KaufbefehleMusikkritik
Musik 06/2008 – Favo­ri­ten und Analyse

Die­ser Arti­kel ist Teil 1 von 26 der Serie Jah­res­rück­blick

Hal­lo,

im Über­schwang mei­nes der­zeit enorm hohen Musik­kon­sums habe ich beschlos­sen, schon jetzt eine Halb­jah­res­ana­ly­se aufzustellen:

Was hat der Musik­markt in die­sem Jahr an Per­len zu bieten?

Eini­ges davon habe ich in frü­he­ren Ein­trä­gen schon ver­wur­stet, bei Inter­es­se bit­te dort nachlesen.
Auf die charts möch­te ich aus hof­fent­lich ver­ständ­li­chen qua­li­ta­ti­ven Grün­den nicht ein­ge­hen. Zur Erstel­lung der ersten Top 5 der ersten bei­den Quar­ta­le 2008 dient mir mei­ne eige­ne play­list, die doch recht prall gefüllt ist.

Anzu­mer­ken sei vor­weg, dass nur Alben berück­sich­tigt wer­den, die ich gera­de vor­lie­gen habe; außer­dem erhebt die Liste kei­nen Anspruch auf Voll­stän­dig­keit, das kommt dann erst am Ende des Jah­res. Da sich Text­ein­drücke in einer Kurz­re­zen­si­on – für aus­führ­li­che Rezen­sio­nen fehlt mir schlicht die Kom­pe­tenz – nur schwer ein­fan­gen las­sen, habe ich aus jedem Album eine mög­lichst aus­sa­ge­kräf­ti­ge Text­zei­le her­aus­ge­sucht. Ich hof­fe, das Expe­ri­ment gelingt.

Zudem:
2008 bedeu­tet auch 40 Jah­re „’68“. Die Ent­wick­lung der Musik anhand der jeweils aktu­el­len gesell­schaft­li­chen Struk­tu­ren lässt sich anhand eines will­kür­lich gewähl­ten, doch mar­kan­ten Bei­spiels anschau­lich nach­voll­zie­hen, dazu jedoch unten mehr. Und viel­leicht fin­det ja einer von euch neben­bei auch eine Geschenk­idee für musik­be­ses­se­ne Freun­de und Bekann­te. (Wäre natür­lich ein net­ter Nebeneffekt.)

Es fol­gen die Top 5, num­me­riert nach per­sön­li­cher Wertung:

  1. Dear John Let­ter – Bet­ween Lea­ves | Forestal
    „Final­ly time era­ses time, and all I can do is hide“ (Clea­ring | Leaving)
     
    Ich hat­te es ja vor zwei Bei­trä­gen schon ange­deu­tet, daher hier nur die um eini­ge Hör­ein­drücke erwei­ter­te Zusammenfassung:

    Nach der bzw. dem an sich schon wun­der­ba­ren EP der Augs­bur­ger Dear John Let­ter folgt nun­mehr ein Album, das mit einem gewohnt auf­wän­di­gen art­work aus der Mas­se der Pla­stik­hül­len-CDs her­aus­sticht und zudem das erwähn­te Erst­lings­werk an Ton­qua­li­tät noch zu über­tref­fen vermag.

    Die unge­fäh­re Drei­vier­tel­stun­de an Musik geht auch wie im Flug vorbei:
    Wenn­gleich Dear John Let­ter sich nur ungern in ein Gen­re­kor­sett zwän­gen las­sen wol­len, so ist hier doch der Post­rock all­ge­gen­wär­tig. Gitar­ren­wän­de schwil­len an und ebben ab, immer wie­der setzt der emo­tio­nal hoch­wer­ti­ge Gesang ein und wie­der aus. Kei­ne Sekun­de wird ver­schwen­det, auch end­los wir­ken­de Schlag­zeug­so­li wer­den mit Bedacht ein­ge­setzt. Hier wird nicht gelärmt oder gar gerockt, hier wird musi­ziert. Die gro­ßen Vor­bil­der Oce­an­si­ze, aber auch Mog­wai las­sen in fast jedem Takt grüßen.

    Apro­pos Gesang: Der ist nicht ledig­lich schmücken­des Bei­werk, son­dern trägt auch wesent­lich zur Stim­mung bei. So ist nicht nur die ver­träumt, aber auch ver­zwei­felt wir­ken­de Stim­me des Herrn Fischer ein prä­gen­des Ele­ment des Albums, auch die Tex­te kön­nen über­zeu­gen. Nichts mit „I love you baby“, hier geht’s see­lisch-schmerz­voll zur Sache.

    Hör­pro­be:
    Ein­drücke vom Album sowie von der/dem EP kann man auf MySpace sammeln.

    Und wenn man sich nach dem letz­ten der ins­ge­samt sechs Stücke von drei­ein­halb bis 11 Minu­ten Spiel­zeit in einer ande­ren Welt wie­der­fin­det und sich selt­sam leicht, aber auch leer fühlt, ist es Zeit für ein wenig Abwechslung:

  2. Nick Cave & the Bad Seeds – Dig Laza­rus Dig!!!
    „Pro­lix! Pro­lix! Not­hing a pair of scis­sors can’t fix.“ (We call upon the author)
     
    Der ehe­ma­li­ge Fürst der Fin­ster­nis Nick Cave hat Blut geleckt. Nach­dem er schon mit sei­nem Neben­pro­jekt Grin­der­man ordent­lich auf die Kacke gehau­en hat, gibt’s mit Dig Laza­rus Dig!!! auch wie­der eine durch­aus offen­sicht­lich davon beein­fluss­te Schei­be der Bad Seeds zu kaufen.

    Rei­me sucht man, wie bei Cave üblich, fast ver­ge­bens, nur hier und da wird gedich­tet; aber Freun­de die­ser Art von Musik, gen­re­tech­nisch zwi­schen Blues, Rock und Dark Wave ein­zu­ord­nen, erfreu­en sich ohne­hin ver­mut­lich mehr am zyni­schen Sprech­ge­sang und düste­ren Klang (noch ein Reim!) des Alt­mei­sters als an den Texten.

    Die sind indes bis­sig bis belang­los, doch wen kümmert’s?
    Nach meh­re­ren Durch­läu­fen macht’s Klick, und es wer­den Remi­nis­zen­zen erkannt, unter ande­rem an das fast schon legen­dä­re The Gift von den noch legen­dä­re­re­ren Vel­vet Under­ground. Düste­re Erzäh­lun­gen im Vor­der­grund, und im Hin­ter­grund gibt’s Rück­kopp­lun­gen, „Lärm“ en mas­se. Eine will­kom­me­ne Abwechs­lung zu all dem rosa­ro­ten Weich­spül­pop im Radio.

    Hör­pro­be:
    Bei You­Tube lässt sich der oben ange­deu­te­te Ver­gleich zwi­schen The Gift und We call upon the aut­hor anhand zwei­er Live­vi­de­os hof­fent­lich nachvollziehen.

    Und wem das dann doch zu anstren­gend ist, für den hält auch der erfreu­li­cher­wei­se kon­stant auf­ge­wer­te­te Indie-Markt eini­ges bereit, was zwar durch­aus radio­taug­lich wäre, aber sich gegen Super­stars, Pop­stars und ähn­lich arme Würst­chen nur schwer zu behaup­ten weiß:

  3. Black­mail – Tem­po Tempo
    „You might die from medi­ca­ti­on, but it’ll sure­ly kill the pain“ (Fal­se Medication)
     
    Black­mail aus Koblenz sind ein wei­te­rer Beleg dafür, dass die deut­sche Musiksze­ne weit­aus mehr zu bie­ten hat als nur Die­ter Boh­len und die Flip­pers. Auf Tem­po Tem­po gibt’s zwar für Black­mail-Ken­ner kei­ne Über­ra­schun­gen, aber soli­den Pop­rock zu hören, der kaum Erwar­tun­gen offen lässt.

    Ken­ner wür­den viel­leicht bes­se­re Ver­glei­che fin­den, ich jedoch wür­de Black­mail irgend­wo zwi­schen The Kil­lers und den Dan­dy War­hols ein­ord­nen. Der Gesang bewegt sich zwi­schen den Spät­wer­ken der Beat­les, Pla­ce­bo und Under the Influence of Giants, wäh­rend Bass- und Schlag­zeug­spiel mit den Gitar­ren­bret­tern Schritt zu hal­ten ver­su­chen. Hier und da blitzt sogar Post­rock auf, bspw. die Laut-Lei­se-Wech­sel in Speed­luv. Ins­ge­samt also soli­de Som­mer­mu­sik für anspruchs­vol­le Musik­freun­de, denen auch Pla­ce­bo-ähn­li­che Tex­te, wie sie auf die­sem Album domi­nie­ren, nichts ausmachen.

    Hör­pro­be:
    Das Video zu Shshs­ha­me (welch ein Titel!) gibt’s, wie üblich, bei You­Tube.

    Und falls das zu anspruchs­los ist: Im Jahr 2008 wird auch wie­der mäch­tig gef­rickelt.

  4. The Tan­gent – Not as good as the book
    „It’s half past nine on Tues­day mor­ning, and still nobody“â„¢s lan­ded yet on Mars“ (Not As Good As The Book)
     
    Da nun das geplan­te Büh­nen-Come­back der Pro­gres­si­ve-Rock-Dino­sau­ri­er Yes auf unbe­stimm­te Zeit ver­scho­ben wer­den muss, trifft es sich gut, dass die bri­ti­sche For­ma­ti­on The Tan­gent wie bis­her jedes Jahr ein neu­es Album ver­öf­fent­licht hat.

    Und das hat’s in sich:
    Über 94 Minu­ten Spiel­zeit, ver­teilt auf zwei CDs und kon­zi­piert als ein, nun ja, Kon­zept­al­bum. Das Kon­zept des Albums zu ver­ste­hen fällt mit der Spe­cial Edi­ti­on ver­mut­lich am leich­te­sten, ent­hält die­se neben den CDs zusätz­lich eine 85-sei­ti­ge Sci­ence-Fic­tion-Geschich­te, die die Hin­ter­grün­de der Lied­tex­te umfasst und erweitert.

    Die­se Geschich­te ist abstrus genug, aber schnell erzählt:
    Der Prot­ago­nist Dave, in den 70-ern Pro­gres­si­ve-Rock-Anhän­ger, ver­nich­tet am 20. Juni 2008 (scheint also tat­säch­lich nur Sci­ence Fic­tion zu sein) ver­se­hent­lich mit dem Album Relay­er von Yes die Welt. 80.000 Jah­re spä­ter ver­su­chen Histo­ri­ker, mit­hil­fe von 298 CDs aus unse­rer Zeit zu rekon­stru­ie­ren, wie die Men­schen im 21. Jahr­hun­dert gelebt haben.

    Hier­zu wird inhalt­lich flei­ßig zitiert und ange­spielt, es geht unter ande­rem um Micro­soft, Mobil­te­le­fo­ne, Yes und Gene­sis. Durch Yes und Gene­sis schei­nen auch die acht betei­lig­ten Musi­ker inspi­riert wor­den zu sein, die die Inspi­ra­tio­nen mit mas­sig Can­ter­bu­ry-Prog, Jazz­rock und schep­pern­dem 70-er-Jah­re-Rock ver­mischt und in ein­zel­ne Stücke ver­packt haben, die gen­re­ty­pisch zwi­schen fast vier und über zwan­zig Minu­ten lang sind.

    Dabei schaf­fen sie das Kunst­stück, dass selbst das Stück The full Gamut über die gesam­te Spiel­zeit von 22:42 Minu­ten wie ein ein­heit­li­cher Klang­kos­mos klingt und immer wie­der zum Kern­the­ma zurück­fin­det – Ken­ner die­ser Musik­rich­tung wer­den sich an YesTales from topo­gra­phic oce­ans erinnern.

    Aber hier gilt wie schon bei Dear John Let­ter:
    Die­ses Album ist nicht fürs Auto­fah­ren, Buch­le­sen oder für die Haus­ar­beit geeig­net. Man muss sich dar­auf ein­las­sen, denn auch beim zehn­ten Hör­durch­lauf sind hier und da noch neue Details, neue Anspie­lun­gen und Zita­te zu entdecken.

    Hör­pro­be:
    Das erste Lied A cri­sis in mid life, das zwar ein­gän­gig­ste, aber durch die 80-er-Jah­re-Key­boards auch unty­pisch­ste Stück des Wer­kes, gibt es bei You­Tube zu hören.

    Zu fröh­lich? Bit­te sehr, Abhil­fe schafft fol­gen­des Werk:

  5. Thee Sil­ver Mt. Zion Memo­ri­al Orche­stra & Tra-La-La Band – 13 Blues For Thir­teen Moons
    „We’­re buil­ding train wrecks in the set­ting sun“ (Black Waters Blowed/Engine Bro­ke Blues)
     
    Allein schon der Name der Grup­pe, aus ver­ständ­li­chen Grün­den oft zu A Sil­ver Mt. Zion gekürzt, ist eine Auf­nah­me in die­se Liste wert.

    Nie gehört? Durch­aus ver­ständ­lich, han­delt es sich doch um ein Neben­pro­jekt der zur­zeit für eine unbe­stimm­te Dau­er auf Eis lie­gen­den und alles ande­re als radio­kom­pa­ti­blen Post­rock-Hero­en God­speed You! Black Emper­or. Wäh­rend die Musik von GY!BE, so die offi­zi­el­le Abkür­zung des Namens, jedoch eben­so sper­rig ist wie der Name selbst und mehr mit Sigur Rós als mit Oce­an­si­ze gemein hat, ist es bei A Sil­ver Mt. Zion eher umgekehrt:

    Der Name des Albums ist Pro­gramm. Blues, wenn­gleich in einer zap­paesk schrä­gen Dar­bie­tungs­form, gibt’s hier reich­lich, gepaart mit bra­chia­len Wut- und Ver­zweif­lungs­aus­brü­chen sowohl der Instru­men­te als auch des Sän­gers. Anders aus­ge­drückt: Hier wird rück­ge­kop­pelt, drauf­ge­hau­en und gejam­mert, dass es eine wah­re Freu­de ist. Die vier Lie­der, zwi­schen 13 und fast 17 Minu­ten lang, beschwö­ren eine Nico-ähn­li­che Stim­mung her­auf; das Wort „beschwö­ren“ scheint ange­sichts der bewusst her­bei­ge­führ­ten Trost­lo­sig­keit und Ver­zweif­lung indes fast schon lächerlich.

    Auf den Baby­blau­en Sei­ten wird dies tref­fend beschrie­ben:

    Die zer­brech­li­che Schön­heit, die noch die ersten Alben der Band bestimmt hat, ist über wei­te Strecken einem despe­rat-melan­cho­li­schen Gitar­ren-Strei­cher­ge­lär­me gewi­chen, in dem sich ab und zu auch noch Orgel- und Trom­pe­ten­klän­ge gera­de noch aus­ma­chen las­sen. Wie sich E‑Gitarren und elek­trisch ver­stärk­te Strei­cher anein­an­der rei­ben und schep­pern, erin­nert gele­gent­lich an die Bri­ten von High Tide, die vor über 35 Jah­ren eigent­lich ganz ande­re Musik gemacht haben.

    Hör­pro­be:
    Bei You­Tube gibt’s Live­ver­sio­nen von 13 Blues For Thir­teen Moons und Engi­ne Bro­ke Blues zu hören und zu sehen. Die sind zwar aus qua­li­ta­ti­ven Grün­den nicht so druck­voll wie die CD-Ver­sio­nen, aber genü­gen für einen Ein­blick. Festhalten! 

Ohne Bewer­tung, für Inter­es­sier­te zum Rein­hö­ren, nur der Voll­stän­dig­keit wegen:

  • Van der Graaf Gene­ra­tor – Trisector
     
    Als Van der Graaf Gene­ra­tor sich 2005 nach über 20 Jah­ren Pau­se mit einem neu­en Album zurück­ge­mel­det hat­ten, weck­te dies Hoff­nun­gen auf ein neu­es H to He who am the only one; die Grup­pe um den cha­ris­ma­ti­schen Sän­ger Peter Ham­mill mit dem mar­kan­ten Klang von David Jack­sons Saxo­fon hat­te die Ent­wick­lung des Pro­gres­si­ve Rock mit die­sem Album maß­geb­lich beein­flusst. Nun haben sie ihr zwei­tes Album nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung ver­öf­fent­licht, und erst­mals seit 1968 wur­de das Saxo­fon durch E‑Gitarre und ver­stärk­ten Orgel­ein­satz ersetzt. Die Grün­de für die Tren­nung von ihrem Saxo­fo­ni­sten will die Grup­pe noch immer nicht bekannt­ge­ben, jedoch steht außer Fra­ge, dass die neue Instru­men­ta­li­sie­rung den typi­schen VdGG-Klang stark beeinflusst.

    Tat­säch­lich ist von dem sonst all­ge­gen­wär­ti­gen Klang der frü­hen Mei­ster­wer­ke Kil­ler und Pio­neers over c. außer Ham­mills Stim­me nicht mehr viel übrig, dafür haben die nun­mehr drei Musi­ker neben dem bewähr­ten Rock (Drop Dead) jetzt auch Can­ter­bu­ry-ähn­li­che Klän­ge (The Hur­ly­bur­ly) für sich ent­deckt, teil­wei­se wirkt das Album gar uner­war­tet radio­kom­pa­ti­bel (All that befo­re).

    Hör­pro­be:
    Vor allem für Ein­stei­ger, aber auch für etwas erfah­re­ne­re VdGG-Hörer ist vor dem Blind­kauf ein Ver­gleich des Klas­si­kers Kil­ler mit dem neu­en All that befo­re zu empfehlen.

  • Radi­us System – Escape / Restart
     
    Ich hat­te bereits in eini­gen Foren sowie hier auf die­se gran­dio­se Musik­grup­pe hin­ge­wie­sen, möch­te daher nur­mehr erneut Peter von den Schall­gren­zen zitieren:

    Mäch­ti­ge Gitar­ren­wän­de wer­den hoch­ge­zo­gen, hin und wie­der wie­der ein­ge­ris­sen und von neu­em tür­men sich Sounds auf Sounds. Gro­ße Vor­bil­der der Fran­zo­sen dürf­te Oce­an­si­ze sein. Eben­so kom­pro­miss­los wie die Bri­ten wer­den die übli­chen Struk­tu­ren über Bord gewor­fen und mit Gitar­re, ambi­en­ten Elek­tronik­sounds, Samples und wuch­ti­gem Rhyth­mus­fun­da­ment Songs fürs Leben gemeißelt.

    Hör­pro­be:
    Fällt dies­mal aus, den Spaß gibt’s kom­plett kosten­los ohne Ver­pflich­tun­gen oder dubio­se Umwege.

  • The Kills – Mid­night Boom
     
    Was ist das für ein Stil? Mini­ma­li­stic-Elec­t­ro-Pop­rock? Egal, die spex fin­det das Duo The Kills klas­se, und ich als eigent­lich bevor­zugt rock­af­fi­ner Audio­phi­ler stel­le fest, dass mich die ein­fa­chen Klän­ge des Albums auch mit­rei­ßen. War­um? Wer weiß! Ist jeden­falls mal was ande­res, ver­gleich­bar allen­falls mit dem, was die über­tol­le Sen­dung Tracks all­wö­chent­lich empfiehlt.

    Und so bleibt mir auch nur ein Ver­weis auf die Hör­pro­be:
    Auf You­Tube gibt’s das mei­nes Erach­tens über­aus gute Lied Sour Cher­ry zu hören, inklu­si­ve Text zum Mitsingen.

  • King’s X – XV
     
    Irgend­wo zwi­schen Pro­gres­si­ve Metal und Hard­rock musi­ziert das texa­ni­sche Trio King’s X. Und obwohl die Gen­re­ein­ord­nung sowohl eine Nähe zu Tool als auch zu Rush umfasst, so schafft die­se Grup­pe es den­noch seit über 25 Jah­ren, trotz des sel­ten vari­ier­ten typi­schen King’s X-Klan­ges nie nach der eige­nen Cover­band, son­dern immer wie­der frisch und neu zu klin­gen. Beneidenswert.

    Musi­ka­lisch geht’s hier gewohnt zur Sache, nur der Gesang nervt mich per­sön­lich ein wenig. Stellt euch eine Metal­ver­si­on von Rush mit viel, viel Head­ban­ging (Deutsch: Kopf­bum­sen, Hirn­fick qua­si) und einem dem Goth­rock ent­stam­men­den Sän­ger vor, der bis­wei­len wie Rod (Die Ärz­te bzw. Abwärts) klingt (Pray).

    Aber das ist zum Glück Geschmacks­sa­che, und dar­über lässt sich bekannt­lich nicht immer strei­ten. Daher als Kom­pro­miss die letz­te Hör­pro­be:
    Auf Amazon.de lässt sich jedes Lied auf dem Album aus­schnitts­wei­se probehören. 

Rück­schau:

  • Vor 40 Jahren:
    The United Sta­tes of Ame­ri­ca – The United Sta­tes of America
     
    In die Zeit der Stu­den­ten­auf­stän­de fiel auch die ver­stärk­te hal­lu­zi­no­ge­ner Dro­gen zur Erwei­te­rung der eige­nen Krea­ti­vi­tät und des Bewusst­seins. Zu den bekann­te­sten von LSD beein­fluss­ten Grup­pen zäh­len Gra­teful Dead und Quick­sil­ver Mes­sen­ger Ser­vice.
    Das ein­zi­ge Album der Grup­pe The United Sta­tes of Ame­ri­ca, erschie­nen zur Hoch­zeit der LSD-Ver­brei­tung, ist ein musi­ka­li­scher Dro­gen­trip mit Beat­les-Gesang und schwe­ben­den Psy­che­de­lic-Klän­gen. Die Grup­pe expe­ri­men­tiert mit Klang­col­la­gen und Syn­the­si­zern und per­fek­tio­niert qua­si neben­bei das Kon­zept eines Musik­al­bums als in sich geschlos­se­nes Gesamtkunstwerk.
    2004 erschien eine Neu­auf­la­ge des Albums mit zehn zusätz­li­chen Liedern.
     
  • Vor 30 Jahren:
    Hinn í­slenski Þur­saf­l­ok­ku­rinn – Hinn í­slenski Þursaflokkurinn
     
    Gegen Ende der 70-er Jah­re waren Ver­tre­ter von Psy­che­de­lic und Pro­gres­si­ve Rock an einem krea­ti­ven Tief­punkt ange­langt. Es gab, so schien es, nichts mehr zu sagen, und wäh­rend Yes sich in gefäl­li­ge­re Rock­ge­fil­de bega­ben und King Crims­on sich erst­mals kom­plett auf­lö­sten – es soll­ten noch meh­re­re Auf­lö­sun­gen fol­gen -, wand­te sich die Zuhö­rer­schaft dem Folk zu.
    Und davon gab es reich­lich: In Deutsch­land ver­tra­ten Ougen­wei­de den Mit­tel­al­ter-Folk, in Groß­bri­tan­ni­en brach­ten Jet­h­ro Tull dem Publi­kum die Flö­ten­tö­ne bei, und in Island schließ­lich nahm sich Hinn í­slenski Þur­saf­l­ok­ku­rinn, der islän­di­sche Troll­hau­fen, klas­si­sches Lied­gut vor.
    Viel­leicht ist es die islän­di­sche Spra­che, die dem Album sei­nen Zau­ber ver­leiht, viel­leicht ist es auch die für Folk­rock unge­wohn­te, vor­wie­gend aku­sti­sche Instru­men­tie­rung, aber es ent­fal­tet eine befremd­li­che Schön­heit schon in den ersten paar Minu­ten. Die Traum­welt islän­di­scher Folk­lo­re wird in die­sem Album ein­ge­fan­gen und kom­pri­miert, und der Chor­ge­sang tut ein übri­ges. Scha­de, dass die Grup­pe trotz aller Ambi­tio­nen kei­ne Bekannt­heit erzie­len konnte.
     
  • Vor 20 Jahren:
    Die Toten Hosen – Ein klei­nes biss­chen Horrorschau
     
    Im Jahr 1988 wur­de das damals bereits 26 Jah­re alte Buch A Clock­work Oran­ge an den Kam­mer­spie­len Bad Godes­berg mit Betei­li­gung der Toten Hosen auf­ge­führt. Pas­send hier­zu ent­stand auch die­ses Album, das zwar nur schwer­lich mit der damals aktu­el­len poli­ti­schen Situa­ti­on in Ver­bin­dung zu brin­gen ist, jedoch die musi­ka­li­sche Ent­wick­lung jener Jah­re widerspiegelt:
    Nach Rock (60-er Jah­re), Pro­gres­si­ve Rock und Dis­co­fie­ber (70-er Jah­re) sowie Syn­thie-Pop und NDW (80-er Jah­re) hat­te man genug von den musi­ka­li­schen Expe­ri­men­ten. Der Stel­len­wert der Musik änder­te sich: Sie dien­te nicht mehr als Aus­drucks­form von Pro­test und als Iden­ti­fi­ka­ti­ons­in­stru­ment ein­zel­ner Grup­pen, son­dern wur­de zuneh­mend mas­sen­taug­lich. Die Toten Hosen bil­de­ten als eta­blier­te (also auch „mas­sen­taug­li­che“) Punk­rock-Grup­pe da kei­ne Aus­nah­me, allein der inhalt­lich expe­ri­men­tel­le Cha­rak­ter die­ses Albums, das A Clock­work Oran­ge nach­er­zählt, lässt noch ein wenig musi­ka­li­schen Wage­mut erahnen.
     
  • Vor 10 Jahren:
    Die Ärz­te – 13
     
    Das Ende der 90-er Jah­re stand im Zei­chen von Bal­ler­mann und Kom­merz. Alle innen­po­li­ti­schen Kata­stro­phen schie­nen über­wun­den, den Kampf gegen die Poli­tik der USA hat­te man auf­ge­ge­ben, als jugend­li­cher „Rebell“ woll­te man im All­ge­mei­nen nur noch sei­nen Spaß haben.
    Das belegt auch die­ses Album, des­sen bekann­te­ste Lie­der Män­ner sind Schwei­ne und Rebell gesell­schafts- und musik­kri­tisch als direk­te Refe­ren­zen her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen. „Punk“ gab’s nur noch in Ver­bin­dung mit „Fun“ – kei­ne Gewalt, kei­ne Pro­vo­ka­ti­on und vor allem kei­ne Poli­tik mehr. Fun­punk-Grup­pen wie Die Ärz­te hat­ten hier ihre musi­ka­li­sche und vor allem auch kom­mer­zi­el­le Blü­te­zeit. Und erst gegen Mit­te unse­res Jahr­zehnts began­nen die Ansprü­che an musi­ka­li­sche Qua­li­tät mit der Brit­pop- und Indie­wel­le wie­der zu wachsen…
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Senfecke:

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