Derzeit wird abermals eine Aktion des schrägfeministischen Vereins digitalcourage e.V., dessen alten Namen „FoeBuD“ ich auch weiterhin nicht für schlechter zu halten willens bin, durch soziale Medien getrieben. Normalerweise sind soziale Medien ja eher dafür bekannt, Idioten mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen als unbedingt nötig, heute aber versuchen sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an konstruktivem Inhalt.
Dass ich den Verein digitalcourage e.V. für einen netzpolitischen Treppenwitz halte, habe ich in der Vergangenheit gelegentlich erwähnt. Man sollte meinen, wenn man jahrelang öffentlich und per Mail darauf hingewiesen wird, dass etwas weniger blinder Aktionismus für das Anliegen vielleicht von Vorteil wäre, setzt irgendwann auch ein Um- oder wenigstens Nachdenken ein. Dieses Irgendwann ist noch nicht gekommen.
Die heute wieder hochgespülte Aktion nämlich ist die des „Bildungspakets“, bei dem es sich um eine Art Broschürensammlung handelt, die Politiker, Eltern, Schüler und Lehrer darüber aufklären soll, warum das Speichern von Daten auf fremden Computern keine besonders gute Idee ist und dass man sich um freie Soft- und Hardware bemühen solle.
Informationen über freie Hardware bleibt jedenfalls die von mir in Augenschein genommene Kurzversion leider schuldig, obwohl mich wirklich interessiert hätte, welche Architektur neben den proprietären Plattformen ARM und AMD64 dem Publikum empfohlen werden soll. Immerhin wird aber darauf eingegangen, was man statt macOS und Windows nutzen solle. Hierfür greift der digitalcourage e.V. zu einer so überraschenden wie die gute Recherche der Autoren des „Bildungspakets“ beweisenden Empfehlung:
Bedenklich ist der Einsatz von Software, (…)
die Server in den USA oder anderen Ländern nutzt, in denen andere Datenschutzgesetze gelten
Daher rät er zu:
Linux Distributionen: (sic! A.d.V.) (…) Wegen des höheren Sicherheitspotenzials ist Linux vor allem für Server ideal. SkoleLinux/DebianEdu bietet ein Debian-Netzwerk, also linuxbasiert, für Schulen. Linuxmuster bietet ebenfalls ein umfassendes Schulnetzwerk, vor allem eine angenehme Komplettlösung zum Betrieb schulischer Infrastrukturen.
Nun habe ich mir DebianEdu - eine auf Debian GNU/Linux basierende Distribution - mal kurz angeguckt. Der Quellcode ist leicht zu finden, er besteht im Wesentlichen aus ein paar Ergänzungsscripts zur Grunddistribution. Besonders interessiert hat mich die Datei sources.list
, die festlegt, woher DebianEdu Paketupdates bezieht. Mein Erstaunen hielt sich aber in Grenzen:
deb http://deb.debian.org/debian/ stable main contrib non-free
deb.debian.org
? Das klingt jetzt nicht besonders unbedenklich. Es scheint sich um den Lastverteiler des Debianprojekts zu handeln, ergab eine kurze Websuche. Und wo steht der?
% dig deb.debian.org
# ...
deb.debian.org. 1270 IN CNAME debian.map.fastlydns.net.
debian.map.fastlydns.net. 21 IN A 199.232.138.132
Dieser anscheinend in Kansas herumstehende Server gehört, wie schon der Name andeutet, zu Fastly, einem US-amerikanischen Unternehmen. Der Quellcode von Linuxmuster scheint nicht frei im Netz zu finden zu sein, allerdings basiert es ebenfalls auf Debian GNU/Linux, insofern gehe ich davon aus, dass die Situation eine ähnliche sein dürfte.
Ich stimme dem digitalcourage e.V. wirklich ungern zu, aber: Ganz schön bedenklich, der Einsatz solcher Software.