Oh, Twitter regt sich gerade auf. Der Anlass? Ausnahmsweise mal was mit Computern:
Die Deutsche Telekom will auf verschiedene Weise die Sicherheit im Netz erhöhen. Neben einem speziellen Angebot für Unternehmen ist auch ein innerdeutscher Internetverkehr in Vorbereitung.
…, was nach der NSA-Sache natürlich ein an sich verständlicher Schritt ist. Nun gibt es offenbar Leute, denen es gar nicht undeutsch genug sein kann, und auch Mario Sixtus zieht die Nachricht auf eine seltsame Ebene:
Nicht das Internet ist (sic!) muss man reparieren, sondern das Konzept Nationalstaat.
Hübsch, aber Thema verfehlt. Dass Mario Sixtus auf einen konstruktiven Vorschlag, was der Nationalstaat künftig besser machen sollte, verzichtet, ist selbstredend seine eigene Entscheidung; wer „gegen“ etwas ist, muss ja nicht automatisch „für“ irgendetwas anderes sein. „x ist scheiße!“ ist eben eine griffige Parole, die man auch betrunken grölen kann (deswegen sind die Parolen „Nazis raus!“ und „Atomkraft nein danke!“ vermutlich auch so beliebt; „raus aus wo und rein wohin?“ intonierte einst Schorsch Kamerun von den Goldenen Zitronen), denn wer dann noch nach der Lösung y fragt, der ist kein Diskussionspartner mehr, sondern politischer Gegner. „National“ ist anscheinend auch so ein Wort, das die dunklen Seiten menschlicher Ideale zum Vorschein bringt.
Das Konzept Nationalstaat hat mit dem Internet allerdings erst mal nicht viel zu tun. Was die Telekom hier wohl meint, ist ein Routing über Server, die in den Grenzen deutscher Jurisdiktion stehen:
Die technischen Vorbereitungen seien weniger aufwendig als zunächst gedacht. Somit könnte der innerdeutsche Internetverkehr künftig auch allein über rein deutsche Leitungen abgewickelt werden.
Was klingt wie die bekannte Szene aus dem Asterix-Band „Das Geschenk Cäsars“ (ich habe nichts gegen Daten, einige meiner besten Freunde sind Daten; aber diese Daten da, die sind nicht von hier!), ist zumindest nett gemeint. Die Idee dahinter: Daten, die über unsere eigenen Server laufen, können ausländische Dienste weniger leicht mitschneiden als Daten, die wir ihnen quasi auf dem Präsentierteller vorlegen. Bundespudel Friedrich hat auch schon eine tolle Ergänzung vorgeschlagen:
Im Laufe der Koalitionsverhandlungen hatte der amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bereits einen regionalen E‑Mail-Verkehr ins Spiel gebracht, der gesetzlich vorgeschrieben werden sollte.
Regionaler Mailverkehr ließe sich ja zum Beispiel schon umsetzen, indem man sich einfach einen Mailserver auf ’nem im Inland gemieteten System einrichtet, aber ich befürchte, Hans-Peter Friedrich steht der Sinn vielmehr nach der chronisch defekten „E‑Mail Made in Germany“ – natürlich mit ausländischem Motto – oder wie auch immer man das hinterher nennen möchte.
Das geplante System solle, so heißt es, Teil eines Gesamtkonzepts werden, dessen Zweck es sei, NSA, GCHQ und so weiter auszusperren:
Um Hintertüren auszuschließen, stammen demnach sensible Komponenten vom Internetrouter bis zum Cloud Computing von deutschen Anbietern, die nicht mit ausländischen Geheimdiensten kooperieren.
Von deutschen Geheimdiensten und Behörden fällt kein Wort, was wenig überrascht, bedenkt man, dass Hans-Peter Friedrich noch vor wenigen Jahren vornehmlich als Verfechter des Einsatzes von Schadsoftware seitens deutscher Kriminalbeamter gegen deutsche Bürger die Titelseiten von Nachrichtenmagazinen aller Art geschmückt hat. Klar, dass man sich von so einem Typen – ich möchte nochmals das mit dem Ausdemamtjagen vorschlagen – seine Kommunikation standardisieren lassen möchte, oder?
Zurück zum Thema: Die Telekom möchte also künftig so wenige Daten wie möglich unnötigerweise durch’s Ausland transportieren. Das ist, wie schon erwähnt, grundsätzlich lobenswert, aber es wird am Benutzer scheitern. Deutsche Leitungen hin und/oder her: So lange Facebook, Google, Microsoft und Apple ihre clouds von Amerika aus betreiben, opfert die vielzitierte Oma Lieschen lieber ihre digitale Mündigkeit als sich mit so Computerkram zu beschäftigen. Die quelloffenen Lösungen wie Diaspora*, ownCloud und Roundcube Mail stehen für die Generation „Hauptsache schnell“ in keinem praktikablen Kosten-Nutzen-Verhältnis.
„Alle meine Freunde sind auf Facebook“, was man eben so „Freunde“ nennt, und das deutsche Internet hat dafür auch keine Lösung. Wie kann man es besser machen? Nun, zum Beispiel, indem man nicht die Symptome, sondern die Ursache an der Wurzel bekämpft: Auf diplomatische Beziehungen mit dem Schurkenstaat USA kann Deutschland gut und gern verzichten. Wir haben keine billigen Rohstoffe, für die sich eine Bombardierung lohnen würde.
Aber wer kauft uns dann die Panzer ab?
Schön, wenn das Konzept eines deutschen Internet genauso aussehen würde wie jenes der Chinesen
Nur, dass es nicht geklaut ist.
Twitter regt sich auf und es geht nicht um Frauen? Was ist da los?
Um Frauen geht es auch gerade, aber darüber berichten die Medien natürlich mal wieder nicht.