Schade: Die Junge Union Köln hat sich von Luca Leitterstorfs, der merkwürdigerweise laut eigener Aussage bislang erst einmal als Fanatiker bezeichnet wurde, geistigem Brei distanziert – wahrscheinlich ist er ihr noch zu gemäßigt. „Rechts von uns darf es nichts geben“, so oder so ähnlich drückte es doch F. J. Strauß aus (reimt sich). Jetzt ist er (der F. J., nicht der Luca) tot, tja.
Schützenhilfe bekommt er (der Luca, nicht der F. J.) von Erika Steinbach, der langjährigen Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, die gestern per Twitter verlauten ließ:
Die NAZIS waren eine linke Partei. Vergessen? NationalSOZIALISTISCHE deutsche ARBEITERPARTEI.….
Kurz hinsetzen, sacken lassen, nachdenken, eventuell empören. Die spontane Reaktion der meisten Leser dieses Tweets schien die ersten drei Schritte zu überspringen: Wenn jemand sein Leben lang „links“ sein wollte, nur um „gegen Hitler“ zu sein, wäre es natürlich ärgerlich, wenn er dafür stattdessen rechts sein müsste, würde das doch klar zeigen, dass seine einzige politische Überzeugung ein stumpfes „dagegen!“ ist. Hitler, der linke Lümmel.
„Alles ist so, wie es ist, weil es so ist.“
– Die Goldenen Zitronen: Fin de millénaire
Sacken lassen und nachdenken: Der Erfolg der NSDAP war eine unmittelbare Folge der Wirtschaftskrise gegen Ende der 20-er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Dass die NSDAP auch politisch linke Ideen als Kernpunkte führte, ist sicher nicht verkehrt, aber ein wenig Differenzierung ist schon vonnöten.
Erstens: Nationalsozialismus.
Der nationale Sozialismus bezeichnet zunächst einmal den Kompromiss aus Nationalismus und Sozialismus, zwei konkurrierenden politischen Strömungen im deutschen Kaiserreich. Vorrangiges Ziel war eine starke Gemeinwirtschaft zum Zwecke des Wohlergehens des deutschen Volkes und seiner Stärkung gegenüber den herrschenden Klassen. Dass Mitglieder des Nationalsozialen Vereins, aufgelöst nach einer Wahlniederlage im Jahr 1903, später die Vorläuferparteien der F.D.P., ursprünglich Teil einer linksliberalen Strömung, gründeten und die nun nicht gerade als faschistisch bekannte SPD sich mit dem Kriegssozialismus zur ersten nationalsozialistischen Partei Deutschlands machte, sollte klar machen, dass die politischen Schubladen „links“ und „rechts“ schon vor hundert Jahren inhaltlich völlig überholt waren.
Sozialistische Kriegswirtschaft hatte Deutschlands Bündnispartner Josef Stalin, der das mit dem völkischen Denken auch ganz gut konnte, ebenfalls im Angebot, so unterschiedlich waren die beiden Staaten anscheinend keinesfalls; wer ist „links“, wer ist „rechts“? Was der sozialistischen Sowjetunion zum Rechtssein also noch fehlte, war der offensive Rassenhass. Wird eine linke Partei zu einer rechten Partei, wenn sie derlei propagiert?
„Begriffe wie links und rechts basieren auf einer klassischen Definition von Arbeit, die mit der Informationsgesellschaft nicht mehr viel zu tun haben.“
– Marina Weisband
Die Betonung beim Nationalsozialismus sollte wahrscheinlich eher auf dem ersten Bestandteil – Nationalsozialismus – liegen, um klarzumachen, was die NSDAP eigentlich oberflächlich von der SED unterschied. Und apropos SED:
Zweitens: Arbeiterpartei.
Gegründet wurde die DAP (später NSDAP) von Arbeitern, ihr Wesen wie auch das Wesen des Nationalsozialismus‘ war es, wie beschrieben, die Arbeiterklasse zu stärken. Auch das galt jedoch explizit für die deutschen, arischen Arbeiter, deren gesellschaftlicher Aufstieg zu Kämpfern für das Vaterland an den real existierenden Sozialismus im Arbeiter- und Bauernstaat – arbeite hart für dein Volk, wie es dein Volk auch für dich tut – erinnern mag, der mit dem, was die Ewiggestrigen unter „rechts“ verstehen, kaum Gemeinsamkeiten aufweist, aber anscheinend gibt es guten und schlechten Nationalismus. Der Nationalismus von DDR, China und Sowjetunion war prima, weil er halt nicht auf (west-)deutschem Boden stattfand. Weit weg, interessiert uns nicht. Andere nationalistische und sozialistische Staaten haben ihre Völkermorde eben weniger werbewirksam aufgezogen. Die DDR, immerhin, hat auf einen solchen verzichtet. Ist sie damit der einzige „linke“ von den genannten Staaten gewesen?
Wer im Übrigen den Fehler macht, Nationalismus und Patriotismus miteinander zu verwechseln, dem erscheint diese ganze Diskussion wahrscheinlich vollkommen deplatziert. Zur groben Orientierung dies: Die USA sind patriotisch, Frankreich ist nationalistisch. Man sollte Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Faschismus nicht unbedingt immer gleichsetzen, auch, wenn das eigene Weltbild dadurch schön einfach wird. Links ist sozial und sozial ist gut, liebe Grüße auch an Fidel Castro; rechts ist (blöd und) national und die Nation ist böse, wenn sie halt nicht gerade den eigenen Lebensunterhalt finanziert. JU: Neukonservativ, rechts! Natürlich mit Ausrufezeichen, bitte gebrüllt mit rollendem „r“ vorstellen.
Und überhaupt, Frau Steinbach, da wir gerade beim Differenzieren sind: „Die NAZIS“ waren gar keine Partei, sie waren Mitglieder einer solchen – und nicht einmal immer derselben.
Aber das passt halt nicht in 140 Zeichen.
oh, und ich dachte immer Rechts Neokonservative (Konservendosen), Kölner und bald Politikerseiende Schmalhänse sehen Nazis als National-Zionisten an.
Ja, aber als Linke.
soso, Schmalhänse kennen also den „Verkehr“ – Rechts vor Links.
Rechts! Ausrufezeichen!