MusikPersönliches
Mein Musik­fa­schis­mus

„Ich wür­de mich als einen Musik­fa­schi­sten bezeichnen.“

Dies ist mei­ne Ant­wort, wenn in gesel­li­ger Run­de das eigent­lich unver­meid­li­che The­ma der musi­ka­li­schen Vor­lie­ben aufs Tapet kommt. Und obgleich nie­mand bis­lang die­se Ant­wort zum Anlass nahm, mir einen gefähr­li­chen Hang zu Grö­ßen­wahn, Welt­krie­gen und Völ­ker­mord zu unter­stel­len, möch­te ich dem doch an die­ser Stel­le ein wenig Erläu­te­rung zuteil wer­den lassen.

Mei­ne musi­ka­li­sche Sozia­li­sie­rung fand über vie­le Umwe­ge statt. Ich wuchs auf in einer Welt zwi­schen NDR 1 Radio Nie­der­sach­sen, das im Auto mei­nes Opas lief, wenn ich dort mit­fuhr, und das war recht oft der Fall, und NDR 2, das die mor­gend­li­che Früh­stücks­be­schal­lung bil­de­te, lan­ge, bevor es das anfangs lobens­wer­te Radio 21 und ähn­li­che Kon­kur­renz gab. So gern ich auch als Kind schräg mit­sang („Palo­so­ma Gei­er, oh oh oh oh oh“), so wenig wür­de ich die Akzep­tanz die­ser Beschal­lung als „Musik­ge­schmack“ bezeich­nen. Die Titel­me­lo­die des Sand­männ­chens ist ja eben­falls sel­ten Bestand­teil irgend­ei­nes „Musik­ge­schmacks“.

Im Alter von etwa 13 Jah­ren ent­deck­te ich, mehr durch Zufall, dass es noch mehr Sen­der gibt. Das, was man gemein­hin als „Jugend­kul­tur“ bezeich­net, drang in Form von N‑Joy Radio an mein Ohr. Dass die Mode­ra­to­ren sich selbst für unglaub­lich lustig hiel­ten, erschien mir damals zwar auch schon eher bizarr, aber hat kaum gestört; der Musik­an­teil war aus­rei­chend groß, und es wur­de nicht stünd­lich der glei­che Unrat gespielt. (Im Ver­lauf mei­ner spä­te­ren Jugend schaff­te es nur noch BFBS 1, als Radio­sen­der von mir für hörens­wert befun­den zu wer­den.) Von N‑Joy Radio zu dum­men Ideen ver­lei­tet kauf­te ich mir etwa zu die­ser Zeit auch mei­ne ersten bei­den Ton­trä­ger, die Sin­gle „It’s Like That“ von Run‑D.M.C. „vs“ Jason Nevins – das „vs“ ver­ste­he ich bis heu­te nicht – und eine der „Just The Best“-Kompilationen, gleich­sam mein Ein­stieg in die Welt der BRA­VO-Hits-CDs. Hät­te man mich zu die­ser Zeit nach mei­nem „Musik­ge­schmack“ befragt, ich hät­te ver­mut­lich „Radio“ geant­wor­tet. In dem Alter war ich so schreck­lich leicht zu beein­drucken. Ich wur­de tat­säch­lich eines Tages, eini­ge Jah­re spä­ter, nach mei­nen Lieb­lings­mu­si­kern gefragt. Mei­ne Ant­wort „Otto und Jür­gen von der Lip­pe“, über deren von der Gitar­re beglei­te­te Blö­de­lei­en ich mich noch scheckig lachen konn­te, wur­de mit einem Blick, der mich sicht­lich als Spin­ner titu­lier­te, und Kopf­schüt­teln bedacht. Obwohl ich also durch­aus schon für Musik im wei­te­ren Sin­ne zu begei­stern war, fehl­te mir noch immer ein eigent­li­cher Musik­ge­schmack. Ich „moch­te“ vie­les, hat­te auch schon man­cher­lei schreck­li­che Ton­trä­ger im Regal ste­hen, jedoch war der „Aha“-Moment bis dahin ausgeblieben.

Die­ser Moment kam mit mei­ner ersten Lebens­ab­schnitts­part­ne­rin, die nicht nur ver­ge­bens ver­such­te, mich zu einem halb­wegs nor­ma­len Men­schen zu machen, son­dern mir auch die Welt der Musik jen­seits stu­pi­der Unter­hal­tungs­mu­sik erschloss. Am Tele­fon spiel­te sie mir „Venus in Furs“ oder „Hero­in“ – ich weiß es nicht mehr so genau – von The Vel­vet Under­ground vor, was mich schau­dern ließ, weil die, wie der ver­sier­te Musik­freund längst weiß, Weg wei­sen­den Klän­ge am Tele­fon wahr­lich nicht nach Musik klan­gen. Über mein Miss­fal­len war sie recht ent­täuscht. Nun war es die Zeit von KaZaA und Audio­ga­la­xy, und so gewähr­te ich The Vel­vet Under­ground spä­ter eine zwei­te Chan­ce, die dann auch zum gewünsch­ten Erfolg führ­te; das Debüt­al­bum der Band war der Ein­stieg in die Welt der wirk­lich guten Musik. Aber war es ein „Musik­ge­schmack“? Sioux­sie and the Bans­hees fin­de ich nach wie vor öde, Sonic Youth nur in eini­gen Momen­ten wirk­lich gran­di­os (etwa auf ihrem Album „Goo“), und auch all die ande­ren Grup­pen, die The Vel­vet Under­ground als ihre Vor­bil­der bezeich­nen und mit­un­ter immer­hin ähn­lich klin­gen wol­len, haben mich bis­lang, anders als die­se, nicht in blin­den Kauf­rausch ver­set­zen können.

Von The Vel­vet Under­ground führ­te der Weg durch das Inter­net mich über die spä­ten Beat­les zum Pro­gres­si­ve Rock; The Vel­vet Under­ground waren ja auch bereits pro­gres­siv, nur eben anders, da sind die Ver­bin­dun­gen trotz des doch recht ande­ren musi­ka­li­schen Prin­zips erstaun­lich schnell geknüpft. Erst stieß ich auf die eigent­lich unver­meid­li­chen Yes, dann alles, was wie Yes klang (Yez­da Urfa, Star­cast­le, …), dann Gent­le Giant und Van der Graaf Gene­ra­tor, King Crims­on folg­te schließ­lich mit eini­ger Ver­zö­ge­rung. Nur Gene­sis fand ich immer schon ein wenig ner­vig. Ist Pro­gres­si­ve Rock ein „Musik­ge­schmack“? Als Sam­mel­be­griff nur schwer­lich taug­lich, zumal mir vie­le Prot­ago­ni­sten des Pro­gres­si­ve Rock (The Flower Kings, The Mars Vol­ta, …) bis heu­te schlicht­weg auf die Ner­ven gehen. Also blieb mir auch in der Yes-Sam­mel­pha­se ein eige­ner Musik­ge­schmack ver­wehrt. Was sich statt­des­sen ent­wickel­te, war eine Aver­si­on gegen die Hel­den mei­ner Jugend. Die neue Klang­welt, in die ich täg­lich ein­tauch­te und die mich mit­nahm auf eine Rei­se durch sur­rea­le Land­schaf­ten (immer­hin habe ich so letzt­lich viel Geld für hal­lu­zi­no­ge­ne Dro­gen gespart), hielt mich der­ma­ßen gefan­gen, dass mich der Gru­sel­pop etwa eines Elton John und eines Meat Loaf tat­säch­lich zu schmer­zen begann. Ich hielt gewöhn­li­che Mas­sen­mu­sik nicht mehr aus. Irgend­ein Quatsch­blatt hat ein­mal sinn­ge­mäß gefragt: Kann Musik eine Dro­ge sein? Nun: Sie kann.

(Da Musik mehr ist als Melo­die und Kon­gru­enz, soll an die­ser Stel­le nicht uner­wähnt blei­ben, dass ich trotz der wun­der­ba­ren Gefühls­welt, die sich mir mit den Klang­wel­ten erschloss, auch wei­ter­hin Neben­pfa­de beschritt, etwa in Gesell­schaft von Damen, die nicht immer offen waren für mei­ne skur­ri­len musi­ka­li­schen Vor­lie­ben. Dien­ten die­se von Beginn an der Erkun­dung neu­er Pfa­de, so blieb noch Platz für Musik zur Bewäl­ti­gung eher welt­li­cher Gefüh­le. Mit dem „Sound­track mei­nes Lebens“ – so etwas soll­te eigent­lich jeder Mensch besit­zen – untrenn­bar ver­bun­den sind und blei­ben so die Tex­te der Ärz­te, der Toten Hosen und der Fan­ta­sti­schen Vier. Aber das ist eine ande­re Geschichte.)

Der näch­ste und bis­lang letz­te Schritt auf dem Weg durch pro­gres­si­ve Traum­wel­ten führ­te mich zum Post­rock von Mog­wai, Oce­an­si­ze und Dear John Let­ter, qua­si als Ergän­zungs­dro­ge: Sind The Vel­vet Under­grounds und Yes‘ Stu­dio­wer­ke für den schnel­len Schuss auf dem Sofa geeig­net, so muss es bei den Postrockern ein Kon­zert oder min­de­stens eine Live­auf­nah­me sein. Es ist weni­ger ein Trip, mehr eine inten­si­ve Trance; doch auch die­se Dro­gen­me­ta­pher soll nicht davon ablen­ken, dass es letzt­lich auch nur Musik bleibt. Ist nun also Post­rock end­lich ein „Musik­ge­schmack“, mit dem ich mich iden­ti­fi­zie­ren kann? Wie­der­um muss ich die­se Fra­ge ver­nei­nen; zu viel­schich­tig ist der Post­rock, zu sel­ten weiß mich eine bis dahin unge­hör­te Musik­grup­pe aus dem Gen­re zu begeistern.

Die Suche nach einem Musik­ge­schmack blieb somit bis­lang erfolg­los, brach­te aber einen neu­en Wesens­zug mit sich: Der Spaß an einem gemüt­li­chen Bei­sam­men­sein stell­te sich bei mir nicht mehr ein, wenn schreck­li­che Musik lief. Vor ein paar Jah­ren nahm ich an einer Abschluss­fei­er teil. Es war eine herr­li­che Ver­an­stal­tung, bis ein Teil­neh­mer beschloss, es sei eine gute Idee, uns alle mit Rap­mu­sik (kei­nes­falls die oben erwähn­ten Fan­ta­sti­schen Vier, viel­mehr stand einer der niveau­lo­sen Ver­tre­ter zur Dis­kus­si­on) zu erfreu­en. Ich hör­te mich sagen: „Mach das an und ich bin weg.“ Sicher, ich war zu vor­ge­rück­ter Stun­de bereits nicht mehr unein­ge­schränkt nüch­tern und somit noch weni­ger anstän­dig als dies übli­cher­wei­se der Fall ist, aber die­se Erin­ne­rung wirft die Fra­ge nach dem eigent­li­chen Beweg­grund auf. Inzwi­schen mei­ne ich eine wenig absur­de Erklä­rung gefun­den zu haben: Wer ein­mal die Bedeu­tung der Musik erkannt hat, der sieht die Lärm­be­lä­sti­gung durch die so genann­te „Jugend­kul­tur“ fort­an mit ande­ren Augen bzw. hört sie mit ande­ren Ohren. Eine qua­si­mi­li­tan­te Ableh­nung von Klän­gen, die nicht dem eige­nen Qua­li­täts­stan­dard ent­spre­chen: Ich wür­de dies als Musik­fa­schis­mus bezeichnen.

„Ich über­ge­be dem Feu­er die Klän­ge von Bushi­do, DJ Mot­te und Han­nah Montana!“

Mei­ne Geschwi­ster haben inzwi­schen ein Alter erreicht, in dem auch sie auf der Suche sind nach dem „Aha“-Moment, dem Ohr­gas­mus sozu­sa­gen. Der­zeit irren sie zwi­schen BRA­VO-Titel­fi­gu­ren und Deutsch­rock her­um und las­sen mich mit­un­ter dar­an teil­ha­ben. Ich bin zwar dar­ob nur sel­ten unge­hal­ten, stel­le aber doch fest, dass eben der Musik­fa­schis­mus kei­ne zeit­wei­li­ge Erschei­nung blieb. Im Grun­de ist er die Kon­se­quenz aus mei­nen Erleb­nis­sen wäh­rend mei­ner ersten Geh­ver­su­che mit The Vel­vet Under­ground, aus der von dem Gru­sel­pop etwa eines Elton John und eines Meat Loaf erlit­te­nen Pein. So neu war der Wesens­zug also nicht ein­mal; er hat­te sich nur gefestigt.

Ich habe noch immer kei­nen „Musik­ge­schmack“. Es wäre mit­un­ter ange­nehm und ver­mut­lich deut­lich preis­wer­ter, hät­te ich einen.
So aber blei­ben mir die gesun­de Aver­si­on gegen­über man­cher­lei Ton­auf­nah­men und der stän­di­ge Durst nach Neu­em. Der­zeit im Zen­trum mei­nes Inter­es­ses ste­hen Live­auf­nah­men von Bob Dylan aus der Zeit um 1966.

Fort­set­zung folgt.

Senfecke:

  1. gut das sich über „geschmäcker“ strei­ten läßt.
    aber ich war froh als ich mei­ne ersten plat­ten /cd´s kau­fen konnte ..
    bzw. mei­nen ersten kassetten/radio play­er bekam und nim­mer die musik mei­ner eltern ertra­gen mußte.

    heu­te lei­den sie bei mir :)
    wenn sie mal bei mir zu besuch sind ..
    oder bei mir im auto mit­fah­ren „durf­ten“

    aber wie immer ein „fes­seln­der“ text .. und ich konn­te bild­lich dei­ne ver­dreh­ten augen sehen und dein schmerz­ver­zerr­tes gesicht ..
    beim dran den­ken was ande­re als „ihre“ lieb­lings­mu­sik nen­nen und ger­ne hören. :mrgreen:

  2. Mit Ver­gnü­gen gele­sen, danke.

    Kann ne gan­ze Men­ge davon nach­emp­fin­den, vor allem auch das Schmecken­ler­nen durch gute Freunde.

    Zu mei­ner Zeit (1975) habe ich übri­gens auf NDR2 noch Zap­pa ken­nen­ge­lernt und auch van der Graaf (und sogar die Scherben!).

    Wen du viel­leicht noch mal ent­decken soll­test ist Fela Kuti. Wird dir gefallen.

  3. Dan­ke, wer­de mal ein Ohr ris­kie­ren. (1975; auch schon wie­der ein Jubi­lä­um eigentlich.)

    Zap­pa mag ich nicht. ;)

  4. Hi(gh)!

    (auf dei­nem Bild­schirm erscheint dro­hend die Öff­nung einer gigan­ti­schen Senf­tu­be, du kannst gera­de noch seit­lich den Schrift­zug „MADE IN KHYBERSPACE“ lesen, bevor Cra­zy Yad­gar zudrückt und sich meh­re­re Kubik­ki­lo­me­ter gel­ber Pam­pe in alle Win­kel dei­ner Web­prä­senz ergießen!)

    Dem kann ich eigent­lich nichts hin­zu­fü­gen, es geht mir ganz ähn­lich, vor allem im Hin­blick auf Yes.

    Ange­fan­gen hat es aber doch in ande­ren Musik­re­gio­nen: nach einer 70er-Jah­re-Kind­heit mit ZDF-Hit­pa­ra­de, James Last, Hei­no und La Mon­tan­a­ra schwapp­te erst ein­mal die Neue Deut­sche Wel­le (von der ja bekannt­lich nicht ein­mal Die­ter-Tho­mas Heck ver­schont blieb) in das Köln-Wei­den­pe­scher Drei­zim­mer-Wohn­klo, in dem Tee­nied­ödel-Yad­gar sei­ne Puber­tät durch­litt… und das war dann, zusam­men mit dem dama­li­gen Rock’n’Roll-Revival mein frü­he­ster eige­ner Musik­ge­schmack (nach­dem ich zwar schon mit neun Jah­ren hin und weg von Jean-Michel Jar­re war (Equinoxe V), mei­nen Geburts­tags­wunsch nach einer Jar­re-Cas­set­te für den fami­li­en­ei­ge­nen „Astrosound“-Mono-Recorder nicht zu arti­ku­lie­ren wag­te): Hubert Kah, Joa­chim Witt und vor­ne­weg Shakin‘ Ste­vens und die in die­sem Zusam­men­hang damals unver­meid­li­che Spi­der Mur­phy Gang. So weit, so gewöhn­lich. Dann geschah aber am 12. März 1983 schier Uner­hör­tes: in der Fuchs­ber­ger-Show „Auf los geht’s los“ trat eine selt­sa­me Kon­ser­va­to­ri­ums-Trup­pe aus Mün­chen auf, die doch tat­säch­lich neu­deutsch gewell­ten Wag­ner­pop spiel­ten und sich allen Ern­stes „Zara-Thu­stra“ nannten!

    Ich war unmit­tel­bar begei­stert – nicht so sehr von dem an jenem Abend kon­kret zum Besten gege­be­nen Lied „Eis­kalt“ (dem Titel­stück ihrer ersten LP und gleich­zei­tig der ersten dar­aus aus­ge­kop­pel­ten Sin­gle), son­dern viel­mehr von dem Gesamt­kon­zept und vor allem dem Band­na­men. Zara-Thu­stra – vor dem inne­ren Auge eines 13jährigen mit Inter­es­se an anti­ker Geschich­te (und dort vor allem an den Regio­nen öst­lich des klas­si­schen Grie­chen­lands) spiel­te sich da ein gan­zes Asso­zia­ti­ons­feu­er­werk ab. Die Plat­te muss­te ich haben! So wur­de „Eis­kalt“ von Zara-Thu­stra zu mei­ner aller­er­sten selbst gekauf­ten Schall­plat­te – und erst ein­mal zu einer her­ben Ent­täu­schung. Ich weiß nicht so genau, was ich denn eigent­lich erwar­tet hat­te – aber so vom Hocker wie „Skan­dal im Sperr­be­zirk“ riss mich die Musik nun wahr­lich nicht, es war halt kein simp­ler Rock zum Abhot­ten. Mei­ne zwei­te selbst gekauf­te Schall­plat­te wur­de folg­lich „Hei­ße Zei­ten“ von Gei­er Sturz­flug (mit „Brut­to­so­zi­al­pro­dukt“)… da ging dann wie­der die Post ab.

    Zwi­schen­zeit­lich bekam ich end­lich ein eige­nes Zim­mer, mit eige­nem Radio (das an Weih­nach­ten 1983 einem schicken watt­star­ken Ghet­to­bla­ster – Sharp GF-7300 – wich), fand dann irgend­wann her­aus, dass UKW viel bes­ser klingt als das seit vie­len Jah­ren stan­dard­mä­ßig ein­ge­stell­te Radio-Luxem­burg-Gedu­del auf Mit­tel­wel­le – und blieb bei WDR 2 hän­gen. Das war dann end­lich (damals!) das weit offe­ne Tor ins Rock- und Pop-Uni­ver­sum und der eigent­li­che Beginn mei­ner rock­mu­si­ka­li­schen (im wei­te­sten Sin­ne) Sozialisation.

    Unge­fähr gleich­zei­tig war das zwei­te Album von Zara-Thu­stra erschie­nen, „Psy­cho­po­ly“ – und dies­mal war es eine musi­ka­li­sche Offen­ba­rung, schon das von einem Orche­ster­pau­ken-Cre­scen­do ein­ge­lei­te­te monu­men­ta­le Kir­chen­or­gel-Intro vom ersten Titel „Ad libi­tum“ nahm mich völ­lig gefan­gen, mehr, mehr, mehr davon!!! Ver­ges­sen war der Frust über den man­geln­den Abrock-Fak­tor von „Eis­kalt“, jetzt erst wur­de ich ein wirk­li­cher Zara-Thu­stra-Fan… …übri­gens ent­hält „Eis­kalt“ tat­säch­lich einen iro­ni­schen Kom­men­tar zum Rock’n’Roll-Revival der frü­hen 80er Jah­re: „Schi­del didel dei“ („ich hab‘ die tol­le Locke, Cha­os wenn ich rocke!“)!

    Und auf WDR 2 gab es täg­lich Neu­es zu ent­decken (und mit­zu­schnei­den – fort­an ging ein gro­ßer Teil mei­nes Wochen­end­job-Ein­kom­mens für BASF-Leer­cas­set­ten drauf…), allem vor­an „Schwin­gun­gen“, Win­frid Tren­k­lers Elek­tro­nik-Sen­dung (wir erin­nern uns: Jean-Michel Jar­re!), die mich ab dem 5. Janu­ar 1984 elf Jah­re lang mit nie vor­her gehör­ten Sphä­ren­klän­gen und Sequen­zen ohne Gren­zen (O‑Ton Rhein­gold, „Drei­klangsdi­men­sio­nen“) versorgte…

    Und da lern­te ich sie dann ken­nen, die Syn­the­si­zer­hel­den der Vor-Tech­no-Arä (laut Lar­ry „Syn­er­gy“ Fast las­sen mitt­ler­wei­le jün­ge­re Pophi­sto­ri­ker die Geschich­te der elek­tro­ni­schen Musik mit Tech­no begin­nen – und unter­schla­gen alles Vor­an­ge­gan­ge­ne!), die bis auf den heu­ti­gen Tag Dau­er­gast in mei­nen Musik­an­la­gen sind: Jean-Michel Jar­re, Kraft­werk, Micha­el Rother, Ashra, Tan­ge­ri­ne Dream, Klaus Schul­ze, Syn­er­gy ali­as Lar­ry Fast und… …Van­ge­lis.

    Über letz­te­ren bin ich dann auch schließ­lich und end­lich zum Pro­gres­si­ve Rock und ins­be­son­de­re zu Yes gekom­men – nach­dem mei­ne aller­er­ste Begeg­nung mit Yes, wie könn­te es anders gewe­sen sein, natür­lich „Owner of a Lonely Heart“ war (ganz nett, aber nichts Welt­be­we­gen­des) und ich eini­ge Mona­te spä­ter, als auf WDR 2 in der Rei­he „Bands on stage“ unter dem Mot­to „Sophi­sti­ca­ted Rock“ tat­säch­lich „Heart of the Sun­ri­se“ von der „Yessongs“-Live-Triple-LP spiel­te mit die­sem wil­den, chao­ti­schen Getö­se (und dann noch die­ser abge­dreh­te Song­ti­tel, „Herz des Son­nen­auf­gangs“, was haben die geraucht?!?)
    erst­mal gar nichts anfan­gen konnte.

    Aber das erste Van­ge­lis-Stück, das mir auf „Schwin­gun­gen“ zu Ohren kam, war „Hori­zon“ vom damals aktu­el­len Jon & Van­ge­lis-Album „Pri­va­te Coll­ec­tion“ – und da sang natür­lich Jon Ander­son von Yes. So war ich zumin­dest schon ein­mal auf die­se abso­lut unver­wech­sel­ba­re Stim­me hin sen­si­bi­li­siert, auch wenn mei­ne wei­te­re pas­siv-musi­ka­li­sche Ent­wick­lung (zur aktiv-musi­ka­li­schen: hier) zunächst in ande­ren Bah­nen ver­lief: Duran Duran, Chi­na Cri­sis, Matt Bian­co, spä­ter dann die Simp­le Minds und ein vor­sich­ti­ges Ein­tau­chen in die Wave-Sze­ne (damals auch „Inde­pen­dent“, heut­zu­ta­ge eher „Gothic“ oder „Dark Wave“ genannt).

    Ab 1988 erkun­de­te ich dann auf Floh­markt-LPs deut­sche Bands der 70er Jah­re, die ich damals nai­ver­wei­se für Kraut­rock hielt, die aller­dings, wie ich heu­te dank der „Baby­blau­en Sei­ten“ weiß, mit Aus­nah­me von Guru Guru größ­ten­teils gar kein Kraut‑, son­dern ein­fach deut­scher Pro­gres­si­ve Rock waren (Nova­lis, Eloy, Jane, Epi­taph). Da war dann der Schritt über den Ärmel­ka­nal nur logisch… womit ich dann Anfang der 90er end­lich bei Yes ange­kom­men war. Und bei Gene­sis… und bei Jet­h­ro Tull… bei Pink Floyd… bei Emer­son, Lake & Pal­mer… nur King Crims­on, die habe ich nie verstanden!

    Bis bald im Khyberspace

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