass man, um heut­zu­ta­ge als „Exper­te“ dum­mes Zeug in irgend­ein Mikro­fon schwa­feln zu dür­fen, nur unge­fähr wis­sen muss, wie der abstrak­te Gegen­stand, mit dem man sich angeb­lich aus­kennt, unge­fähr buch­sta­biert wird; gemäß Urban Pri­ol: „ein­mal in der Eis­die­le vom Zitro­nen­sor­bet naschen, schon ist man Exper­te für Polar­for­schung“) Kath­rin Pas­sig erklärt, wie­so sämt­li­che „sozia­len Netz­wer­ke“ dazu bei­tra­gen, dass sie nicht sozi­al ver­küm­mert, und dass jedem die­ser Por­ta­le, das aus der Mode kommt, min­de­stens ein neu­es „kom­men­des Ding“ folgt.

In Deutsch­land zum Bei­spiel ent­wickel­te sich die all­ge­mei­ne Auf­merk­sam­keit von MySpace über *VZ zu Face­book, und was danach kom­men wird, möch­te ich mir gar nicht so recht vor­stel­len müssen:

Die schlech­te Nach­richt für Anhän­ger des „Nur-eine-Phase“-Glaubens: An die Stel­le von Face­book wird nicht der Prä-Face­book-Zustand tre­ten, son­dern Ange­bo­te, die noch viel stär­ke­re Ver­wer­fun­gen in unse­ren sozia­len Gepflo­gen­hei­ten mit sich bringen.

Ich hat­te es neu­lich schon ange­deu­tet:
So schlecht lebt es sich in der digi­ta­len Ein­sam­keit ohne Face­book nicht. :)

(Und, apro­pos Ein­sam­keit, dem Lied Wor­te feh­len des Farin Urlaub Racing Teams wird viel zu wenig Auf­merk­sam­keit geschenkt. Ich hof­fe, mit die­sem Ver­weis zur Ände­rung die­ses Umstan­des bei­tra­gen zu können.)


Ein poli­ti­scher Witz als Nachtrag:
„Die SPD hat den gro­ßen Feh­ler gemacht, die Dis­kus­si­on um Inter­net­sper­ren zu ver­schla­fen“, und das tut ihr jetzt, in der Oppo­si­ti­on, so rich­tig Leid; weil es kei­nes­falls abzu­se­hen war, dass die zahl­rei­chen Bür­ger­pro­te­ste inklu­si­ve des Erfol­ges der Pira­ten­par­tei irgend­et­was mit den Inter­net­sper­ren zu tun gehabt haben könn­ten, aber jetzt hät­te man eben doch gern wie­der ein paar Wäh­ler­stim­men, wenn es schon nicht für Inhal­te reicht, ach, herrje.

PolitikIn den Nachrichten
Goog­le und das lei­di­ge The­ma Datenschutz

Lan­ge schon habe ich hier nichts mehr über den gefähr­li­chen Groß­kon­zern Goog­le geschrie­ben (ihr wisst schon, das ist die klei­ne Gara­gen­fir­ma, die sich zu unge­fähr 97 Pro­zent aus den Ein­nah­men jener Wer­bung finan­ziert, die es anhand der Mailin­hal­te und so ziem­lich jeder wei­te­ren gleich­wie per­sön­li­chen Eigen­schaft sei­ner Nut­zer gene­riert), und da der anson­sten ent­täu­schend unre­vo­lu­tio­nä­re SPIEGEL in sei­ner dies­wö­chi­gen Aus­ga­be (2/2010) umfas­send dar­über infor­miert, war­um es kei­ne gute Idee ist, einem Unter­neh­men, das kom­mer­zi­el­le Inter­es­sen ver­tritt, etwas ande­res als einen Ein­trag auf sei­ner Sperr­li­ste zu gewäh­ren, neh­me ich das mal zum Anlass, um ein wenig über die Nach­rich­ten­si­tua­ti­on zu reflektieren.

Goog­le ist ja die­ser Tage auch in den eher poli­tisch ori­en­tier­ten Nach­rich­ten­sen­dun­gen ein The­ma, da die chi­ne­si­schen Goo­gle­mit­ar­bei­ter als Reak­ti­on auf die umfas­sen­de staat­li­che Zen­sur erst mal beur­laubt wur­den und es gar im Gespräch ist, die chi­ne­si­sche Goo­g­le­ver­si­on ganz ein­zu­stel­len; sicher­lich nicht die schlech­te­ste Ent­schei­dung (und eigent­lich ein kla­rer Plus­punkt für Chi­na), aber das Pro­blem hier ist, dass mit die­ser Nach­richt wie­der ein­mal der Zei­ge­fin­ger in Rich­tung Aus­land geschwun­gen wird, wodurch man geschickt ein ganz ande­res Pro­blem übergeht.

Dass man tun­lichst davon abse­hen soll­te, einem Unter­neh­men, das nicht an EU-Geset­ze gebun­den ist, all­zu vie­le Infor­ma­tio­nen über sich preis­zu­ge­ben, steht auf einem ganz ande­ren Blatt (gera­de auch im Hin­blick dar­auf, dass das Google-„Adsense“-Werbesystem eben auch Goog­le-Mail-Inhal­te und unter Umstän­den ver­trau­li­che Geschäfts­do­ku­men­te bei die­sem unsäg­li­chen Lotus-Notes-Klon Goog­le Wave durch­for­sten darf; „wer nicht will, dass wir alles über ihn erfah­ren kön­nen, wenn wir woll­ten, soll­te bes­ser auf sei­ne Daten auf­pas­sen“, albern die Kon­zern­spre­cher sinn­ge­mäß in der Pres­se her­um), aber Goog­le ist nun nicht unbe­dingt ein Kon­zern, der „böse Zen­surchine­sen“ flu­chen sollte.

Es folgt ein Bildschirmausschnitt:

„Recht­li­che Grün­de“ hal­te ich zwar für einen selt­sa­men (das Inter­net kennt kei­ne Staats­gren­zen), aber immer­hin für einen nicht völ­lig aus der Luft gegrif­fe­nen Grund. Nur sind es in Chi­na eben­falls „recht­li­che Grün­de“, die dazu füh­ren, dass man­che Web­sei­ten schlicht nicht in einer Such­ma­schi­ne auf­ge­führt wer­den dür­fen. Was also den­ken sich deut­sche Medi­en dabei, wenn sie sich über Chi­na echauf­fie­ren, nur weil die Such­ma­schi­nen dort staat­li­cher Kon­trol­le unterliegen?

Ver­mut­lich gar nichts.

PersönlichesMusikNetzfundstückeIn den Nachrichten
Heu­te kei­ne Milch. (Und, womög­lich, nie mehr.)

Aus aktu­el­lem Anlass ein Lied:

How could they know just what this mes­sa­ge means
The end of my hopes, the end of all my dreams
How could they know a palace the­re had been
Behind the door whe­re my love reig­ned as queen

Hach.

Ein­at­men, aus­at­men und dar­an den­ken, dass man ja eigent­lich etwas völ­lig ande­res schrei­ben wollte.
Gedan­ken­pau­se sym­bo­li­sie­ren, Strich ein­fü­gen, noch mal atmen und wei­ter­tip­pen. Und zwar jetzt:


Der Grün­der von Face­book hält Pri­vat­sphä­re und Daten­schutz für nicht mehr zeit­ge­mäß; kein Wun­der, leben doch Dien­ste wie der sei­ne pri­mär davon, dass sei­ne Benut­zer sich öffent­lich ent­blö­ßen. Dass Face­book hier­zu­lan­de die eta­blier­ten *VZ-Net­ze zu ver­drän­gen beginnt, seit immer mal wie­der Nach­rich­ten über die Daten­schutz­pro­ble­me sel­bi­ger auf­tau­chen, zeugt von dem Unver­ständ­nis ihrer Nut­zer; weil die­se Net­ze ja auch alle­samt völ­lig unter­schied­lich funk­tio­nie­ren, einer ande­ren Phi­lo­so­phie fol­gen und weil Nach­rich­ten­bei­trä­ge immer reprä­sen­ta­tiv sind, das wird’s sein.

(Apro­pos „sein“: „Man braucht es nicht“ schrieb 1984 eine deut­schen Zeit­schrift, die für ihre Pro­dukt­ver­glei­che bekannt gewor­den ist, über die­se Pro­dukt­gat­tung. Was mag das gewe­sen sein? Die Auf­lö­sung für Unge­dul­di­ge gibt es hier.)

PersönlichesLyrik
Sie. (Frag­ment 2)

… Es war dun­kel und es reg­ne­te, als er wie­der auf die Stra­ße trat. Kein Mensch war mehr zu sehen, fast kein Geräusch mehr zu hören; nur in der Fer­ne unter­hielt sich eine Eule mit der Nacht. „Wie pas­send“, dach­te er.

Was hat­te er erwar­tet, als er noch kurz zuvor mit Herz­klop­fen vor ihrer Tür stand? Er hät­te sich ohr­fei­gen kön­nen. Wie ein Narr hat­te er sich benom­men. Alles war an sei­ner Angst zer­bro­chen, auch damals im Früh­ling, als er noch nicht alles rui­niert hat­te. Angst war sein Beglei­ter, seit er den­ken konn­te, und hat­te ihn schon oft in Gefahr gebracht. Eine Angst jedoch war neu: Die Angst, die ihn nun seit Mona­ten quäl­te und die ihm heu­te auch die­se eine, letz­te Chan­ce ver­sagt hat­te. Die Angst, sie end­gül­tig zu verlieren.

Sie war fort, dar­an zwei­fel­te er nicht, und es war sei­ne eige­ne Schuld. Sie war die Frau sei­nes Lebens, und eigent­lich hät­te er jetzt eben­so gut ein­fach tot umfal­len kön­nen. Dabei hat­te alles so gut begon­nen. Sei­ner Bit­te um die längst fäl­li­ge Aus­spra­che woll­ten sie bei­de end­lich – und nach lan­gem end­lich wie­der gemein­sam – nach­kom­men. Viel­leicht schwan­gen Über­mut und Leicht­sinn mit, als er es sich aus­mal­te, wie es wohl aus­ge­hen wür­de, viel­leicht war es auch nur sei­ne Ver­zweif­lung; er wuss­te jeden­falls, dass es für ihn, nein: für sie bei­de an die­sem Abend um alles ging, um eine gemein­sa­me Zukunft oder um ein Leben ohne ein „Wir“, an das er in die­sen Tagen stän­dig dach­te. Wochen­lang hat­te er sich vor­be­rei­tet, Fra­gen, Ant­wor­ten und Erin­ne­run­gen sorg­fäl­tig sor­tiert. Er hat­te schon zu viel Glück gehabt, dies­mal durf­te er sich nicht auf es verlassen.

Er hat­te es mal wie­der über­trie­ben. Je näher der Tag rück­te, auf den er all sei­ne Hoff­nun­gen, Wün­sche und Träu­me pro­ji­ziert hat­te, desto unge­dul­di­ger wur­de er. Als er es schließ­lich nicht mehr aus­hielt, begann er wie­der zu schrei­ben. Er schrieb Gedich­te und zitier­te Lie­der, er offen­bar­te dem Papier in Pro­sa sein Gefühls­le­ben. Der Sta­pel an Auf­zeich­nun­gen wuchs zuse­hends. „War­um war­ten?“, dach­te er sich, als er dies bemerk­te. Er woll­te ihr zei­gen, was sie ihm bedeu­te­te. Der Aus­sicht dar­auf, all dies noch unaus­ge­spro­chen las­sen zu müs­sen, behag­te ihm nicht. Hin und wie­der also, wenn ihm ein Text beson­ders gut gefiel, ver­pack­te er ihn und sand­te ihn ihr zu. Er hoff­te, dass sie ihn ver­ste­hen würde.

End­lich war sein Tag gekom­men. Geschla­fen hat­te er seit meh­re­ren Näch­ten nur noch wenig, er lag stun­den­lang wach und dach­te an sie. Was wür­de pas­sie­ren, wenn sie sich in die Augen sähen – er in ihre dunk­len, tie­fen, sie in sei­ne hel­len, klaren?

Zögernd trat er vor ihre Tür und betä­tig­te die Klin­gel. Erst nach, so kam es ihm vor, meh­re­ren Minu­ten bemerk­te er, dass an ihr ein Brief befe­stigt war, auf dem sein Name stand. Er zit­ter­te, wäh­rend er ihn öff­ne­te. Er war von ihr.

Mit jedem Satz, den er las, zit­ter­ten die Buch­sta­ben ein wenig mehr. Sie habe, schrieb sie, sich ent­schie­den. Sie füh­le sich von ihm noch immer – oder schon wie­der? – ein­ge­engt und unter Druck gesetzt; genau wie damals, als sie ihn ver­ließ. „Die Brie­fe!“, dach­te er und riss die Augen auf. Die­se ver­damm­ten Brie­fe, die er ihr immer wie­der zukom­men ließ, hat­ten ihn um den letz­ten Gras­halm gebracht. Den letz­ten hat­te er erst am Vor­tag geschrie­ben, die Tin­te war noch nicht lan­ge getrock­net. „Gestern“, dach­te er, und die alte, unge­lieb­te Schall­plat­te in sei­nem Kopf begann sich wie­der zu dre­hen. „Why she had to go I don’t know, she would­n’t say; I said some­thing wrong, now I long for yesterday.“

Nur mit Mühe konn­te er durch die Schlei­er, die sei­ne Augen und sei­nen Ver­stand zu umhül­len began­nen, ihre letz­ten Wor­te entziffern:
Sie wol­le ihn nie mehr wiedersehen.

Er atme­te tief durch. Das Geschrei der Eule, die noch immer unauf­hör­lich mit der Nacht sprach, klang jetzt, als lach­te sie ihn aus. Das Was­ser, das ihm über das Gesicht lief, schmeck­te salzig. …

MusikNetzfundstückeIn den Nachrichten
Das Wet­ter: Es könn­te zu Schnee kommen.

Und ich hat­te schon befürch­tet, die Welt sei zwi­schen­durch wie­der nor­mal geworden:

Gleich­zei­tig emp­fiehlt das BBK grund­sätz­lich, die pri­va­ten Lebens­mit­tel­vor­rä­te und not­wen­di­gen Medi­ka­men­te zu Hau­se zu über­prü­fen und ggf. so auf­zu­fül­len, dass eine aut­ar­ke Ver­sor­gung für die Fami­lie für drei bis vier Tage auch ohne grö­ße­re Ein­käu­fe und die Erwär­mung von Spei­sen, Geträn­ken und Was­ser auch durch eine stro­m­un­ab­hän­gi­ge Wär­me­quel­le (z.B. Cam­ping-Gas­ko­cher) mög­lich ist. Um bei einem Strom­aus­fall auch von wich­ti­gen öffent­li­chen Infor­ma­tio­nen, wie Warn­durch­sa­gen etc. nicht ganz abge­schnit­ten zu sein, emp­fiehlt das BBK, ein bat­te­rie­be­trie­be­nes Radio in den Haus­hal­ten vor­zu­hal­ten oder in einer extre­men Situa­ti­on zumin­dest regel­mä­ßig Nach­rich­ten über das eben­falls netz­un­ab­hän­gi­ge Auto­ra­dio zu hören.

Das Bun­des­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Kata­stro­phen­hil­fe emp­fiehlt mit die­sen Wor­ten, die Aus­sicht auf Schnee im Janu­ar ent­spre­chend zur Kennt­nis zu neh­men. Ver­ein­zelt könn­te es zu Käl­te und Glatt­eis kom­men, wir wün­schen Ihnen viel Glück. Es muss ernst sein, selbst auf SPIEGEL Online wird gewarnt: „Auch in der kom­men­den Woche soll es kalt bleiben.“

Die Super­märk­te, die ich außer­halb des Stu­di­en­be­trie­bes auf­zu­su­chen pfle­ge, sind ent­spre­chend leer, die Leu­te kau­fen Ham­ster ham­stern Lebens­mit­tel, als stün­de ein Krieg bevor. (Na, ja, is‘ ja auch immer irgend­wo Krieg.) Der Deut­sche Wet­ter­dienst warnt vor „Schnee­fall bis über 15 cm“ „im Mit­tel­ge­birgs­raum und in den nörd­lich angren­zen­den Gebie­ten sowie im Nord­osten Deutsch­lands“, will sagen: Im Harz liegt mehr Schnee als in den süd­lich von ihm gele­ge­nen Tälern. Das klingt ja gera­de­zu nach einer neu­en Eiszeit.

Ich hof­fe, ich habe mich aus­rei­chend gerü­stet. Lied­tipp für den Ernst­fall: Brand New – Dai­sy.
Viel Glück uns allen!

FotografiePersönliches
Impres­sio­nen: Roman­ti­sche Betrach­tung eines Nach­mit­tags zwi­schen Traum­welt und Wirk­lich­keit (Ver­such 3)

Was der Welt gefehlt hat: ein Blick in mein Entwurfsbuch.Man fährt, auf dem Weg zur näch­sten Klau­sur, mit dem Zug durch eine ver­schnei­te Land­schaft, umge­ben von Fuß­spu­ren von Tier­ar­ten, die das gei­sti­ge Auge, durch sie for­ciert, gleich­sam erschei­nen lässt. Die Sehn­sucht erweckt Bil­der von Schnee­ha­sen, Schneer­ehen und Schnee­s­pat­zen, und obwohl man eigent­lich noch im War­men sitzt, ver­sinkt man in ihnen und lässt die Gedan­ken zurück, die das Jetzt trübten.

Wäh­rend die Augen, die auf der Sze­ne haf­ten, den Ver­stand in den Strom­spar­mo­dus ver­setzt, summt es in den Ohren. Die Melo­die kennt man, aber wür­de man sie zuord­nen wol­len, so führ­te dies zu einem unver­meid­li­chen Zurück in das Ratio­na­le, das Greif­ba­re, und des­halb lässt man es lie­ber sein.

(is' kalt.)

Sich des­sen wohl bewusst hält die Natur die Türen ver­schlos­sen, und fast, noch immer gefan­gen von der Macht der Bil­der, bemerkt man es zu spät. Beein­druckt schwebt man hin­aus in die Käl­te der Stadt und beginnt zu frie­ren. Der Ver­stand mel­det sich zu Wort, geweckt von der Dis­kre­panz der Tem­pe­ra­tu­ren, und for­ciert das Ende des Schwe­bens, nicht unbe­merkt von der Natur, die nur zöger­lich ihren Griff lockert. Die Schnee­land­schaft weicht brau­nen Pfüt­zen und ihren lieb­lo­sen Ver­wand­ten. Näch­ster Halt: Haltestelle.

„Wasch mich“, klagt die Fen­ster­schei­be, von Witz­bol­den beschmiert, gleich­sam zum Test, ob der ver­blie­be­ne Humor genügt. Ver­ge­bens. Den Wunsch, zu träu­men, gewährt die Natur kein zwei­tes Mal. Will­kom­men in der Rea­li­tät, du altes Arschloch.

Netzfundstücke
Kurz ver­linkt III: Die Pop­ma­schi­ne­rie und die Mädchen

Heu­te Abend läuft eine wei­te­re Run­de die­ser unsäg­li­chen Per­so­nen­bloß­stel­lungs­sen­dung Deutsch­land sucht den Super­star, und weil wir ja noch nicht genug die­ser Sen­dun­gen haben, wird im Som­mer des gera­de begon­ne­nen Jah­res eine wei­te­re ins Ren­nen geschickt wer­den, die, nur wenig über­ra­schend, von RTL und Vox finan­ziert wird und „X Fac­tor“ hei­ßen soll (nicht zu ver­wech­seln mit der, haha, Mysteryserie fast glei­chen Namens).

Und ich – kei­ne Ahnung, ob es an mei­nem Geschlecht, mei­nem Alter oder mei­nem kul­tu­rel­len Sozia­li­sa­ti­on liegt – befürch­te, dass sich wie­der aus­rei­chend vie­le jun­ge Men­schen von der Aus­sicht auf Ruhm und Erfolg blen­den las­sen, ohne mal dar­über nach­zu­den­ken, ob nicht die Pro­du­zen­ten viel eher davon pro­fi­tie­ren und wor­an es lie­gen mag, dass man von all den ver­gan­ge­nen „Super­stars“ nur mehr wenig hört. Peer ana­ly­siert den zu unter­schrei­ben­den Ver­trag und kommentiert:

Zusam­men­ge­fasst gibt man für die Teil­nah­me an “X Fac­tor” also das Recht auf selbst­be­stimm­tes Han­deln, das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung gegen­über Jour­na­li­sten und das Recht am eige­nen Bild für alle nur erdenk­li­chen Ver­wer­tungs­we­ge (inklu­si­ver derer, die noch erfun­den wer­den) an der Gar­de­ro­be ab und erhält dafür: gar nichts.

Dann wün­sche ich allen Teil­neh­mern doch schon mal viel Erfolg im Vor­aus. Oh weia.


Für Twit­ter zu scha­de ist mein aktu­el­les Blogfundstück:
Anony­ma Silent Tiffy hat Ende August eini­ge typi­sche Mäd­chen­sät­ze zusam­men­ge­tra­gen. So wenig ich auch von Urtei­len wie „typisch männlich/weiblich“ hal­te, so bekannt kom­men mir vie­le von ihnen vor.

Drei Aus­zü­ge aus die­ser wohl nie­mals kom­plet­ten, aber schon recht anschau­li­chen Liste:

  1. „Ich will ja nix sagen, aber…“
  2. „[Vorwurf]Du tust mir ein­fach nur leid.“
  3. „Tu was du nicht las­sen kannst.……“ (und dabei Gesichts­aus­druck der Stolz auf die eige­ne Gewitzt­heit verrät)

Durch­aus nicht verkehrt.

MusikPolitikNetzfundstückeIn den Nachrichten
Medi­en­kri­tik XX: Sex and vio­lence, melo­dy and silence.

Die min­de­stens scheuß­li­che Ange­wohn­heit, jeden noch so beklopp­ten Ein­spiel­film in so genann­ten „Nach­rich­ten­ma­ga­zi­nen“ mit Musik zu unter­ma­len, wer­den sich die Sen­dungs­ma­cher wohl so bald auch nicht mehr abge­wöh­nen. Manch­mal, immer­hin, ent­ste­hen so Zusam­men­stel­lun­gen, die den­je­ni­gen, der eher der Musik als der Erzäh­lung folgt, ein Lächeln abrin­gen. Als die Wahl­kampf­stra­te­gen der CDU für die Wahl­wer­bung Ange­la Mer­kels das Lied „Angie“ der Rol­ling Stones erwähl­ten, wur­de der Text von den Medi­en gern zitiert und kom­men­tiert, was sicher­lich all­ge­mein lobens­wert ist, schon wegen der kul­tu­rel­len Bil­dung der Kon­su­men­ten (und so). Und nun kam mir vor­hin doch tat­säch­lich – in der guten, alten ARD, will sagen: dem „Ersten“ – ein fil­mi­scher Bericht über Herrn und Frau Oba­ma unter, der, natür­lich, unbe­dingt musi­ka­li­sche Unter­ma­lung brauch­te. Zu einem sol­chen Anlass nimmt man dann auch natür­lich nicht ein­fach irgend­ein Lied, son­dern das gute alte Instru­men­tal­stück „The Last Time“ (1966) von Andrew Loog Old­ham, das eine Adap­ti­on des gleich­na­mi­gen Musik­stückes der Rol­ling Stones (schon wie­der die!) von 1965 ist und das die Grund­la­ge für ein ande­res, heu­te eher mit die­ser Melo­die asso­zi­ier­tes Musik­stück bil­det, näm­lich „Bit­ters­weet Sym­pho­ny“ von The Ver­ve: I need to hear some sounds that reco­gnize the pain in me, yeah.

Der Bericht über die Oba­mas wur­de also von einem Lied beglei­tet, des­sen Text, wenn­gleich in der Adap­ti­on nicht vor­han­den, unter ande­rem so lautet:

You don’t try very hard to plea­se me,
with what you know it should be easy.

Wenn wir anneh­men, dass mit „You“, ähn­lich wie in „Angie“, Herr Oba­ma gemeint ist, ergibt die­se Text­stel­le Sinn (hat Herr Oba­ma in der Pha­se sei­ner Inau­gu­ra­ti­on noch gro­ße Reden geschwun­gen, wur­de bis­lang aus komi­schen Grün­den nur über­aus wenig umge­setzt), und der Rest des Tex­tes passt auch:

There’s too much pain and too much sorrow,
I guess I’ll feel the same tomorrow.

Eine bes­se­re Lied­wahl, lie­be ARD, hät­te selbst ich unter Auf­wen­dung maxi­ma­ler Bis­sig­keit und mög­lichst kei­nes Ras­sis­mus‘ nur schwer­lich tref­fen können.

Da freue ich mich doch schon auf die näch­sten Ein­spiel­fil­me über Wolf­gang Schäub­le (Lied­vor­schlag: „Karn Evil 9″ von Emer­son, Lake & Pal­mer) und Gui­do Wester­wel­le (Lied­vor­schlag: „Die Bie­ne Maja“ von Karel Gott). Hihi.


Apro­pos Medi­en: Auf WELT.de, dem digi­ta­len Arm des kon­ser­va­ti­ven Sprin­ger-Blat­tes DIE WELT (weil man in sol­cher­lei Krei­sen ja bevor­zugt in gro­ßen Let­tern kra­keelt), beschwert sich Elke Bod­de­ras der­zeit dar­über, dass die Panik von der Vogel Zie­gen Schweinegrippen-„Pandemie“ von, auf­ge­merkt!, der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) geschürt und dadurch die Bericht­erstat­tung seriö­ser Medi­en (ich neh­me an, sie meint das ihre) nach­hal­tig beein­flusst wurde.

Feynsinn.org kom­men­tiert zu Recht: „(…) der Nach­richt ihr Aus­schlach­ten durch den Bou­le­vard anzu­la­sten, ist eine Glanz­lei­stung jour­na­li­sti­scher Heu­che­lei, für die ein neu­er Preis aus­ge­lobt wer­den soll­te“; zumal sich doch wochen­lang gera­de die gei­sti­gen Ergüs­se der Sprin­ger­jour­na­li­sten gegen­sei­tig noch in Panik­schü­ren zu über­tref­fen wuss­ten: „Jeder drit­te Deut­sche kriegt die Schwei­negrip­pe“ (WELT), von den Ergüs­sen der nied­rig­prei­si­gen Alter­na­tiv­ma­ga­zi­ne aus dem glei­chen Ver­lag fan­gen wir lie­ber gar nicht erst an. Und dann stellt sich her­aus, dass das alles gar nicht stimmt und all die natür­lich vor jour­na­li­sti­scher Sorg­falt bei­na­he schon glän­zen­den Berich­te und Befürch­tun­gen im Wesent­li­chen schlicht unwahr sind. Frechheit.

Böse, böse WHO!

NetzfundstückeIn den Nachrichten
Die digi­ta­le Eli­te und ihr sozia­ler Aufstieg

Sascha Lobo, Mit­un­ter­zeich­ner des Inter­net-Mani­fests und Wer­be­fi­gur für ein sich anson­sten offen­bar (zu Recht) nur wenig beach­tet füh­len­des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men, hat im Tages­spie­gel ver­sucht, die ver­gan­ge­nen zehn Jah­re irgend­wie zusammenzufassen:

Die wich­tig­ste Ver­än­de­rung der letz­ten zehn Jah­re ist, dass Gesell­schaft inzwi­schen im Netz statt­fin­det. Nicht aus­schließ­lich, aber maß­geb­lich. Auch die schein­ba­ren Schlag­wor­te für die nuller Jah­re – 9/11, WM, Oba­ma – zei­gen das.

Wie üblich über­schätzt Herr Lobo die „Netz­ge­sell­schaft“ mas­siv. Die Inter­net­nut­zer sind nicht dafür ver­ant­wort­lich zu machen, dass seit fast zehn Jah­ren der „Krieg gegen den Ter­ror“ die Nach­rich­ten bestimmt, sie haben die WM nur als Zuschau­er ver­folgt (und das größ­ten­teils ver­mut­lich nicht im Inter­net), und an der Wahl des Herrn Oba­ma tra­gen sie auch kei­ne maß­geb­li­che Schuld. Men­schen, die kom­mu­ni­zie­ren, ver­än­dern dadurch noch nicht die Gesell­schaft. Dadurch, dass man seit inzwi­schen meh­re­ren Deka­den so etwas wie Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on über Com­pu­ter betrei­ben kann, ver­la­gert sich das Leben noch nicht ins Inter­net, nur sei­ne Aus­drucks­for­men tun es.

Die vie­len von der New Eco­no­my aus­ge­spuck­ten Men­schen moch­ten ihren Glau­ben an die digi­tal ver­netz­te Wirt­schaft ver­lo­ren haben. Sie wand­ten sich trotz­dem nicht vom Netz ab, son­dern erforsch­ten die Berei­che des Inter­net, in denen der schnel­le Bör­sen­gang kei­ne Rol­le spielte.

Eini­ge der vom „Web 2.0“ aus­ge­spuck­ten Men­schen schaf­fen, sobald sie es zu aus­rei­chend Ruhm und Reich­tum geschafft haben, den Sprung aus ihrer eige­nen, mit sich selbst ver­netz­ten digi­ta­len Welt und gehen dann Zei­tungs­le­sern mit ihrer Beses­sen­heit auf die Ner­ven. Muss das eigent­lich sein?

(Zwei Din­ge, die übri­gens auch nicht sein müssen:
Die mensch­li­che Käl­te in deut­schen Kran­ken­häu­sern – wenn Leu­te mit Todes­angst allein gelas­sen wer­den – und, eigent­lich schon wie­der sati­re­taug­lich, Ener­gie­spar­lam­pen, die töd­li­che Gift­stof­fe frei­set­zen, was dann natür­lich für den Ener­gie­ver­brauch nicht son­der­lich schlimm ist, immer­hin. Und so recht gefähr­lich ist das ja nur, wenn man unsach­lich damit umgeht und gera­de Neu­ge­bo­re­ne in der Nähe sind. Das biss­chen Queck­sil­ber! Man rei­che mir einen Gegen­stand zum Draufbeißen.)

PolitikNetzfundstückeIn den Nachrichten
Ulti­ma­ti­ve Irananreicherung

Mal wie­der ein wenig poli­ti­sche Belu­sti­gung, weil die rest­li­che Welt wohl noch im Neu­jahrs­suff schwelgt:
Der Proll­blog­ger hat Frau Mer­kels übli­che Neu­jahrs­an­spra­che sei­ner hoh­len Phra­sen beraubt und die For­mu­lie­run­gen pole­mi­siert. Könn­te ich eigent­lich auch mal machen.

Ein Aus­zug:

Das ist der Auf­trag. Poli­tisch müs­sen und wer­den wir die Bedin­gun­gen schaf­fen, damit die Ver­ant­wor­tung in den näch­sten Jah­ren Schritt für Schritt an die Afgha­nen über­ge­ben wer­den kann. Genau dazu dient die Afgha­ni­stan-Kon­fe­renz Ende Janu­ar in London.

Wie üblich baue ich auf das kur­ze Gedächt­nis. Denn die­ses Geschwa­fel wie­der­ho­le ich mit mei­nen Kom­pli­zen mit der läp­pen­den Mono­to­nie einer dada­isti­schen Lit­ur­gie schon seit Jah­ren, und da ist nix mit ?Ver­ant­wor­tung? für die Men­schen in Afgha­ni­stan. Wird auch so schnell nicht kommen.

Und jedes Jahr sal­ba­dert sie ähn­lich gehalt­lo­se Sät­ze vor sich hin, und jedes Jahr wie­der wird sie beju­belt für nicht erbrach­te Lei­stun­gen. Ich hät­te viel frü­her in die Poli­tik gehen sol­len, dann wür­de man mich ver­mut­lich für einen bril­lan­ten Rhe­to­ri­ker und nicht für einen ver­bit­ter­ten Klein­bür­ger hal­ten, der dum­mes Zeug auf eine unter­durch­schnitt­li­che Inter­net­sei­te schmiert. Verdammt.

Zumal es doch heut­zu­ta­ge ohne­hin weit­ge­hend unge­fähr­lich ist, Poli­ti­ker zu sein: Das Volk schießt ent­we­der dane­ben oder kommt gar nicht erst auf die Idee, sei­ne eige­ne poli­ti­sche Macht durch mehr als nur ein Kreuz­chen oder eine Unter­schrift aus­zu­drücken. Selbst Ray Davies, als Mit­glied der Kinks jemand, der sich mit so was aus­kennt, beklagt im Gespräch mit SPIE­GEL-Online-Redak­teu­ren der feh­len­de Rebel­li­ons­geist der Jugend. Zwar beschreibt er pri­mär die in sei­ner Hei­mat, aber bekannt kommt es einem dann doch auch vor:

Aber seit den Acht­zi­gern ist aller Wider­stand bei der Jugend ver­pufft. Ich habe den Ein­druck, dass die Stu­den­ten heut­zu­ta­ge vor allem wild dar­auf sind, nicht auf­zu­fal­len, um mög­lichst schnell in einem gro­ßen Kon­zern unter­zu­kom­men. Es gab mal ein Schimpf­wort namens Yup­pie – das ist heu­te das Stan­dard­ziel der Jugend! Rebel­len sind in die­sem Jahr­tau­send wohl uncool.

Dass man in den 60-ern revo­lu­tio­nä­re Aktio­nen im Sinn hat­te, nur weil sie „cool“ (mein der­zeit favo­ri­sier­tes uneng­li­sches Wort hier­für: leger) waren, bezweif­le ich, aber ich kann noch­mals aus­drück­lich dar­auf hin­wei­sen, dass jeden­falls für mich in mei­nem bis­he­ri­gen, von zahl­rei­chen Pha­sen wir­rer poli­ti­scher Ansich­ten gepräg­ten Leben die cool­ness nie von all­zu hoher Bedeu­tung war. Trotz alle­dem und unter Berück­sich­ti­gung des ins­ge­samt eigent­lich erstaun­lich zahn­lo­sen Bil­dungs­streiks im ver­gan­ge­nen Jahr: Ray Davies hat Recht.

(Na, bald sind wie­der Wahlen.)

Ach so, Wah­len, ich habe fröh­li­che Geräu­sche von mir gege­ben, als ich dies las:
Tehe­ran stellt dem Westen ein Ulti­ma­tum bezüg­lich der eige­nen Urananreicherung.

Auch wenn die der­zei­ti­ge Regie­rung der USA von die­sem Ulti­ma­tum nicht viel hält (und ver­mut­lich bereits selbst ein neu­es Ulti­ma­tum ver­fasst, auf dass die der­zeit leben­den Gene­ra­tio­nen noch lan­ge Spaß an der Kin­de­rei haben mögen): End­lich mal was ande­res als immer nur reden.
So wenig mir auch der Gedan­ke behagt, dass sich ein klei­nes, von Fana­ti­kern bevöl­ker­tes Land von einem gro­ßen, von Fana­ti­kern regier­ten Land zu irgend­wel­chen Dumm­hei­ten hin­rei­ßen las­sen könn­te: Die Chuz­pe gefällt mir. Ganz ehrlich.

Wobei das Anse­hen erste­rer Fana­ti­ker im Moment doch eher nied­rig ist; Moham­med-Kari­ka­tu­rist Kurt Wester­gaard wur­de schon wie­der fast zum Opfer eines Mord­ver­su­ches. Es ist erschreckend, wie weit man­che Men­schen gehen wür­den, um ihren Gott (ist er denn selbst wehr­los?) vor längst gesche­he­nem zu bewah­ren; erstaun­lich hin­ge­gen ist es, dass offen­bar aus­schließ­lich der Islam sol­che Eife­rer anzieht. Ein „Bil­der­ver­bot“ exi­stiert auch im Chri­sten­tum und im Juden­tum, des­sen Ver­tre­ter sich sonst qua­si stän­dig von irgend­je­man­dem dis­kri­mi­niert füh­len. Und was macht ein Jude, wenn man sei­nen Glau­ben kari­kiert, wie es zum Bei­spiel in eini­gen Tages­zei­tun­gen in der isla­mi­schen Welt bis­wei­len prak­ti­ziert wird? Er ver­übt nicht etwa Anschlä­ge auf Men­schen­le­ben oder schreit „Stür­mer-Stil“, wie es nicht ein­mal selbst Betrof­fe­ne gern unge­fragt tun, son­dern er zeich­net eige­ne anti­se­mi­ti­sche Kari­ka­tu­ren; weil er eben ver­stan­den hat, was eine Kari­ka­tur bedeutet.

(Das war jetzt alles teil­wei­se ein biss­chen pole­misch. Ent­schul­digt bitte.)