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Musik 06/2011 – Favo­ri­ten und Analyse

Die­ser Arti­kel ist Teil 7 von 26 der Serie Jah­res­rück­blick

Huch, schon wie­der ist Juni, das geht ja immer schnell! Und tra­di­tio­nell bringt so ein Juni nicht nur zu dicke Mäd­chen in zu dün­ner Klei­dung mit sich, son­dern außer­dem mei­ne Halb­jah­res­rück­schau der gefäl­lig­sten und unge­fäl­lig­sten Musikal­ben, erst­mals kom­plett mit Alben des Jah­res 2011 befüllt.

Und in so einem hal­ben Jahr kann sich viel ändern. Im Febru­ar etwa rühm­te ich das Album „I’m Your Saviour“ von Toxic Smi­le, für die­se Liste aber hat es den­noch kei­ne Berück­sich­ti­gung mehr gefun­den, da die schie­re Mas­se an guter Musik anson­sten den Rah­men die­ser Inter­net­sei­te gesprengt hät­te und ich somit wie­der eini­ges aus­sie­ben muss­te. Auch habe ich es lei­der nicht immer geschafft, mich jedem Musik­al­bum, das mich inter­es­siert hät­te, recht­zei­tig aus­rei­chend aus­führ­lich zu wid­men; die beim Pro­be­hö­ren recht vor­züg­li­chen Alben „Fland­ers Fields“ von Hum­ble Grum­ble und „Blown Realms and Stal­led Explo­si­ons“ von den Enablers bit­te ich das geneig­te Publi­kum also selbst zu rezen­sie­ren. (Gern als Kom­men­tar hier unten drun­ter. ;) )

Aber es ist auch ohne die­se Alben eine recht abwechs­lungs­rei­che Liste gewor­den, von der ich hof­fe, dass sie nicht jedem von euch blo­ßes Miss­fal­len bereitet. 

Sie folgt:

1. Musik für zum Gutfinden.

  1. Codes In The Clouds – As The Spi­rit Wanes

    Wir las­sen es mal ruhig ange­hen. Codes in den Wol­ken, der Geist flaut ab. Zurück­leh­nen und ent­span­nen, wäh­rend die fünf Bri­ten – nicht nur in Island beherrscht man dies vor­treff­lich – ele­gisch dahin­mu­si­zie­ren. Schub­la­de auf, irgend­wo zwi­schen Sigur Rós und Cas­pian ein­sor­tie­ren, Schub­la­de zu. Der Kopf hat jetzt gera­de mal die Klap­pe zu hal­ten, es wird in wun­der­ba­ren Melo­dien geschwelgt.

    Ande­rer­seits ist Post­rock immer auch Kopf­mu­sik. Jochen Over­beck schrieb nicht grundlos:

    Auch in den Stücken der Band öff­nen sich wei­te, rein instru­men­ta­le Land­schaf­ten, war­ten Räu­me dar­auf, mit irgend­et­was gefüllt zu werden.

    Freun­de der schep­pern­den Postrock­va­ri­an­te, wie sie etwa von Mog­wai zele­briert wird, wer­den auf dem Zweit­ling „As The Spi­rit Wanes“ nur ein­ge­schränkt bedient, etwa in „Whe­re Dirt Meets Water“, und auch all die­je­ni­gen, für die Musik­ge­nuss und Tex­te direkt mit­ein­an­der zusam­men­hän­gen, wer­den sich von die­sem Album auf­grund des feh­len­den Gesangs wohl ent­täuscht abwen­den, aber wir sind ja auch erst am Anfang der Liste.

    Die Eigen­be­schrei­bung der Postrocker besagt: „We are making pret­ty music“, also „wir machen hüb­sche Musik“. Ich hät­te es nicht bes­ser aus­drücken können.

    Hör­pro­ben gibt’s auf MySpace.
    Von wegen, MySpace sei tot. Pop ist es.

  2. Faust – some­thing dirty

    Wer übri­gens genau so wenig tot ist wie MySpace, ist die gleich­falls recht unpop­pi­ge deut­sche Krautrock­le­gen­de Faust. Faust ist auch 40 Jah­re nach dem namen­lo­sen Erst­ling quick­le­ben­dig, wenn nicht gar hyper­ak­tiv, haben sich doch erst vor weni­gen Jah­ren die drei noch akti­ven Grün­dungs­mit­glie­der der­art hef­tig mit­ein­an­der ver­kracht, dass man nun getrenn­te Wege geht, und zwar nicht in Form einer Auf­lö­sung, son­dern in Form einer Tei­lung. Das haben Gong eben­so gemacht wie Acid Mothers Temp­le, auch Yes gab es – wenn auch unter ver­schie­de­nen Namen – kurz­zei­tig mehr­fach, Amon Düül II trägt die römi­sche 2 auch nicht nur aus Jux und Tol­le­rei im Namen, und Faust rei­hen sich fröh­lich ein und besit­zen dann die Frech­heit, bei­de Inkar­na­tio­nen schlicht Faust zu nen­nen. Das führt nicht etwa vor­ran­gig zu Ver­stim­mung und Ver­wir­rung, son­dern zu um so grö­ße­rer Pro­duk­ti­vi­tät, denn das „ande­re Faust“ um Hans-Joa­chim Irm­ler hat­te erst 2010 mit „Faust is Last“ ein Album vor­ge­legt, die­ses Faust hier, in dem Wer­ner „Zap­pi“ Dier­mai­er und Jean-Her­vé Péron resi­die­ren, hat­te seit sei­ner vori­gen Ein­spie­lung „C´est com… com… com­pli­qué“ von 2009 der­weil zwei Jah­re Zeit für die­ses Album. Es ist kom… kom… kom­pli­ziert. Könnt ihr mir trotz­dem noch folgen?

    Folgt mir dann auch mal vor­sich­tig in die musi­ka­li­schen Schluch­ten, die sich hier auf­tun. Unter „Kraut­rock“ ver­steht man­cher, geför­dert auch von der anson­sten nicht mal üblen WDR-Doku­men­ta­ti­on „Kraut und Rüben“ von 2006, irgend­wie dro­gen­schwan­ge­re Hip­pie­mu­sik mit Hard­rock­at­ti­tü­de. Wer jetzt ver­sucht, Faust in die­se Schub­la­de zu stop­fen, bevor er auch nur einen ein­zi­gen Takt aus dem Album gehört hat, dem wün­sche ich viel Ver­gnü­gen, schla­ge die Hän­de über dem Kopf zusam­men und hof­fe für ihn das Beste. Das hip­pieske Ele­ment von Faust ist allen­falls in den Tex­ten aus­zu­ma­chen. 1972 etwa sang man „Dad­dy, take a bana­na, tomor­row is Sun­day“ („No Harm“ vom Album „So Far“), und so blö­de Tex­te kennt man anson­sten nur von Can („Hey you! You’­re losing … your Vit­amin C!“). Anson­sten gilt: Typi­sche Hip­pie­mu­sik mit Gitar­re und LSD ist gera­de nicht mehr auf Lager, Krach hät­ten wir aber noch im Angebot.

    Und den nicht zu knapp. Seit vier­zig Jah­ren hat sich bei Faust bezüg­lich der musi­ka­li­schen Aus­rich­tung nur wenig geän­dert, inso­fern soll­te man nicht auf Über­ra­schun­gen hof­fen, und wer noch nie Faust gehört hat, der soll sich bit­te die Ein­stür­zen­den Neu­bau­ten mit weni­ger Poli­tik und mehr Ver­zer­rung vor­stel­len und weiß dann unge­fähr, wie die Musik von Faust so klingt, und fin­det sie dann spon­tan gut oder lässt es sein. Als Musik­in­stru­ment kommt auf „some­thing dir­ty“ jeden­falls auch ein Flam­men­wer­fer zum Einsatz.

    Gesun­gen bezie­hungs­wei­se gespro­chen wird auch, aber bei Faust waren die Tex­te bis­lang nur sel­ten essen­zi­ell, und auch auf „some­thing dir­ty“ wer­den sie bis zur Unkennt­lich­keit ver­zerrt oder von den Musi­kern über­tönt. Wer her­aus­fin­det, was Jean-Her­vé Péron und Geral­di­ne Sway­me dem Hörer hier mit­tei­len wol­len, darf sich von mir geschätzt wissen.

    Ins­ge­samt ist „some­thing dir­ty“ ein eben­so zeit- wie kom­pro­miss­lo­ses Album, etwas Drecki­ges im sau­be­ren Ein­heits­brei eben. Wer es sich nicht vor­stel­len kann, der möge es hören; das geht stich­pro­ben­ar­tig zum Bei­spiel auf You­Tube, wo sowohl das eröff­nen­de, unge­wöhn­lich rocki­ge „Tell the Bitch to Go Home“ (hier) als auch das expe­ri­men­tel­le Gesangs­stück „Lost The Signal“ (hier) zu hören sind.

  3. …And You Will Know Us by the Trail of Dead – Tao of the Dead
    „Let the fear gui­de your eye as your arrow burns into their time“ (Weight of the Sun (or The Post-Modern Prometheus))

    Mei­ne Damen und Her­ren, ich prä­sen­tie­re ehr­fürch­tig mein Som­mer­al­bum 2011. Es macht gute Lau­ne, lässt die Glied­ma­ßen rhyth­misch wip­pen und lädt selbst mich, obschon ich von Wie­der­ho­lun­gen nur wenig hal­te, dazu ein, nach dem Ende noch­mals von vorn zu beginnen.

    Und bis zum Ende dau­ert es sei­ne Zeit, gan­ze 52 Minu­ten und 22 Sekun­den ist das Album lang, was den Durch­schnitt auch in die­ser Liste hebt. „Das Album“ ist hier aber nicht mal der rich­ti­ge Aus­druck, denn genau genom­men ist „Tao of the Dead“ eine Suite, bestehend aus Teil 1, „Tao of the Dead“, und Teil 2, „Stran­ge News From Ano­ther Pla­net“. Um die Ver­käu­fe auch bei weni­ger gedul­di­gen Men­schen anzu­kur­beln, gibt es das Album auch zer­hackt, das heißt, Teil 1 („Tao of the Dead“) wur­de in ins­ge­samt 11 Abschnit­te („Lie­der“) auf­ge­teilt, wäh­rend immer­hin der Sech­zehn­ein­halb­mi­nü­ter „Stran­ge News From Ano­ther Pla­net“ intakt bleibt. Da aber auch in der Lang­fas­sung die ein­zel­nen Stücke naht­los inein­an­der über­ge­hen, emp­feh­le ich direkt den Griff zur „Limi­t­ed Edi­ti­on“, die bei­de Fas­sun­gen des Albums ent­hält, zumal die­se flie­ßen­den Über­gän­ge durch die Auf­tei­lung auf der „Kurz­ver­si­on“ zum Teil zer­stört wer­den. Die „Lang­ver­si­on“ ist lei­der nicht sepa­rat erhältlich.

    Nicht nur in der inzwi­schen lei­der unge­wöhn­li­chen Ein­tei­lung in ledig­lich zwei Stücke mani­fe­stiert sich der Anspruch von „Tao of the Dead“, ein Kon­zept­al­bum – um nicht schon wie­der „Gesamt­kunst­werk“ zu schrei­ben – zu sein, son­dern auch die opti­sche Auf­ma­chung weiß zu über­zeu­gen. Die Leu­te, die Ton­trä­ger für ver­al­te­ten Mist und „Limi­t­ed Edi­ti­ons“ grund­sätz­lich nur für Geldschin­de­rei hal­ten, dür­fen sich von mir jetzt mal kurz aus­ge­lacht füh­len, denn ihnen ent­geht nicht nur ein far­ben­fro­hes „Digi­pack“, das sich oben­drein noch toll anfühlt, son­dern auch eine 33-sei­ti­ge Kurz­ge­schich­te und 16 Sei­ten aus der in der Ent­ste­hung befind­li­chen Bild­ge­schich­te „Stran­ge News From Ano­ther Pla­net – The Adven­tures of the Festi­val Thy­me“, deren Titel zum Teil etwas mit dem zwei­ten Stück auf dem Album zu tun hat, zum Teil ein Rück­griff in die Band­ge­schich­te ist, denn 2008 ver­öf­fent­lich­te man den EP „Festi­val Thy­me“. Die ent­hal­te­ne Kurz­ge­schich­te ist übri­gens, wenn man ver­schie­de­nen Quel­len im Inter­net glau­ben darf, sozu­sa­gen die Pro­sa­form des Stückes „Stran­ge News From Ano­ther Pla­net“, wäh­rend „Tao of the Dead“ (Teil 1 also) etwas mit dem Dao­is­mus (daher auch der Name des Albums), begrün­det einst von dem chi­ne­si­schen Phi­lo­so­phen Lao­tse, zu tun hat.

    Da sind wir dann auch schon beim Inhalt, denn nicht nur beim Angucken ist „Tao of the Dead“ ein beein­drucken­des Stück Musik, son­dern auch musi­ka­lisch weiß es zu über­zeu­gen. Die Zei­ten, in denen man im Hau­se …Trail of Dead zu den Klän­gen von „Fake Fake Eyes“ noch sei­ne Instru­men­te auf der Büh­ne zer­trüm­mer­te, sind vor­über, es regiert der alter­na­ti­ve Rock. Mein Favo­rit ist der „Retro-Rocker“ (STORMBRINGER) „Pure Radio Cos­play“, des­sen Gitar­ren­me­lo­die ziem­lich ohr­wurm­taug­lich ist. Über all dem schwebt der Geist der 70-er Jah­re. Soll­te man The Who als Ver­gleich her­an­zie­hen? Ich tu es ein­fach unge­fragt. Wer es etwas moder­ner mag, ist gehal­ten, alter­na­tiv Coheed and Cam­bria mit die­sem Album zu assoziieren.

    Hör­pro­be:
    Wer es bis­lang ver­säumt hat, zumin­dest schon mal irgend­wo die Vor­ab­sin­gle „Sum­mer Of All Dead Souls“ zu hören, kann – selbst in Deutsch­land – auf You­Tube das zuge­hö­ri­ge Video sowie eini­ge ande­re Lie­der vom Album goutieren.

  4. Fugo – avant 93:43

    Die Schwei­zer Band Fugo eifert zwar unter ande­rem den Smas­hing Pump­kins nach, hat aber vor allem das Inter­es­se Con­rad Kee­lys geweckt. Con­rad Kee­ly ist Teil der bereits erwähn­ten Musik­grup­pe …And You Will Know Us by the Trail of Dead und dort unter ande­rem für das art­work zustän­dig, und auch das Titel­bild des Albums „Avant 93:43“ stammt von ihm. Dass Fugo bereits als Vor­band von …Trail of Dead unter­wegs waren, lässt den geneig­ten Hörer dann auch unge­fähr erah­nen, was ihn hier erwartet.

    93:43. 93 Minu­ten und 43 Sekun­den. So lang ist „avant 93:43“, auf­ge­teilt auf 3 CDs á 6 Lie­der, macht also ins­ge­samt 18 Lie­der und eine Durch­schnitts­län­ge von unge­fähr 5:15 Minu­ten, was die Geduld des Hörers dann doch etwas weni­ger stra­pa­zie­ren dürf­te als er zunächst befürch­tet hat. Zu befürch­ten hat er hier ohne­hin nichts:

    Die Auf­nah­me der Songs erfolg­te (…) im Grund­ge­rüst live, nur eini­ge Gitar­ren­spu­ren und Over­dubs wur­den nach­träg­lich hin­zu­ge­fügt. Das bringt einen rau­en und authen­ti­schen Grund­ton hin­ein in die ver­schach­tel­te Kom­po­si­ti­on. Und wenn man nun das „File Under: Hard­core, Post, Rock“ liest, merkt man: Irgend­wie ist von allem was da, aber das trifft es auch alles nicht ganz so. Man könn­te gar noch ein „Prog“ mit hin­zu­fü­gen. Fugo kom­bi­nie­ren aus­ge­feil­te Arran­ge­ments mit Här­te und wil­den Pas­sa­gen, hau­en ger­ne mal auf den Putz und bie­ten Gitar­ren­wän­de, ergän­zen aber auch ver­hal­te­ne Pas­sa­gen. Vom Ver­han­ge­nen bis zum Beton­ten reicht die Spann­brei­te und kann den Hörer packen.

    Wer die etwas zurück­hal­ten­de­re Sei­te von …Trail of Dead mag und leicht melan­cho­li­scher Stim­mung, wie sie etwa Dear John Let­ter mei­ster­haft beherr­schen, gegen­über nicht abge­neigt ist, soll­te ein Ohr ris­kie­ren. Er wird es nicht verlieren.

    Das geht zum Bei­spiel mit den Hör­pro­ben auf cede.de, wo man jedes der Lie­der 30 Sekun­den lang anhö­ren kann.

  5. Beard­fi­sh – Mammoth
    „In this fro­zen white waste­land I’m bound to wait fore­ver“ (The Platform)

    Neu­es aus Skan­di­na­vi­en: Beard­fi­sh sind auch wei­ter­hin auf der rast­lo­sen Suche nach ihrer musi­ka­li­schen Iden­ti­tät. War der Vor­gän­ger „Desti­ned Soli­taire“ noch mit all sei­ner Ver­spielt­heit und Titeln wie „In Real Life The­re Is No Alge­bra“ („Im wirk­li­chen Leben gibt es kei­ne Alge­bra“) die musi­ka­li­sche Kon­se­quenz aus der bis­he­ri­gen Ent­wick­lung der Band, stellt „Mam­mo­th“ sozu­sa­gen einen Gegen­pol dar. Geblie­ben ist eine kur­ze „Growling“-Passage, die, wie schon auf „Desti­ned Soli­taire“, den Hörer zum Schmun­zeln bringt, passt die­ser Gesangs­stil doch mal so gar nicht in das fröh­lich retro­prog­gi­ge Kon­zept, davon jedoch abge­se­hen haben Beard­fi­sh sich, sozu­sa­gen, mal eben neu erfunden.

    Dass „Desti­ned Soli­taire“ mit all den Frank-Zap­pa-, Can­ter­bu­ry- und vor allem Yes- und Gene­sis-Ein­flüs­sen unüber­treff­lich blei­ben wür­de, war ver­mut­lich auch Beard­fi­sh klar, und so voll­zog man einen radi­ka­len Schnitt. Das bedeu­tet kei­nes­wegs, dass „Mam­mo­th“ schlech­ter wäre. Es ist anders. Genug der aus­ufern­den Fricke­lei (sofern man den Vier­tel­stün­der „And The Stone Said ‚If I Could Speak‘ “ nicht nur nach sei­ner Län­ge bewer­tet), strin­gent wird jetzt hard­ge­rockt, weni­ger wie The Who, mehr wie Uriah Heep oder, um in Skan­di­na­vi­en zu blei­ben, Kai­pa, die jetzt natür­lich ver­mut­lich auch wie­der kein Leser die­ser Zei­len kennt, gesang­lich aller­dings viel bes­ser passt: Der mar­kan­te Gesang von Rikard Sjö­b­lom ist eben trotz inzwi­schen nur noch eng­lisch­spra­chi­ger Tex­te typisch schwe­disch.

    Ihre Wur­zeln haben Beard­fi­sh trotz­dem nicht ver­ges­sen: Das instru­men­ta­le „Aka­ka­bo­tu“ und das abschlie­ßen­de „Wit­hout Say­ing Anything“ las­sen außer Frank Zap­pa auch echo­lyn, Van der Graaf Gene­ra­tor und ähn­li­che Musi­kan­ten anklingen.

    Wer extro­ver­tier­te Retro­mu­sik mag und auch nichts gegen ein wenig abwechs­lungs­rei­chen Hard­rock hat, der in kei­ner Sekun­de auch nur ansatz­wei­se so fad dahin­plät­schert wie Lie­der der Scor­pi­ons, dem emp­feh­le ich Beard­fi­shs „Mam­mo­th“ als Ein­stieg. Fort­ge­schrit­te­ne Hörer soll­ten sich dann „Desti­ned Soli­taire“, „Slee­ping In Traf­fic: Part One/Two“ und über­haupt allem fin­den, was sie von Beard­fi­sh sonst fin­den können.

    Als Hör­pro­be lege ich die­se gran­dio­se Live­auf­nah­me von „And The Stone Said…“ nahe. (Über­haupt sind auf You­Tube ver­füg­ba­re Live­auf­nah­men von Beard­fi­sh klang­lich meist exzellent!)

  6. Traum­pfad – Aufbruch
    „Reiß sie ein, die Brücken hin­ter dir; du musst vor­wärts, willst du weg von hier“ (Der neue Weg)

    Von skan­di­na­vi­schen zu deut­schen Retro­klän­gen: Traum­pfad klingt nach Eso­te­rik und Schla­ger­mu­sik, aber ich unter­stel­le dreist, dass sich das Chiem­gau­er Quin­tett nur des­halb Traum­pfad nennt, weil alle guten Dich­ter­na­men schon ver­ge­ben waren. Das glei­chen die Musi­ker dafür auf ande­rer Ebe­ne aus, agie­ren sie doch im glei­chen Klang­kos­mos wie einst Nova­lis und Höl­der­lin (heu­te Hoel­der­lin) mit dem Pathos der Lands­leu­te von High Wheel, und auch text­lich ist Nova­lis nicht fern. Der hip­pieske Kraut­rock (hier­zu sie­he die Rezen­si­on zu Fausts „some­thing dir­ty“ wei­ter oben) erfreut sich also auch 2011 bester Gesundheit.

    Für uns Mut­ter­sprach­ler sind Musikal­ben mit deut­schen Tex­ten inso­fern ärger­lich, als es uns beim besten Wil­len nicht gelingt, sie ein­fach aus­zu­blen­den, und Sän­ger Flo Huber erweckt hier auch in kei­ner Wei­se den Ein­druck, als wäre ihm das unan­ge­nehm. Und obwohl es wirk­lich sehr vie­le Lied­tex­te gibt, die zu schrei­ben voll­kom­men unnö­tig war, so ver­hält es sich mit den Lie­dern auf „Auf­bruch“ anders.

    Oft zitiert wird zum Bei­spiel das Lied „Ver­ge­bung“: „Doch du kannst sie hören, die­se Stim­men; eine Mut­ter, die noch schreit, ein totes Kind in ihren Armen, und ein Vater, der sich Rache schwört“, das mag den einen oder ande­ren unter mei­nen Lesern womög­lich an die Band Okto­ber erin­nern, aber hier geht es nicht um ver­gan­ge­ne Bürger‑, son­dern um all­täg­li­che Glau­bens­krie­ge: „Und in Kir­chen und Moscheen beten Men­schen, um mit Kreu­zen und mit Bom­ben aus­ge­rü­stet die Kun­de zu ver­brei­ten: (…) nur die­ser eine Gott ist der, der dir vergibt!“

    Das ist, „puh“ (Die Ärz­te), har­ter Stoff, aber ein Indiz dafür, dass die Eso­te­rik hier trotz all der Reli­giö­si­tät, die sich in man­che Tex­te auf dem Album hin­ein­in­ter­pre­tie­ren lässt, kei­nen Platz fin­det. Auf welt­li­chen Bei­nen steht die Lyrik von Traum­pfad, und sie steht fest: „Doch einer wird den Geist befrein, König aller Affen sein; wenn er spricht, hört alles nur auf ihn“ („Der 100. Affe“), der­art zeit­lo­se poli­ti­sche Meta­pho­rik fin­det man auch bei Ton Stei­ne Scher­ben nicht all­zu oft.

    Ich habe jetzt mehr­fach Nova­lis erwähnt und möch­te das als War­nung ver­stan­den wis­sen: Wer die­se Aus­rich­tung deut­scher Rock­mu­sik schätzt, dem wird „Auf­bruch“ vor­aus­sicht­lich viel Freu­de brin­gen. Wer aber deut­schen Tex­ten gegen­über, deren Inter­pre­ta­ti­on die Musik deut­lich domi­niert und die oben­drein tat­säch­lich so etwas wie eine Bot­schaft in sich tra­gen, auf­grund jah­re­lan­ger Dau­er­be­rie­se­lung von irgend­wel­chem Mist eher skep­tisch gegen­über­steht, der soll­te flugs die näch­ste Rezen­si­on betrach­ten und die­se hier aus­drucken, rot umran­den, durch­strei­chen und weg­wer­fen. Leser, die in kei­ne der bei­den Kate­go­rien ein­ge­ord­net wer­den kön­nen, sind herz­lich dazu ein­ge­la­den, mit die­sem Album, nun ja, auf­zu­bre­chen in eine Welt jen­seits ihres Tellerrandes.

    Statt einer Hör­pro­be hat die Band selbst sozu­sa­gen ein Musik­vi­deo zum Album auf You­Tube veröffentlicht.

  7. Wob­bler – Rites at Dawn
    „Listen to the words that fly with the wind“ (In Orbit)

    Zurück nach Skan­di­na­vi­en: Auch Wob­bler haben ihrem Album „Rites at Dawn“ – „Ritua­le bei Son­nen­auf­gang“ – ein Vor­schau­vi­deo vor­aus­ge­schickt. Wob­bler hat in die­sem Fall nichts mit Angeln zu tun, viel­mehr han­delt es sich um eine nor­we­gi­sche Retro­prog-Band in bester Yes-Tra­di­ti­on, wie ihn, den Retro­prog, auch Äng­la­gård, die eben­falls der­zeit an einem neu­en Album arbei­ten, und Star­cast­le zelebrieren.

    Aller­dings soll­te man die genann­ten Bands nicht in den­sel­ben Topf wer­fen, unter­schei­den sich ihre Ein­flüs­se doch zum Teil deut­lich. Gast­flö­tist Ketil Einar­sen etwa war vor eini­gen Jah­ren für die Nu-Jazz-For­ma­ti­on Jaga Jaz­zist tätig, text­lich wie the­ma­tisch bedient man sich bei den klas­si­schen Gene­sis, Zita­te aus dem „Court of the Crims­on King“ von King Crims­on und auch sonst ist „Rites at Dawn“ nicht nur ein Yes-Album aus Norwegen.

    Apro­pos The­ma: Was die „Ritua­le bei Son­nen­auf­gang“ genau sind, wird im ersten eigent­li­chen Stück – das Album wird von den Instru­men­tal­pas­sa­gen „Lucid“ und „Lucid Dreams“ qua­si ein­ge­rahmt – „La Beal­taine“, über­zeu­gend dar­ge­bo­ten vom Neu­zu­gang Andre­as Strøm­man Prest­mo, zumin­dest etwas näher ange­deu­tet. „Beal­taine“ ist der Name des kel­ti­schen Früh­lings- und Fruchtbarkeitsfestes.

    Sym­pho­ni­scher Pro­gres­si­ve Rock, so hieß es ein­mal, sei mit dem Beginn der Punk­wel­le einen lang­sa­men, qual­vol­len Tod gestor­ben. Womög­lich ist das, was Wob­bler seit ihrem Zweit­ling „After­glow“ auf Ton­trä­ger pres­sen las­sen, auch des­halb so ent­rückt, oder ist es ein Zei­chen, dass die Nach­ru­fe auf die­se Musik­gat­tung ver­früht waren? Viel­leicht hat man das alles schon mal irgend­wo gehört, wirk­lich neu­es von Musik zu erwar­ten, die bewusst bekann­te Ideen auf­greift, wäre aller­dings auch nicht ange­bracht. Es muss ja auch nicht unbe­dingt nega­tiv gewer­tet wer­den, dass die vor­han­de­nen Ingre­di­en­zen kei­ner voll­kom­men neu­ar­ti­gen Quel­le ent­sprin­gen, so lan­ge das Ergeb­nis über­zeugt, und das tut es wahrlich.

    Als Hör­pro­be emp­feh­le ich, wie bereits ange­deu­tet, das ent­spre­chen­de Video, das Aus­zü­ge aus dem Album ent­hält und so einen unge­fäh­ren Ein­druck davon ver­mit­teln kann, ob das Album gefällt oder nicht. Mir gefällt es.

  8. Jol­ly – The Audio Gui­de To Hap­pi­ness (Part 1)
    „Clo­se your eyes. Brea­the. Fly.“ (Gui­dance One)

    Man soll­te sich von der well­ness-Säu­se­lei in der eröff­nen­den „Anlei­tung“ („Gui­dance One“) nicht täu­schen las­sen: Jol­ly machen einen New Art­rock mit Eiern bzw. Prog­me­tal­an­lei­hen. Spon­ta­ner Ver­gleich: Por­cupi­ne Tree in der „In-Absentia“-Phase, aber mit weni­ger weich­ge­spül­tem Gesang, alter­na­tiv Nickel­back ohne den bekann­ten Ekel­fak­tor; etwas wohl­wol­len­der betrach­tet: Tool.

    Nach der „Gui­dance One“ (mit­ten im Album gibt es noch mal eine, pas­send „Gui­dance Two“ beti­telt) schep­pert das Album mit „Ends Whe­re It Starts“ dann auch schon ordent­lich los. Eigen­ar­tig ist das Key­boardgeklim­per wäh­rend des Lie­des, das wäh­rend des Albums immer wie­der auf­taucht. Auf King Crims­ons „Lizard“ war so etwas auch ein­mal zu hören und hat auch dort den Hörer ver­stört. „Ver­stö­rend“ ist ohne­hin das gan­ze Album, auch wegen der Ambi­ent-Zwi­schen­spie­le, die gar nicht recht in das Kon­zept pas­sen wol­len. Oder doch?

    JOLLY ver­wen­den soge­nann­te binau­ra­le Töne, die aus einer Kom­bi­na­ti­on von leicht abwei­chen­den Fre­quen­zen bestehen. Das sind wahr­nehm­ba­re Töne, die direkt im Gehirn ent­ste­hen, wenn den Ohren sepa­rat zwei leicht unter­schied­li­che Fre­quen­zen zuge­führt wer­den – so die Wiki­pe­dia dazu. Die­se Metho­de der Ton­erzeu­gung soll dafür sor­gen, dass Gefüh­le der Ent­span­nung, Kon­zen­tra­ti­on, Krea­ti­vi­tät und des Glücks erzeugt werden.

    Jol­ly“. Aus­ge­las­sen auf gut Deutsch. War­um haben sie erst auf dem zwei­ten Album dar­an gedacht? Und vor allem: Funk­tio­niert es?

    Boden­stän­di­ge Zeit­ge­nos­sen wer­den nun ein­wen­den, dass es doch eigent­lich egal sein soll­te, wie die Klän­ge gear­tet sind, die man hört, und dass jedes gute Musik­al­bum glück­lich macht. Rich­tig, wer­te boden­stän­di­ge Zeit­ge­nos­sen, sage ich, doch nehmt mal den Stock aus dem Hin­tern und lacht mit mir; denn was für Musik wür­de bes­ser zu einem „Audio­füh­rer zum Glück­lich­sein“ pas­sen als sol­che, die nach­weis­lich ent­spre­chen­de Aus­wir­kun­gen auf das mensch­li­che Gehirn haben? Anson­sten stim­me ich euch selbst­ver­ständ­lich zu, ein Musik­al­bum, das nicht glück­lich macht, soll­te man mei­den wie sonst nur Apple und Sony, sofern es kein ganz beson­de­rer Anlass ist, denn dann gehen auch Musikal­ben, die trau­rig machen, etwa von den Tin­der­sticks.

    Übri­gens habe ich das Wort „schep­pern“ oben kei­nes­falls nega­tiv gemeint, denn ich mag es, wenn es schep­pert. Im Kon­trast zu den ambi­en­ten Klän­gen der bei­den „Gui­dan­ces“ ist die eigent­li­che Musik auf dem Album dann aller­dings doch recht wenig zurück­hal­tend, wenn­gleich das Album mit dem wie­der­um ambi­ent-rocki­gen „Dorothy’s Lament“ schließt.

    Ob es nun an irgend­wel­chen wis­sen­schaft­lich bewie­se­nen, gar che­mi­schen Vor­gän­gen im Gehirn liegt oder ob Jol­ly ein­fach nur wirk­lich gute Musi­ker sind, soll mir dann auch gera­de mal egal sein, aber das mit der Krea­ti­vi­tät und dem Glück klappt dann doch schon ganz gut. Auf Teil 2 bin ich schon sehr gespannt.

    2011 ist aber nicht nur ein gutes Jahr für Musik an sich, son­dern auch für Hör­pro­ben, denn auch vom „Audio Gui­de To Hap­pi­ness (Part 1)“ gibt es ein offi­zi­el­les Video zum Vor­hö­ren. Ich wün­sche ent­spann­tes Vergnügen.

  9. The Joy For­mi­da­ble – The Big Roar
    „And all your fri­ends are having so much fun, they’­re bak­ing cakes and swap­ping num­bers“ (The Magnify­ing Glass)

    Von der Glück­se­lig­keit ist es nur ein kur­zer Sprung zur for­mi­da­blen Freu­de, zum Joy For­mi­da­ble, obwohl das Wali­ser Trio musi­ka­lisch ande­re Wege beschrei­tet oder viel­leicht auch durch­hüpft. „The Big Roar“ ist jeden­falls eher Musik, zu der man hüp­fen möch­te, und dem Ver­neh­men nach wird zu die­ser Musik in der Regel auch flei­ßig gehüpft. Ver­zerrt wie die Raveo­net­tes, ener­ge­tisch wie die Ting Tings wuseln Front­frau Rit­zy Bryan und ihre bei­den Mit­strei­ter durch die 12 Stücke des Albums, und wenn nicht gera­de aus­nahms­wei­se Bas­sist Rhy­di­an Daf­ydd, etwa in „Llaw = Wall“, schwer­mü­tig ins Mikro­fon seufzt, denkt man unwill­kür­lich an die Kills und fin­det es ande­rer­seits pri­ma, dass The Joy For­mi­da­ble nicht so mini­ma­li­stisch zu Wer­ke gehen, son­dern auch mal ordent­lich auf den Putz hau­en. Beson­ders beein­druckend ist der mar­kan­te Bass, der sich zwar nicht in den Vor­der­grund drängt, aber das Klang­bild doch kräf­tig färbt.

    Ande­re Medi­en kra­men außer­dem noch The Bree­ders aus der Ver­gleichs­ki­ste, aber das ist albern, denn wenn weib­li­cher Gesang das ein­zi­ge Kri­te­ri­um wäre, könn­te man auch die Spi­ce Girls und The Chor­det­tes in die­ser Rezen­si­on auf­tau­chen las­sen, trotz­dem wäre die Leser­schaft hin­ter­her immer noch nicht schlau­er, was ihre Vor­stel­lung von der Musik der drei Musi­ker betrifft, und das wäre doch scha­de, denn die ist durch­aus viel­sei­tig, obwohl jedes mir bekann­te län­ge­re Inter­view mit der Band oder zumin­dest mit Frau Bryan immer irgend­wann ihre umfang­reich doku­men­tier­te und anschei­nend also stink­lang­wei­li­ge Lie­bes­be­zie­hung mit Herrn Daf­ydd the­ma­ti­siert. Dabei will unser­eins doch nur etwas über die musi­ka­li­schen Hin­ter­grün­de erfahren!

    Aber da das erfolg­los ist, bleibt eben nur das Schub­la­den­den­ken. Auch wenn man dafür ziem­lich vie­le Schrän­ke braucht. Art­pop, Indie-Rock, Grunge, irgend­wie so Alter­na­ti­ve. Noch Fragen?

    Eine ganz gute Hör­pro­be ist das Video zu „Auste­re“ auf You­Tube. Nicht wun­dern, dass es dort schon eine Wei­le zu fin­den ist, denn eini­ge Lie­der auf dem Album wur­den in etwas weni­ger kratz­bür­sti­gen Ver­sio­nen bereits 2009 ver­öf­fent­licht. 2011 stimmt also. In jeder Hinsicht.

  10. Foster the Peo­p­le – Torches
    „I took a sip of some­thing poi­so­ned but I’ll hold on tight“ (Hele­na Beat)

    Wir blei­ben beim Pop und bemer­ken, dass ent­we­der mei­ne Urteils­kraft nach­lässt, die Qua­li­tät die­ser Liste also mit den Jah­ren sinkt, oder dass Pop im Jahr 2011 end­lich wie­der bes­ser wird. Foster the Peo­p­le ist eben­falls ein Trio, die Front­frau ist hier aller­dings ein Front­mann namens Mark Foster, was ver­mut­lich auch den Namen der Band („Pflegt das Volk!“) erklärt.

    Und auch „Tor­ches“ ist ein Debüt­al­bum. Ich sehe gera­de, dass ich das Adjek­tiv „tanz­bar“ in die­sem Arti­kel noch nicht ver­wen­det habe, also ver­wen­de ich es jetzt, denn es passt. „Indie-Elek­tro­pop“ nann­te die­ses Album mal irgend­wer, und ich fra­ge mich seit­dem, wie Aku­stik­pop wohl klin­gen wür­de, kom­me aber kaum dazu, die­sen Gedan­ken ange­mes­sen wei­ter­zu­spin­nen, denn Foster the Peo­p­le neh­men mei­ne gesam­te Auf­merk­sam­keit gera­de jetzt, da ich die­se Zei­len hell­grau auf jeden­falls-nicht-schwarz nie­der­schrei­be, voll in Anspruch, weil ich ver­su­che, das Geheim­nis zu ergrün­den, war­um mich eine Band, die mich mal („I Would Do Anything For You“) an Owl City (das sind die mit dem Lied „Fire­f­lies“, das ich beim besten Wil­len nicht mehr hören kann), mal an die Pet Shop Boys und Por­tu­gal. The Man (mit weni­ger Atmo­sphä­re) den­ken lässt, eigent­lich so sehr fas­zi­niert, dass ich sie als die­ser Liste wür­dig erachte.

    Und dass mir das nicht gelingt, wer­te ich dann ein­fach mal als gutes Zei­chen und las­se dann eben ande­re zu Wort kommen:

    Die Band kommt aus Kali­for­ni­en, die Musik erin­nert an MGMTs erstes Album. Upbeat (zumin­dest was die Instru­men­tie­rung betrifft) und voll tol­ler Melo­dien. Ob es för­der­lich ist, sich näher mit dem Text von „Pum­ped Up Kicks“ aus­ein­an­der­zu­set­zen, ver­mag ich nicht zu beur­tei­len. Der Song ist aber so oder so großartig.

    Gera­de der Text von „Pum­ped Up Kicks“, das bereits im Som­mer 2010 auf diver­sen Radio­sen­dern zu hören war, setzt aber Akzen­te, die zwar nicht reprä­sen­ta­tiv für das Album sind, aber für die man nur noch viel zu sel­ten in der pou­lä­ren Musik des 21. Jahr­hun­derts Ver­wen­dung fin­det: „All the other kids with the pum­ped up kicks / you’d bet­ter run, bet­ter run, faster than my bul­let“, sehr schön, so etwas habe ich zuletzt vor viel zu lan­ger Zeit von den Liars gehört, aber die ste­hen in der Tra­di­ti­on New Yor­ker Gara­gen­rocks, und dort tanzt man ja all­ge­mein nicht so gern, dort schießt man lie­ber Leu­te tot.

    Und so ein Som­mer ist ja auch eigent­lich viel zu warm, um Amok zu laufen.

    Statt­des­sen soll­te man sei­ne Knar­re bei­sei­te­le­gen und mal rein­hö­ren, zum Bei­spiel auf Amazon.de.

  11. Kreid­ler – Tank

    Hat man „Tor­ches“ dann zu Ende gehört und fer­tig getanzt und den anschlie­ßen­den Amok­lauf auch erfolg­reich hin­ter sich gebracht, möch­te man viel­leicht dann erst mal wie­der sei­ne Ner­ven ein biss­chen beru­hi­gen. Dafür eig­net sich zum Bei­spiel das Album „Tank“ der Düs­sel­dor­fer Elec­tro­ni­ca-For­ma­ti­on Kreid­ler, obwohl ihnen die Kate­go­ri­sie­rung als „Elec­tro­ni­ca-For­ma­ti­on“ ver­mut­lich selbst nicht so recht zusagt, immer­hin hal­ten sie musi­ka­li­sche Schub­la­den für deplat­ziert und stei­gen somit in mei­ner Ach­tung beträchtlich.

    Wie man es nun aber nennt, wenn drei Her­ren aus über­wie­gend elek­tro­ni­schem Instru­men­ta­ri­um Klän­ge erzeu­gen und damit ein Album fül­len, ist eigent­lich auch nicht wich­tig, Tan­ge­ri­ne Dream zum Bei­spiel wer­den auch abwech­selnd dem Kraut­rock und „elek­tro­ni­scher Musik“ zuge­ord­net, obwohl da nichts rockt und „elek­tro­ni­sche Musik“ Tech­no und Pop­quatsch glei­cher­ma­ßen umfasst, und so ist es bei Kreid­ler eben auch. Wahr ist, dass Ana­lo­gien zu Kraft­werk unver­kenn­bar sind, der Umstand, dass Kraft­werk in ihren Anfangs­jah­ren noch anders musi­zier­ten als heu­te, soll­te aber nie­man­den fal­sche Schlüs­se zie­hen las­sen. In der Wiki­pe­dia ist zu lesen, das Instru­men­ta­ri­um von Kreid­ler bestehe aus „elek­tro­ni­schen und aku­sti­schen Instru­men­ten und dem Com­pu­ter“, und das klingt dann doch wenig­stens schon etwas greifbarer.

    Zum Teil mein­te ich, die Anfangs­sze­ne des Stückes „Era­ser“ der Nine Inch Nails wie­der­zu­er­ken­nen, aller­dings viel fili­gra­ner und weni­ger bedroh­lich. Kreid­ler ent­locken ihren Instru­men­ten, wel­che das kon­kret auch immer sein mögen, hyp­no­ti­sche Klän­ge. Dabei wird es aber nicht ein­tö­nig, son­dern bleibt abwechs­lungs­reich; frei und schlecht übersetzt:

    Kreid­ler sind Mei­ster dar­in, Klän­ge über ein Stück zu legen, bei denen man­nig­fal­ti­ges kyber­ne­ti­sches Pochen (sowohl dun­kel als auch äthe­risch), Bass­im­pul­se (fun­ky oder mar­schie­rend) und Rhyth­men (stamp­fend oder kom­plex) ein­ge­führt und ein­ge­wo­ben wer­den. In den Hän­den ande­rer Künst­ler wür­de dies unwei­ger­lich zu Durch­ein­an­der füh­ren; Kreid­lers Geschick­lich­keit und Prä­zi­si­on wer­den von der Tat­sa­che bestärkt, dass man noch immer einen ein­zel­nen Eröff­nungs­klang am Ende eines Stückes erken­nen kann, obwohl vie­le ande­re längst hin­zu­ge­fügt wurden.

    Kreid­ler machen auf „Tank“ Musik zum Träu­men, zum Ent­span­nen, ohne dabei flach und ein­schlä­fernd zu werden.
    Kurz gesagt: Musik für lan­ge Bahnfahrten.

    Hör­pro­be:
    Das Stück „Kreml­in Rules“ lässt sich der­zeit zum Bei­spiel auf Both Bars On in vol­ler Län­ge genießen.

  12. Long Distance Cal­ling – Long Distance Calling

    Von deut­scher Instru­men­tal­elek­tro­nik (krau­tig) zu deut­scher Instru­men­tal­elek­tro­nik (rockig) ist es nicht weit, und die Mün­ste­ra­ner von Long Distance Cal­ling sind sogar so freund­lich, selbst ein Gen­re vor­zu­schla­gen; denn eine Postrock­band wol­len sie nicht sein, statt­des­sen spre­chen sie von „Instru­men­tal­rock“, was sich, glaubt man der offi­zi­el­len Dar­stel­lung, eher zufäl­lig erge­ben hat, denn nach­dem man kei­nen geeig­ne­ten Sän­ger fand, ver­such­te man es dann halt mal ohne und bemerk­te, dass das auch ganz gut klingt. Auf ihrem drit­ten Album „Long Distance Cal­ling“ ist den­noch ein Vokal­bei­trag von John Bush (frü­her Anthrax, heu­te Armored Saint) zu hören; damit setzt die Band die Tra­di­ti­on, hier und da eben sol­che Bei­trä­ge ein­zu­flech­ten, fort.

    Lei­der habe ich gera­de kei­nen Link zu einem Blog parat, auf dem das schon mal erwähnt wor­den wäre, also erwäh­ne ich es selbst: „Post­rock“ (und alles, was so klingt, als wäre es Post­rock) lässt sich unter ande­rem auch ein­tei­len in „mit Gesang“ und „ohne Gesang“. Das sagt aber über die Musik selbst nur wenig aus, denn wäh­rend die ein­gangs rezen­sier­ten und eben­falls instru­men­ta­len Codes In The Clouds zusam­men mit Sigur Rós in höhe­ren Sphä­ren schwe­ben, atmet „Long Distance Cal­ling“ den Geist von A Per­fect Cir­cle, Mog­wai und ähn­li­chen Musi­kern, wobei das mit der Ähn­lich­keit eigent­lich auch wie­der nicht stimmt, denn was ähn­lich klingt, ist eigent­lich über­flüs­sig. Ent­schei­dend ist das eigen­stän­di­ge Merk­mal, und das ist manch­mal nicht so leicht.

    Die­ses eigen­stän­di­ge Merk­mal ist bei Long Distance Cal­ling jeden­falls, ganz klar, die Stil­viel­falt. Groo­ven­de Rhyth­men tref­fen auf jau­len­de Gitar­ren, zwi­schen Psy­che­de­lic Rock und Pro­gres­si­ve Metal, zwi­schen New Art­rock und Shoe­ga­ze wir­beln die fünf Musi­ker hin und her, ab und zu lugt auch mal der Stoner Rock vor­sich­tig um die Ecke, nur um sich gleich dar­auf von einer Gitar­ren­wand wie­der platt­wal­zen zu las­sen. Ich fin­de das gut.

    Hör­pro­ben:
    Diver­se Musik­stücke aus der Band­ge­schich­te sind auf MySpace zu hören.

  13. The Skull Defekts – Peer Amid
    „Nobo­dy, not­hing, nowhe­re no more, nobo­dy, not­hing no more“ (No More Always)

    Ver­las­sen wir die Pfa­de instru­men­ta­ler Indie­mu­sik dann erst mal wie­der und wen­den uns erneut Skan­di­na­vi­ens Rock­sze­ne zu. Dort, in Schwe­den, agie­ren zum Bei­spiel The Skull Defekts. Von The Skull Defekts erklin­gen effekt­rei­che Low-Fide­li­ty-Klang­kon­struk­te, die manch­mal an Ein­stür­zen­de Neu­bau­ten (eine gute Über­lei­tung zwi­schen „Pyra­mi­den“ und „Neu­bau­ten“ bit­te ich mei­ne Leser selbst her­zu­stel­len) und viel mehr noch an Sonic Youth erin­nern. Kaputt im Schä­del wird man von dem Kre­denz­ten trotz des Band­na­mens übri­gens nicht.

    Nicht jeder lässt sich über­zeu­gen von dem zugrun­de lie­gen­den Kon­zept, das vor allem Kraft aus dem Prin­zip der Wie­der­ho­lung schöpft, wie es auch bei den eben­falls recht ähn­li­chen The Fall der Fall ist, aber ich bin bekannt­lich eben­falls nicht jeder und fin­de es wie manch ande­rer selt­sam, aber pri­ma. Pas­send hier­zu ist das Cover­bild: Eine Schlan­ge, die sich selbst am Schwanz leckt (errö­te­tes Kichern bit­te unter­las­sen), als Sinn­bild der Wie­der­ho­lung ist eigent­lich ganz gut gewählt. Man den­ke aber gar nicht erst dar­an, „Wie­der­ho­lun­gen“ mit „Ein­tö­nig­keit“ zu verwechseln!

    Als „Post­punk“ stand „Peer Amid“ mal irgend­wo beschrie­ben, und irgend­ein Gen­re zu neh­men und „Post-“ davor­zu­schrei­ben ist bekannt­lich ein untrüg­li­ches Zei­chen dafür, dass der Rezen­sent nicht mehr alle Tas­sen im Schrank hat. (Alter­na­tiv freue ich mich dann schon mal auf die näch­ste Deutsch­rock-CD, die irgend­ein Rezen­si­ons­kas­per dann „Post­schla­ger“ nennt. Oder so.) Was aber ist es dann?

    Nun, vor allem ist es pri­ma drecki­ge Rock­mu­sik. Unge­schlif­fen, gara­gig. The Skull Defekts bie­dern sich nicht an, son­dern schleu­dern dem Hörer unge­fragt Gitar­ren ent­ge­gen. In your face. Vorn dabei: Gast­sän­ger Dani­el Higgs, man­chen – mir nicht – viel­leicht bereits als (inzwi­schen ehe­ma­li­ges) Mit­glied von Lung­fi­sh bekannt, der der ohne­hin schon kraft­vol­len Inter­pre­ta­ti­on mit sei­ner sich naht­los in die Musik ein­fü­gen­den Dar­bie­tung das sprich­wört­li­che i‑Tüpfelchen hin­zu­fügt. (Habe ich schon Sonic Youth erwähnt?)

    Wer es also auch mal ein wenig roher mag, der könn­te durch­aus viel Gefal­len an „Peer Amid“ fin­den; und Freun­de der ande­ren erwähn­ten Bands soll­ten eben­falls mal reinhören.

    Hör­pro­ben:
    Auf YouTube.com ist unter ande­rem das oben zitier­te „No More Always“ zu hören.

  14. Cen­tral Park – reflected
    „I will dry my tears, the won­der will take place“ (Ano­ther Part)

    Etwas weni­ger dreckig geht es bei Cen­tral Park zu, die mit „reflec­ted“ ihr zwei­tes Album vor­le­gen. Bebil­dert ist es, pas­send zum Titel, mit einem Fra­ge­zei­chen, des­sen Schat­ten ein Aus­ru­fe­zei­chen bil­det; das könn­te bedeu­ten, dass die Ant­wort auf die mei­sten Fra­gen bereits in den Fra­gen selbst zu fin­den ist, das könn­te aber auch ein­fach nur ein hüb­sches Bild­chen sein. Wer weiß das schon so genau?

    So müs­sen wir Musik­freun­de uns also allein dar­auf ver­las­sen, was wir mit Sicher­heit sehen (oder hören) kön­nen, und das ist eine Men­ge. Cen­tral Parks Zweit­ling ist näm­lich musi­ka­lisch ein ziem­lich zer­ris­se­nes Album. Instru­men­tal­pas­sa­gen king­crims­onscher Qua­li­tät wech­seln sich ab mit AOR und Hard Rock, Sän­ge­rin Jan­ni­ne Pusch into­niert dazu so viel­sei­tig und aus­drucks­stark, dass es eine wah­re Freu­de ist, und lässt mal die sanf­ten Höl­der­lin, mal die ehe­mals aus­ge­flipp­ten Eat­liz anklingen.

    In dem über 12 Minu­ten lan­gen „Visi­on“, das als Stück 5 von 9 genau die Mit­te des Albums mar­kiert, wird die­se Zer­ris­sen­heit beson­ders deut­lich: Es beginnt mit lang­sa­mem, mehr­stim­mi­gem Gesang, unver­mit­telt set­zen Schlag­zeug und Key­boards ein, anschlie­ßend ertö­nen Rufe, die Warn­schil­der zitie­ren („Do not enter!“, „Pri­va­te pro­per­ty!“ und was halt auf so Schil­dern immer drauf­steht), und zwar in Ste­reo, also abwech­selnd in bei­den Kanä­len, damit der Hörer sich nicht zu sehr ent­spannt. Dazu hat er in der fol­gen­den Key­board­pas­sa­ge etwas Gele­gen­heit, die von Gesang beglei­tet wird, der Nico-fans feuch­te Träu­me berei­ten soll­te. Es folgt eine Expe­ri­men­tal­pha­se mit merk­wür­di­gen Schlag­zeug­ein­la­gen, Frau Puschs Gesang wird opern­haft, bricht aber ab für eine neue Pha­se: Mehr­stim­mi­ger Sprech­ge­sang über ver­zerr­ter Gitarre/Bass/Schlagzeug. Key­boards set­zen ein, um das Ende die­ses Abschnitts zu mar­kie­ren, Jan­ni­ne Pusch gibt noch mal kurz die Tar­ja (aber weni­ger schmerz­haft-jau­lend), Stil­le. Sanf­te Key­boards zu sanf­tem Gesang, sogar für die­se „Casting­shows“, die es heut­zu­ta­ge wie­der ren­ta­bel machen, kei­nen Fern­se­her zu besit­zen, wahr­schein­lich zu seicht, und schon wird der Hörer wie­der von merk­wür­di­gen Klang­ef­fek­ten umge­ben. Die Rufe ertö­nen wie­der, die Instru­men­tal­ab­tei­lung spielt der­weil wie­der die Sprech­ge­s­angs­sze­ne durch, die Rufe enden, das Lied klingt aus. Oder war es doch ein Hörspiel?

    All­ge­mein lässt sich über das Album zusam­men­fas­send sagen: Stan­den bei den Skull Defekts noch die Gitar­ren im Vor­der­grund, so sind es bei Cen­tral Park Schlag­zeug, Orgel­klän­ge und viel Hall. Der Hall ist es auch, der mich auf die­sem eigent­lich fas­zi­nie­ren­den Album am mei­sten stört, denn wäh­rend er etwa in „Visi­on“ sicher den gewünsch­ten Effekt hat, wirkt er in ande­ren Stücken eher fehl am Platz. Aber so etwas ist sicher­lich auch immer rein subjektiv.

    Weni­ger sub­jek­tiv sind da die Hör­pro­ben:
    Zum Bei­spiel ist auf YouTube.com ein Video zu „Gun­s’R’Us“ zu fin­den. Die­ses Lied greift, wie auch das Video, das The­ma „Kin­der­sol­da­ten“ auf und ist wirk­lich nicht schlecht.

  15. Ske­le­ton$ – People
    „So I say I try to replace that car­toon in my face, but fuck it!“ (Grand­ma)

    Dies nun ist der Moment, in dem ich es bereue, oben bereits „Tao of the Dead“ zu mei­nem Som­mer­al­bum des Jah­res erklärt zu haben, denn „Peo­p­le“ ist eben­falls wirk­lich sehr, sehr gut. „Avant­gar­de“ ist ver­mut­lich das Wort, das hier gut passt, befin­det sich das Trio doch so in guter Nach­bar­schaft mit Bands wie Cheer-Acci­dent, die eben­falls im Avant­gar­de-Pop ver­or­tet wer­den.

    Obwohl Ske­le­ton$ durch­aus mit­un­ter sehr expe­ri­men­tell musi­zie­ren, wird es den­noch nie blo­ßer Krach, der aus den Laut­spre­chern schallt. Im Gegen­teil wird es oft melo­disch und ein­gän­gig, die Melo­die des Stückes „Tania Head“ etwa lässt den ver­sier­ten Musik­freund in Erin­ne­run­gen an Pink Floyds „Fearless“ schwel­gen, das die­sem Stück ver­dammt ähn­lich klingt. Ande­rer­seits beherr­schen Ske­le­ton$ das Kunst­stück, jedes Lied stän­dig so klin­gen zu las­sen, als stün­de es kurz vor dem Aus­bruch. Sän­ger Matthew Mehlan, stimm­lich unge­fähr das Gegen­teil von Dani­el Higgs, klingt der­weil mei­stens so, als hät­te er gera­de guten Sex gehabt und dazu einen eben­falls guten Joint geraucht, gera­de­zu uner­träg­lich ent­spannt eben, was einen inter­es­san­ten Kon­trast darstellt.

    Kei­nes­falls aber bedeu­tet das, dass man von die­sem Album qua­si nur Lärm­kas­ka­den zu erwar­ten hat. Dem bei­na­he neun­mi­nü­ti­gen „Barack Oba­ma Blues“, der gar kein Blues ist und gegen Ende eine Geräu­schwand auf­baut, ange­sichts derer von Ent­span­nung kei­ne Rede mehr sein kann, steht zum Bei­spiel das zurück­hal­ten­de, bei­na­he beat­lesque „No“ gegen­über. Auch „Peo­p­le“ hat also sei­ne – kur­zen – radio­taug­li­chen Momen­te. (Peter, wie wär’s?)

    Ske­le­ton$ hie­ßen frü­her Ske­le­tons und waren angeb­lich noch expe­ri­men­tel­ler, avant­gar­di­sti­scher, unhör­ba­rer. Ob das Dol­lar­sym­bol also für eine Aus­rich­tung auf kom­mer­zi­el­le­re Musik steht, kann man nur ver­mu­ten, viel­leicht ist es auch als Kri­tik am all­ge­gen­wär­ti­gen Kapi­ta­lis­mus zu sehen. Letz­te­res hal­te ich für wahr­schein­li­cher, denn von Mas­sen­kom­pa­ti­bi­li­tät kann man bei „Peo­p­le“ nicht ohne schlech­tes Gewis­sen sprechen.

    Der Anspruch an die Hörer wird unter­mau­ert durch den Umstand, dass „Peo­p­le“ ein Kon­zept­al­bum ist; text­lich geht es um Men­schen, also um peo­p­le, und um rea­le Ereig­nis­se. Andre­as Hof­mann recher­chier­te etwas ausführlicher:

    So geht es z.B. um einen Mann, der am Tag nach Thanks­gi­ving beim mitt­ler­wei­le tra­di­tio­nel­len Black Fri­day Sale im Walm­art zu Tode getram­pelt wur­de („Walm­art and the Ghost of Jimm“), „Tania Head“ wie­der­um ist eine Frau, die sich für ihre five minu­tes of fame eine spek­ta­ku­lä­re 9/11-Über­le­bens­ge­schich­te ein­fal­len ließ, im Ope­ner „L’il Rich“ wird erst ein Opfer von Gang-Gewalt in Mehlans Nach­bar­schaft besun­gen und gegen Ende eine tra­gi­sche Geschich­te auf­ge­grif­fen, in der ein unbe­waff­ne­ter Mann, der eigent­lich einen Tag spä­ter hei­ra­ten woll­te, von der New Yor­ker Poli­zei mit 50 Kugeln nie­der­ge­streckt wur­de – alle­samt peo­p­le eben.

    Ste­ven Wil­son hat vor einer Wei­le gesagt, die Rock­mu­sik sei tot, sie habe nichts neu­es mehr zu erzäh­len. Zum Glück wis­sen Ske­le­ton$ das noch nicht.

    Und daher kann sich der Musik­freund nun an den Hör­pro­ben erfreuen:
    „Peo­p­le“ wird via Band­camp in Gän­ze als Strea­ming und zum Kauf angeboten.

  16. Monkey3 – Bey­ond The Black Sky

    Nach so viel Avant­gar­de kann man es dann auch mal wie­der kra­chen las­sen. War­um Musik, mit der man es kra­chen las­sen kann, aus­ge­rech­net aus der Schweiz kommt, weiß ich nicht, aber ich ver­mu­te, das liegt an den Bergen.

    Das vier­te Stu­dio­al­bum der Instru­men­tal­rocker Monkey3 hat, wie auch sei­ne Vor­gän­ger, bereits ein augen­fäl­li­ges Bild (stil­echt mit sti­li­sier­tem Pavi­an) vor­ne drauf. Der Hörer weiß so schon vor­her: Haus­manns­kost bekommt er hier nicht. „Typisch Schweiz“ sieht anders aus, mit mehr Gejo­del und weni­ger blu­ti­gen Pavian­eck­zäh­nen, wobei ich mir spä­te­stens seit Zwegh da auch nicht mehr sicher bin. Die Schweiz macht mir Angst.

    Manch­mal ist Angst aber auch ein guter Motor, der den Genuss eines Musik­al­bums erst so rich­tig för­dert. Ängst­lich also ver­stecke ich mich unter mei­ner Bett­decke, wäh­rend die Stoner-Rock-Wel­le jede Faser mei­nes Daseins davon­zu­spü­len droht, ange­rei­chert mit gele­gent­li­chen elek­tro­ni­schen Klang­spie­le­rei­en, qua­si als psy­che­de­li­sche Ruhe vor dem Sturm. Wer jetzt ein­wen­det, dass Stoner Rock doch grund­sätz­lich immer psy­che­de­lisch sei, der hat Recht und ist ein blö­der Klug­schei­ßer, so.

    Irgend­wer war wie­der vor­ei­lig und hat dem Album das Prä­di­kat „Post­rock“ („Post-Rock“) angeta­ckert. Natür­lich ist das, was Monkey3 auf Ton­trä­ger ban­nen, post-rock, es zieht also an dem Gen­re­kor­sett von Rock­mu­sik fröh­lich win­kend vor­bei, aber wer hier Mog­wai oder Slint oder ande­re Postrock­bands her­aus­zu­hö­ren ver­sucht, wird kläg­lich scheitern.

    Als Ein­flüs­se karrt die Band unter ande­rem Peli­can, aber auch Led Zep­pe­lin her­an. Als Anspiel­tipp für die­je­ni­gen, die sich nicht vor­stel­len kön­nen, wie das klingt, sei das Stück „Through The Desert“ emp­foh­len, das zwar nicht so schön los­bret­tert wie etwa „K.I“, dafür aber stil­echt mit „Kashmir“-Gitarre auf­war­ten kann.

    Hör­pro­ben:
    Rein­hö­ren kann man zum Bei­spiel auf Amazon.de.

  17. Caleya – Trÿmmermensch
    „Bis nichts mehr bleibt außer Zwei­fel, außer Phra­sen …“ (Apo­rie)

    Peter, dem Scheiß­kerl (Peter über Peter), ist so man­ches Fund­stück der letz­ten Jah­re zu ver­dan­ken. Auch das Album „Trÿm­mer­mensch“ der Ham­bur­ger For­ma­ti­on Caleya zählt dazu.

    Regel­mä­ßi­gen Lesern mei­ner Halb­jah­res­rück­schau­en soll­te die Kom­bi­na­ti­on aus düste­ren Tex­ten und eigen­ar­ti­gen Lied­ti­teln (hier „Apo­rie“, „Arche­typ“, „Akra­sia“ und noch drei so Titel) bereits von The Hirsch Effekt bekannt vor­kom­men, und tat­säch­lich gibt es da gewis­se Par­al­le­len: Gemein­sa­mes Tou­ren, auch bereits eine gemein­sa­me CD (das Stück „Amyg­da­la“ stammt von die­ser „Split“-EP), und pro­du­ziert wur­de „Trÿm­mer­mensch“ von Nils Witt­rock, Sän­ger bei The Hirsch Effekt. Wer nicht gera­de die „Screamo“-Begriffsbildung aus der Mot­ten­ki­ste längst abge­lutsch­ter Gen­re­bezeich­nun­gen kramt, der nennt das, was Caleya hier auf Ton­trä­ger pres­sen lie­ßen, „Post-Hard­core“, und hät­te ich oben nicht schon aus­führ­lich über der­ar­ti­ge Bezeich­nun­gen gelä­stert, ich wür­de es jetzt glatt noch mal tun.

    Aber die Post geht tat­säch­lich ziem­lich ab auf „Trÿm­mer­mensch“. Deut­sche Tex­te wir­ken für Mut­ter­sprach­ler noch emo­tio­na­ler, wenn sie nicht gelang­weilt dahin­ge­sun­gen, son­dern ver­zwei­felt ins Ohr gebrüllt wer­den, und das beherrscht man in Ham­burg genau so präch­tig, wie man eben auch ganz anders kann:

    Durch das Gebrüll von Sän­ger Tobi wird der chao­ti­sche Anstrich ver­stärkt, wobei sich die gesuch­te Har­mo­nie in der Ver­wen­dung von pro­gres­si­ven Ele­men­ten aus­zeich­net. Die­se erschei­nen wie Löcher in den noi­si­gen Riffs und erzeu­gen einen Kon­trast, wäh­rend das Gebrüll ganz zum Erlie­gen kommt und von melo­di­schen, instru­men­ta­len Parts, Gesang oder kur­zen, gespro­che­nen Pas­sa­gen abge­löst wird. Nach einer musi­ka­li­schen Stei­ge­rung kommt es zur Ent­la­dung, zu der der Gesang wie­der zum Gebrüll über­geht. Die Songs unter­schei­den sich dabei im Muster zwi­schen den lau­ten und lei­sen Tei­len und über­ra­schen in der­sel­ben Wei­se, wie der Ein­satz unter­schied­li­cher Instru­men­te, wie der eines Glocken­spiels, einer Gei­ge oder eines Xylophons.

    Kein Zwei­fel: Wäre „Trÿm­mer­mensch“ ein Hör­spiel, man wür­de die Trÿm­mer förm­lich flie­gen hören. Vol­le Kan­ne Emo­ti­on, Depres­si­on. Aber ich schät­ze, jeder Leser die­ser Zei­len hat manch­mal das Bedürf­nis, ein­fach nur laut zu schrei­en. Dies ist die Musik dazu.

    Rein­hö­ren und mitschreien!
    Das geht zum Bei­spiel auf MySpace, wo auch eini­ge älte­re Musik­stücke von Caleya blöd rumliegen.

  18. Unex­pect – Fables of the Slee­p­less Empire
    „A luna­tic exor­cism of impul­si­ve lite­ra­ry stings, ser­ving the untain­ted delight of devious cun­nings“ (Words)

    Ver­gli­chen mit Caleya sind Unex­pect bei­na­he schon zurück­hal­tend. Wohl­ge­merkt: Dies ist aus­drück­lich als Ver­gleich zu wer­ten!; denn Ambi­ent­land­schaf­ten sind auf „Fables of the Slee­p­less Empire“ nicht zu fin­den. Kein Wun­der ist es ein schlaf­lo­ses Reich bei dem Krach.

    Laut Eigen­be­schrei­bung machen die Kana­di­er avant-gar­de clas­si­cal fusi­on expe­ri­men­tal pro­gres­si­ve metal, und wen das nicht an die Label­kol­le­gen von den Sto­len Babies („prog-pop-caba­ret-thrash-quir­ky-goth-rock“) erin­nert, der hat eini­ges nach­zu­ho­len, aber ich erklä­re es ihm dann trotz­dem mal, schließ­lich wol­len wir ja auch alle irgend­wann noch mal ein wenig vor­an­kom­men hier:

    Sanf­te Gitar­ren­lau­te, Strei­cher fie­deln irgend­was ver­träum­tes vor sich hin, sie stei­gern sich, Schlag­zeug und Gesang (weib­lich) set­zen ein. „On the Right, words bleed in deli­cious erra­tic moti­ons / to waltz and lun­ge deep­ly onto the frail paper dun­ge­ons“, Gesang endet, grow­ling tritt an sei­ne Stel­le, die Kapel­le spielt fein­stes Thrash-Hard­core-Irgend­was, wäh­rend die Frau ihre gewohn­te Stim­me wie­der­fin­det, und so ähn­lich geht es dann noch eine Wei­le wei­ter, immer noch ein biss­chen abge­dreh­ter, qua­si schril­ler, und vor allem lau­ter. Das Lied heißt „Words“ und ist nur ein will­kür­lich her­aus­ge­pick­tes Bei­spiel. Seit dem Vor­gän­ger­al­bum „In A Fle­sh Aqua­ri­um“ von 2006 hat sich im Hau­se Unex­pect erfreu­lich wenig geän­dert, die bewähr­ten Rezep­te erge­ben noch immer ein her­vor­ra­gen­des Süpp­chen. Über den Vor­gän­ger war zu lesen:

    Black-Metal Gitar­ren, raus­ge­rotz­ter Gesang und Gerö­chel, das Tem­po wei­ten­teils am Anschlag, Geknüp­pel bis der Arzt kommt… und plötz­lich engels­glei­cher Gesang von Leï­lindel, und plötz­lich Teu­fels­gei­ger, und plötz­lich läs­si­ge Pia­no-Läu­fe, und plötz­lich Elec­tro­nic-Sounds, und plötz­lich bur­les­ker Wal­zer, und plötz­lich spin­ner­te Dada-Ideen… Schliess­lich gibt es noch eine Por­ti­on „Gothic“, ein klas­si­sches Streich-Kon­zert, Bom­bast-Momen­te, Breaks, Stil- und Ryth­mus­brü­che, (wo kommt denn der Dudel­sack her?), Film­mu­sik und und und.

    „Dada“ regiert auch in den Tex­ten. „Heroic Icons of the vege­ta­ble supre­ma­cy; a mistrea­ted gar­den, their ulti­ma­te pur­ga­to­ry“ heißt es etwa in „Oran­ge Vigi­l­an­tes“. Nicht zu viel dar­über nach­den­ken, man bekommt nur Kopf­weh davon. Obwohl bei­na­he sämt­li­che Attri­bu­te, die im zitier­ten Text genannt wur­den (den Dudel­sack habe ich noch nicht über­prüft), auch auf „Fables of the Slee­p­less Empire“ zutref­fen, ist all die­ses Durch­ein­an­der doch hier bei­na­he als geord­net zu bezeich­nen. Zugäng­li­cher als „In A Fle­sh Aqua­ri­um“ ist es alle­mal. Unex­pect haben ein Gespür dafür ent­wickelt, an wel­cher Stel­le wel­che Form der Kom­ple­xi­tät ange­mes­sen ist. (Wer jetzt „Zugäng­lich­keit“ und „weni­ger Kom­ple­xi­tät“ mit simp­len Struk­tu­ren ver­wech­selt, ist selbst schuld.)

    Der Avant­gar­de-Anstrich von Unex­pect soll­te nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass es sich vor allem um eine Pro­gres­si­ve-Metal-For­ma­ti­on han­delt. Die Beto­nung liegt hör­bar auf dem „Metal“. Idea­le Rei­hen­fol­ge eigent­lich: Erst dem unge­lieb­ten Mit­men­schen mit Unex­pect qua­si aufs Maul hau­en und dann mit Caleya betrübt dar­über sein. Ver­dammt – jetzt habe ich es ver­kehrt her­um auf­ge­schrie­ben. Also erst betrübt sein und dann aufs Maul hauen.

    Und wer nicht füh­len will, muss hören:
    Das kom­plet­te Album wird auf bandcamp.com als Stream ange­bo­ten. Also streamt fleißig!

  19. The Ner­ve Insti­tu­te – Archi­tects of Flesh-Density

    Zum Abschluss der Haupt­li­ste noch ein wenig (Avant-)Jazzrock. „Archi­tects of Fle­sh-Den­si­ty“ ist nach eige­ner Aus­sa­ge bereits das ach­te auf­ge­nom­me­ne Album des Mul­ti­in­stru­men­ta­li­sten und Sän­gers Mike Judge, aber das erste als The Ner­ve Insti­tu­te ver­öf­fent­lich­te. Ihm gehen, wie er unlängst erwähn­te, die Namen irgend­wann auf den Keks, also denkt er sich immer mal wie­der einen neu­en aus. (Mein Lieb­lings­zi­tat aus dem Inter­view ist, dass er mit sei­nem kom­plet­ten Allein­gang ver­mei­den will, zum Minia­turhit­ler in einer Band zu wer­den, obwohl er doch eigent­lich viel grö­ßer sei als Hit­ler und schö­ne­re Haa­re habe. Wenn das ein deut­scher Künst­ler sagen wür­den täte, hagel­te es Buh­ru­fe. Hach, die­se Musiker.)

    The Under­ground Rail­road und Frank Zap­pa sind dem „Wasch­zet­tel“ zum Album in Fett­druck zu ent­neh­men, Mike Judge selbst erwähnt in besag­tem Inter­view zudem ins­be­son­de­re den sym­pho­ni­schen Pro­gres­si­ve Rock (Yes u.a.) und, dar­auf auf­bau­end, die RIO/A­vant- und frü­he Zeuhl-Sze­ne (Hen­ry Cow, Uni­vers Zéro) als Künst­ler, die ihn beson­ders beein­druckt haben.

    Das Ergeb­nis klingt dann auch genau so: Der Jazz­rock von Yes in der „Relayer“-Phase oder jeden­falls von King Crims­on paart sich mit fet­zi­gem Can­ter­bu­ry. Ach, und mit Frank Zap­pa. (Man stel­le sich das bit­te ange­sichts des Todes Herrn Zap­pas gera­de mal nicht bild­lich vor.) „Klingt wie: Defor­mie­ren & refor­mie­ren“, so steht’s auf des Künst­lers MySpace-Sei­te.

    Bei der Durch­sicht der track list bleibt das Auge womög­lich auf dem Titel „Die neue mori­tat…“ haf­ten. Tat­säch­lich bezieht sich die­ser Titel weni­ger auf Ber­tolt Brechts „Mori­tat von Mackie Mes­ser“ als viel­mehr auf G. W. Pabsts Ver­fil­mung der­sel­ben. Der anschlie­ßen­de Titel „La jalou­sie“ wie­der­um nimmt direkt Bezug auf Alain Rob­be-Gril­lets Novel­le glei­chen Namens. Kul­tur kann Mike Judge jeden­falls trotz sei­ner Her­kunft schon ganz gut.

    Ich bin gespannt, wel­chen Namen sich der Herr als näch­stes aus­denkt; bedenkt man, dass jeder Name auch einen Stil­wech­sel mit sich brach­te, hof­fe ich jeden­falls, dass dies nicht das ein­zi­ge Album als The Ner­ve Insti­tu­te bleibt.

    Hör­pro­ben:
    Aus­zü­ge aus sei­nem Schaf­fen prä­sen­tiert der Musi­ker auf MySpace.

Das soll dann für die­ses Halb­jahr auch erst mal wie­der rei­chen mit Kauf­be­feh­len. Es fol­gen nun die Kostenlosherunterladbefehle:

2. Von wegen Kommerz.

  • Our Cea­sing Voice – When The Head­line Hit Home

    Die vier Öster­rei­cher, die 2009 eine(n) pri­ma Debüt-EP vor­leg­ten und mich seit­dem auf Last.fm immer mal wie­der auf dem Lau­fen­den hiel­ten, haben dann jetzt auch mal ein rich­ti­ges Album vor­zu­wei­sen; die Lauf­zeit beträgt fast eine Stun­de, und das sol­len man­che die­ser „rich­ti­gen Alben“ von ande­ren „Künst­lern“ erst mal schaffen.

    Ande­rer­seits ist das im Post­rock – und dort füh­len sie sich hör­bar (ist „hör­lich“ eigent­lich das Gegen­stück zu „sicht­lich“?) wohl – auch weni­ger schwer als in ande­ren Gen­res, allein das Stück „The Only Ones Dead (And Tho­se Who Are For­got­ten)“ bringt es bei­na­he auf neun Minuten.

    Fast völ­lig instru­men­tal wech­seln Our Cea­sing Voice auf „When The Head­line Hit Home“ zwi­schen Laut und Lei­se, Breit­wand und Tal hin und her. Mei­ne Damen und Her­ren, dies jeden­falls ist Post­rock. Kann man nicht anders sagen. Kostet nix, ist aber jeden Preis wert.

    Run­ter­ho­len kann man sich’s auf dem band­ei­ge­nen Web­ser­ver und natür­lich via eMu­le.

  • The Eche­lon Effect – Sea­sons 1/4

    Dar­über, dass es sich bei „Sea­sons Part 1“ um eine(n) EP, also um ein „Album“ mit eher kur­zer Lauf­zeit, han­delt, sehe ich aus­nahms­wei­se hin­weg, denn ambi­tio­niert ist es auf jeden Fall, was David Wal­ters mit Hil­fe des Schlag­zeu­gers Ste­ve Tan­ton hier in die Tat umsetzt, näm­lich den Auf­takt zu einer vier­tei­li­gen Serie von „Jahreszeiten“-Kompositionen. Teil 1: Früh­ling. (Der „Sommer“-Teil 2 ist bereits ange­kün­digt.)

    Jah­res­zei­ten musi­ka­lisch umzu­set­zen hat manch einer schon in der Grund­schu­le nicht mehr son­der­lich gern gemocht, David Wal­ters macht das frei­wil­lig und sehr gut. Man spürt förm­lich, wie die Erde aus dem Win­ter­schlaf erwacht, schrieb anders­wo ein gewis­ser „Chris“ hierzu.

    Schon wie­der instru­men­ta­ler Post­rock also, aber zer­brech­li­cher als der der Her­ren Our Cea­sing Voice.
    Wie wohl der Som­mer klin­gen wird?

    Her­un­ter­la­den wird jeden­falls mei­ner­seits wärm­stens emp­foh­len, und zwar auf bandcamp.com oder via eMu­le.

  • Jar­dín de la Croix – Oce­an Cosmonauts

    Der unter eige­ner Ver­ant­wor­tung auf­ge­nom­me­ne und ver­kauf­te Vor­gän­ger „Pome­roy“ fand bereits loben­de Erwäh­nung, das neue Album „Oce­an Cos­mo­n­auts“ konn­te die spa­ni­sche (!) Band Jar­dín de la Croix mit­hil­fe der Plat­ten­fir­ma Noma Records auf­neh­men. Kom­mer­zia­li­sie­rung sieht aber anders aus, denn obwohl Noma Records jetzt auch hüb­sche CD-Ver­packun­gen für die Musik anbie­tet, bleibt sel­bi­ge doch einzigartig.

    Es ertönt rein instru­men­ta­ler Math­rock mit kom­ple­xen Rhyth­men und gele­gent­li­chen Post­rock-Zita­ten. Anhän­ger von Rush kom­men eben­so auf ihre Kosten wie all jene, die Robert Fripps selt­sa­me Expe­ri­men­te in den 1980er Jah­ren zu wür­di­gen wis­sen, gera­de auch hin­sicht­lich der Gitar­ren­ar­beit von Ander Car­bal­lo und Pablo Rodrí­guez. Der neue Bas­sist Car­los Scho­nert lei­stet eben­falls her­vor­ra­gen­de Arbeit.

    Im Inter­net ist zu lesen, „Oce­an Cos­mo­n­auts“ sei stel­len­wei­se lang­wei­lig, weil zu lan­ge auf dem glei­chen The­ma her­um­ge­rit­ten wer­de. Gera­de das aber befä­higt die­ses Album dazu, sich sowohl zur Beschal­lung stil­ler Momen­te als auch dazu zu eig­nen, neben­bei (qua­si zum Bügeln) gehört zu wer­den, ohne wirk­lich anstren­gend zu wer­den. Soll­te man mal aus­pro­biert haben.

    Bezugs­quel­len: Das Album ist unter ande­rem auf jardindelacroix.com sowie via eMu­le herunterladbar.

„Wie, war das schon alles?“, fra­gen jetzt die Leser. „Nein“, ant­wor­te ich, „denn es folgt eine Son­der­vor­stel­lung zwei­er Musikal­ben, die aus unter­schied­li­chen Grün­den kei­ne Erwäh­nung in den bei­den Listen oben fin­den konnten.“

3. Aus dem Abseits…

  • Hand aufs Herz – Der Soundtrack

    Die­ser sound­track hat aus zwei Grün­den kei­nen Platz auf der Haupt­li­ste gefun­den: Zum Einen ist er eben kein „Album“ im eigent­li­chen Sin­ne, zum Ande­ren ist das eigent­lich nicht mal mei­ne Musik. Aber irgend­wie hat die­se Samm­lung von Pop-Cover­ver­sio­nen aus der Sat.1‑Serie „Hand aufs Herz“ (ich berich­te­te) etwas War­mes, Ange­neh­mes an sich.

    Sicher hat ein sol­ches Album auch ein paar Total­aus­fäl­le vor­zu­wei­sen, wel­cher Musik­freund will schon „Sym­pa­thy For The Devil“, von Mäd­chen into­niert, hören?, aber es hat auch ver­dammt gute Momen­te, und das sage ich trotz nach­ge­wie­se­ner Männ­lich­keit und eigent­lich ganz pas­sa­blen Musik­ge­schmacks. Immer­hin ist „Tal­kin‘ ‚bout a revo­lu­ti­on“ auch drauf.

    Obwohl ich anson­sten selbst dazu nei­ge, Musik nach ihren Umstän­den zu beur­tei­len, ohne sie über­haupt gehört zu haben, rate ich in die­sem Fall drin­gend davon ab. Wahr­lich nicht übel.

  • Eli­as Schwerdt­fe­ger – Temp­le of Void

    Auf­grund per­sön­li­cher Sym­pa­thie nicht objek­tiv und daher abseits der Liste emp­feh­le ich dann auch mal dies hier: Dem weich­ge­spül­ten Wohl­klang obi­gen sound­tracks ste­hen die elek­tro­ni­schen Klang­ef­fek­te Herrn Schwerdt­fe­gers ent­ge­gen. Der „Temp­le of Void“, der „Tem­pel des Nichts“ also, ist eine Meta­pher für Kon­sum­tem­pel. Nein, Kon­sum mag der Künst­ler nicht. (Dar­um gibt’s das Album auch kom­plett für lau, wobei auf­grund sei­ner, des Künst­lers, Lebens­um­stän­de eine klei­ne bis gro­ße Spen­de emp­feh­lens­wert ist.)

    Düster-nihi­li­sti­sche Musik mit gele­gent­li­cher Text­bei­la­ge, pro­du­ziert unter Zuhil­fe­nah­me eini­ger defek­ter Gerä­te; das klingt nur teil­wei­se nach den Ein­stür­zen­den Neu­bau­ten, vor allem klingt es nach einer Ver­to­nung der Tri­stesse, die unver­meid­lich scheint, wenn man im Raum Han­no­ver lebt. Die Ver­wur­ze­lung im Welt­li­chen zeigt auch das Cover­bild, ein „Frosch spucken­des Lamm“ aus einer Publi­ka­ti­on der Zeu­gen Jeho­vas, das den Irr­sinn einer jeden Reli­gi­on anschau­lich vorführt.

    Trotz­dem bzw. gera­de des­halb: Nichts für schwa­che Nerven.

Genug des ange­neh­men Teils!
Kom­men wir zum unan­ge­neh­men Teil, näm­lich einer Auf­li­stung der weni­ger erquicken­den Pro­duk­te der Musik­in­du­strie im 1. Halb­jahr 2011, bei deren blo­ßer Erwäh­nung sich mit­un­ter schon ein leich­tes Unwohl­sein ein­stellt, wes­halb ich mich, wie üblich, kurz fasse:

4. … in den Müll.

  • The Mega­pho­nic Thrift – Decay Decay
    War­um die Kopie? Lie­ber gleich The Strokes, da nervt der Gesang auch weniger.
  • Low Anthem – Smart Flesh
    Klingt wie ein unehe­li­ches Kind von Tin­der­sticks und einem unbe­kann­ten „DSDS“-Teil­neh­mer, der Cat Ste­vens covert.
  • Radio­head – The King of Limbs
    Eine Dis­kus­si­on in der [prog­rock-dt]-Liste brach­te es auf den Punkt: Radio­head muss man nicht mögen. Das ist gut, dann ver­zich­te ich dan­kend auf die­sen schreck­li­chen Krach.
  • Van der Graaf Gene­ra­tor – A Groun­ding in Numbers
    Die Her­ren haben zwar nicht die Atmo­sphä­re, aber ihren Biss ver­lo­ren. Scha­de.
  • Esben and the Witch – Vio­let Cries
    Für Freun­de lang­sa­men Nico-Gedächt­nis­schmalz­folks und Peter bestens geeignet.
  • Bea­dy Eye – Dif­fe­rent Gear, Still Speeding
    Soll­te Liam Gal­lag­her eines Tages ster­ben, dann wohl an einer Über­do­sis John Len­non, den er hier noch über­flüs­si­ger als sonst kopiert; Ich habe beim Hören die­ses Albums immer Angst, dass gleich Yoko Ono reinkreischt.

2011 brach­te aber nicht nur vie­le gute (und eini­ge scheuß­li­che) Musikal­ben mit sich, son­dern mar­kiert auch 40 Jah­re 1971, qua­si ein Jubi­lä­um vom „Jahr 1 nach den Beat­les“. Und was sich seit­dem so getan hat, lest ihr hier:

5. Rei­se durch die Zeit.

  • Vor 40 Jahren:
    Jet­h­ro Tull – Aqualung
    Die Beat­les waren 1971, wie gesagt, längst Geschich­te. Die Welt begann also, sich eine ande­re Musik­rich­tung aus­zu­den­ken, die man fort­an toll fin­den soll­te. The Vel­vet Under­ground bra­chen aus­ein­an­der, ihre spä­te­re Bedeu­tung für die Rock­mu­sik soll­te aber erst viel spä­ter ent­deckt wer­den. In Deutsch­land blüh­te der „Kraut­rock“ gera­de auf, sowohl Ton Stei­ne Scher­ben als auch Faust ver­öf­fent­lich­ten ihre Debüt­al­ben. In Lon­don hat­ten sich bereits 1969 drei afri­ka­ni­sche Musi­ker als Osi­bi­sa zusam­men­ge­schlos­sen und wir­bel­ten 1971 mit ihren ersten bei­den Alben, die von afri­ka­nisch-kari­bi­scher Rock­mu­sik domi­niert wur­den, die LP-Hit­pa­ra­den durch­ein­an­der. Eben­falls aus Groß­bri­tan­ni­en stam­men die bekann­te­ren Jet­h­ro Tull, die mit „Aqu­alung“ 1971 mal eben einen „wesent­li­chen Mei­len­stein der Rock­mu­sik“ vor­leg­ten, wie man­che Kri­ti­ker es zu nen­nen pfle­gen. Zwar ist „Aqu­alung“ anders als die spä­te­ren „Thick as a Brick“ und „A Pas­si­on Play“ kein Kon­zept­al­bum, the­ma­tisch aber sind in den Tex­ten har­sche Gesell­schafts- und vor allem Reli­gi­ons­kri­tik zu fin­den. God, he sto­le the hand­le, and the train, it won’t stop going, no way to slow down. Zahl­rei­che Nach­ah­mer spä­te­rer Jah­re spre­chen eigent­lich für sich.
  • Vor 30 Jahren:
    King Crims­on – Discipline
    Die Musik­welt hat­te sich 1981 wie­der vor­sich­tig auf die eige­nen Bei­ne gestellt. Die Bug­gles hat­ten Yes wie­der ver­las­sen, um sich ihrem zwei­ten und letz­ten Album, pas­send „Adven­tures In Modern Recor­ding“ beti­telt, zu wid­men, und auch sonst schien alles nach Plan zu ver­lau­fen. Robert Fripp fand das aber blöd. King Crims­on betrach­te­te er bereits seit Jah­ren als nicht mehr exi­stent, statt­des­sen zog er mit wech­seln­den Musi­kern, unter ande­rem David Byr­ne, durch die Lan­de und begann immer neue musi­ka­li­sche Expe­ri­men­te. Mit der League of Gen­tle­men mach­te er bereits 1980 („God Save the Queen/Under Hea­vy Man­ners“) typi­schen kom­ple­xen, den­noch tanz­ba­ren 80er-Jah­re-New-Wave. Auf Grund­la­ge die­ser Erfah­run­gen begab sich Robert Fripp noch im sel­ben Jahr auf die Suche nach Musi­kern, mit denen gemein­sam er „impro­vi­sier­te Tanz­mu­sik“ machen woll­te. Schlag­zeu­ger Bill Bruford, zuvor unter ande­rem bei Gene­sis, Yes und King Crims­on aktiv, schloss sich an, es folg­ten Bas­sist Tony Levin und Gitar­rist Adri­an Belew. Unter dem Namen Disci­pli­ne ging man also auf Tour, benann­te sich aber, wohl auch aus markt­stra­te­gi­schen Grün­den, bald in King Crims­on um; mit zwei von vier ehe­ma­li­gen King-Crims­on-Musi­kern immer­hin ein nicht all­zu abwe­gi­ges Unter­neh­men. Dass die neu­en King Crims­on mit den mysti­schen Tex­ten von Peter Sin­field, dem kom­ple­xen Jazz­rock von Alben wie „Lizard“ und dem Pro­gres­si­ve Rock als sol­chem vor­erst nicht mehr viel zu tun hat­ten, täuscht aber nicht dar­über hin­weg, dass sich hin­ter dem mit­un­ter trocken wir­ken­den Klang­ge­bil­de „Disci­pli­ne“ viel Kom­ple­xi­tät ver­birgt, etwa in den poly­me­trisch ver­setz­ten Gitar­ren­läu­fen der bei­den Gitar­ri­sten. Das Ziel Robert Fripps schien jeden­falls erreicht, bis sich die For­ma­ti­on 1986 nach nur drei gemein­sa­men, ein­an­der recht ähn­li­chen Alben vor­erst wie­der auflöste.
  • Vor 20 Jahren:
    Mr. Bungle – Mr. Bungle
    Das Ende der furcht­ba­ren musi­ka­li­schen Deka­de war gleich­zei­tig der Beginn einer bis dahin unge­kann­ten Befrei­ungs­be­we­gung. Die in den 80-ern erlern­ten elek­tro­ni­schen Tech­ni­ken zur Klang­er­zeu­gung dien­ten nun der Krea­ti­on neu­er Spiel­ar­ten von Rock- und Pop­mu­sik. So erfan­den Slint mit Alben wie „Spi­der­land“ qua­si das, was Rezen­si­ons­kas­per heut­zu­ta­ge „Post­rock“ nen­nen. The Fall nah­men mit „Shift-Work“ ein sehr eigen­ar­ti­ges Album auf, das Remi­nes­zen­zen an den New Wave eben­so beinhal­te­te wie den band­ei­ge­nen Expe­ri­men­tal­rock der Mar­ke The Vel­vet Under­ground. Die Gol­de­nen Zitro­nen streck­ten der deut­schen Punk­sze­ne mit dem Album „Punk­rock“ den Mit­tel­fin­ger ent­ge­gen. Mike Pat­ton und sei­ne Mit­strei­ter von Mr. Bungle erklär­ten der­weil Irr­sinn zum musi­ka­li­schen Stil­mit­tel, und das nicht nur musi­ka­lisch, denn die selt­sa­me Mischung aus Jazz­rock, Hard­rock, RIO und Pop (Pop!) wird ergänzt von dem längst berüch­tig­ten, oft irren Gesang Mike Pat­tons, der auch mal in bester Boy­group-Manier (!) Zei­len singt wie etwa: My hand gets tired and my dick gets sore, but the girls of porn want more. Expli­zi­te Lyrik, sozu­sa­gen. Gesang, Bass, Gitar­re, zwei Saxo­fo­ni­sten und ein DJ. Mit dem Nach­fol­ger „Dis­co Volan­te“ haben Mr. Bungle dann noch eine Schip­pe drauf­ge­legt. Man ist geneigt, sich zu fra­gen, wie­so die ein­zi­gen Adap­tio­nen die­ses radi­kal ande­ren Stils (etwa Fan­tô­mas) aus den eige­nen Rei­hen stam­men, ist sich doch sonst auch nur sel­ten ein Nach­wuchs­mu­si­ker zu scha­de, Alt­be­kann­tes neu auf­zu­wär­men. Um so fester bleibt aber die Ein­zig­ar­tig­keit von Mr. Bungle in der Musik­ge­schich­te ver­an­kert. Auch nicht schlecht.
  • Vor 10 Jahren:
    TSOL – Disappear
    Gemes­sen an der Krea­ti­vi­tät der 90-er Jah­re waren die „Nuller“ zwar pro­duk­tiv, aber doch nur wenig erfin­de­risch. Yes‘ Album „Magni­fi­ca­ti­on“ zeig­te, dass der „klas­si­sche“ Pro­gres­si­ve Rock nicht tot war, er hat­te sich nur ver­steckt. Wäh­rend­des­sen ent­wuchs der „Indie-Rock“ den Kin­der­schu­hen, die im Jahr 2000 gegrün­de­ten Yeah Yeah Yeahs hat­ten zwar einen blö­den Namen aus­ge­wählt, brach­ten aber mit dem selbst­be­ti­tel­ten und viel zu kur­zen Erst­ling einen beacht­li­chen Ton­trä­ger unter die Leu­te, das Debüt­al­bum „Fever to Tell“ folg­te zwei Jah­re spä­ter. Bereits seit 1978 exi­stier­te die Hard­core-Punk­band TSOL, die zwi­schen­zeit­lich, wie vie­le ande­re Bands auch, damit zu kämp­fen hat­te, dass nach zahl­rei­chen Umbe­set­zun­gen die Grün­dungs­mit­glie­der wie­der zusam­men­fan­den, die Namens­rech­te an TSOL jedoch ihren „Nach­fol­gern“ gehör­ten. Etwas aus­führ­li­cher doku­men­tiert ist das in der Wiki­pe­dia. 1999 jeden­falls konn­ten die­se Pro­ble­me aus der Welt geschafft wer­den, und man ging wie­der auf Tour. 2001 folg­te, qua­si als „Come­back“, das Album „Dis­ap­pear“, auf dem man sei­nen Wur­zeln treu blieb; die musi­ka­li­sche Ähn­lich­keit mit Bad Reli­gi­on, mit denen die Band befreun­det war, ist unver­kenn­bar. Der Punk folg­te in den fol­gen­den Jah­ren mehr und mehr kom­mer­zi­el­len Pfa­den, als selbst MTV ent­deckt hat­te, was für ein Poten­zi­al in die­ser Musik steckt, TSOL inter­es­siert das aber bis heu­te nicht. Es ist selt­sam, dass Punk noch Jahr­zehn­te nach den Sex Pistols erst dann media­le Auf­merk­sam­keit erhält, wenn er das Dreckig­sein und somit sei­nen Geist auf­gibt. („Opel-Gang“ von den Toten Hosen etwa fand erst groß­flä­chi­ge Beach­tung, nach­dem die Band sich vom kom­pro­miss­lo­sen Punk abge­wen­det hat­te.) Dass das aber auch für ande­re Musik­sti­le gilt, steht außer Fra­ge, der „Geschmack der Mas­sen“ ist eben nicht immer das, was die Mas­se mag, son­dern das, was nach der Mei­nung ein­zel­ner Schlips tra­gen­der Ent­schei­der in der Mas­se auf die gering­ste Miss­gunst trifft. Scha­de. Auch des­halb soll­te man TSOL noch ein wenig häu­fi­ger prei­sen. Ich habe das dann jetzt mal erledigt.

Und damit sind wir auch schon am Ende des 1. Halb­jah­res ange­langt. Das 2. Halb­jahr beginnt mit Yes, das ist jetzt schon klar. Eini­ge Alben von 2011 schlum­mern auch noch unge­hört in mei­nem Fun­dus und wer­den gege­be­nen­falls nach­ge­reicht. Was sonst noch kommt? Wir wer­den sehen!

Soll­te ich der­weil ein bereits erschie­ne­nes, hörens­wer­tes Album über­se­hen haben, so bit­te ich viel­mals um Ver­zei­hung und um ent­spre­chen­den Hin­weis, auf dass ich die­sen Faux­pas bald­mög­lichst aus­zu­bü­geln kann.

Anson­sten hof­fe ich, dass ihr, die ihr dies hier lest, in mei­ner wir­ren, abschrecken­den Musik­aus­wahl auch eini­ge Per­len ent­deckt, die euch genau so gut gefal­len wie mir.

Rück­mel­dung ist jeder­zeit willkommen.

Seri­en­na­vi­ga­ti­on« Musik 12/2010 – Favo­ri­ten und Ana­ly­seMusik 12/2011 – Favo­ri­ten und Analyse »

Senfecke:

  1. Kom­me im Moment nicht dazu, mir alles durch­zu­le­sen. Aber Dei­ner Wort­wahl, wie

    …ich hof­fe, dass sie nicht jedem von euch blo­ßes Miss­fal­len bereitet…

    …in mei­ner wir­ren, abschre­cken­den Musikauswahl…

    sind Zwei­fel, Selbst­zwei­fel, wenn nicht sogar Panik zu entnehmen.

    • Ich nen­ne es gebo­te­ne Zurück­hal­tung. Ent­spre­chend ver­nich­ten­den Kom­men­ta­ren ver­su­che ich so schon vor­her die Grund­la­ge zu entziehen.

    • Bis jetzt war der Ver­such der­ma­ßen klas­se, dass nicht mal dem ande­ren Tux ein ver­nich­ten­der Kom­men­tar ein­ge­fal­len ist

  2. Erfüllt die­ser Bei­trag nicht irgend­wel­che Straf­tat­be­stän­de? Man­no­mann, ich lese seit drei Tagen und bin immer noch nicht durch. Läng­ste Blog­post Ever. Habe mir aber mal eini­ge Bands die ich so noch nicht kann­te, instapapert.

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