PersönlichesNerdkrams
Vero: Frü­her hieß unser sozia­les Netz­werk noch „raus­ge­hen“.

Erin­nert sich noch jemand an Minds?

Minds ist, ruft eine kur­ze Recher­che zum Bei­spiel beim eben­falls zu Recht wie­der ver­ges­se­nen Maga­zin „WIRED“ in Erin­ne­rung, zwar „ein Social Net­work wie vie­le ande­re auch“, aber „etwas ist anders als bei Face­book oder Goog­le+. Denn Minds wen­det sich vor allem an Online-Akti­vi­sten – und wird sogar von Anony­mous unter­stützt“, wer auch immer „Anony­mous“ in die­sem Fall jetzt eigent­lich war. Das klingt inter­es­sant, ist aber egal: Wie auch bei Ello, GNU Social und Dia­spo­ra, wobei sich wenig­stens Ello inzwi­schen eines zwei­ten Lebens als moder­ne­re Alter­na­ti­ve zu Devi­ant­Art erfreut, blieb auch für es der dau­er­haf­te Zuspruch merk­lich gerin­ger als der für das anfangs belä­chel­te und zu spät ent­stan­de­ne, in der Andro­id­welt aber erstaun­lich domi­nan­te Goog­le+ es bis heu­te geblie­ben ist.

Man hät­te dar­aus ler­nen kön­nen, dass es für nur weni­ge Men­schen sinn­voll ist, das „sozia­le Netz­werk“, in dem sie sich ein­mal häus­lich ein­ge­rich­tet haben, ohne Not durch ein ande­res zu erset­zen oder auch nur zu erwei­tern. Wer schon unbe­dingt Wild­frem­de damit belä­sti­gen möch­te, wel­chen zuck­ri­gen Kaf­fee­er­satz er sich gera­de rein­pfeift oder in wel­cher Trend­far­be er sich heu­te ange­malt hat (das nennt man dann „Influen­cer“, wenn ich das so weit rich­tig ver­stan­den habe), der tut das zumeist dort, wo man mit dem gering­sten Auf­wand das Pro­fit­ma­xi­mum errei­chen kann. Aktu­ell schei­nen das Insta­gram und You­Tube zu sein.

Ein tritt Vero. Vero, tippt man auf „hei­se online“ aus dem Wasch­zet­tel ab, ist ein nur auf Smart­phones ver­füg­ba­res und somit für die mei­sten nor­ma­len Men­schen nur zeit­wei­se brauch­ba­res „sozia­les Netz­werk“, das drei Jah­re lang unbe­ach­tet her­um­lag, bis irgend­wel­che Laut­spre­cher („Influen­cer“) es auf Insta­gram plötz­lich zu einem „Hype“ mach­ten. Wenn etwas ein „Hype“ ist, nimmt man das ein­fach hin und fragt nicht mehr als nötig nach, wie es sich für ein gutes EDV-Fach­ma­ga­zin gehört. Der Mehr­wert lie­ge, behaup­tet man dort, dar­in, dass angeb­lich kei­ne intrans­pa­ren­ten Algo­rith­men für die Sor­tie­rung der Inhal­te sorg­ten, wor­an frei­lich gezwei­felt wird, son­dern der Nut­zer sich wie einst bei Dia­spo­ra und Goog­le+ en detail aus­su­chen kön­ne, wer wel­chen sei­ner Bei­trä­ge sehen darf. Auf der Web­site von Vero fasel­te eine Ver­mark­tungs­null gar etwas davon, dass über­haupt kei­ne Algo­rith­men zum Ein­satz kämen, was mich dar­an zwei­feln lässt, dass die Macher von Vero über­haupt so genau wis­sen, was ein Algo­rith­mus eigent­lich ist.

Natür­lich hat Vero auch eines die­ser „Mani­fe­ste“ ver­öf­fent­licht, das dem Besu­cher in Majus­keln ent­ge­gen­brüllt, dass Vero das „natür­li­che Bedürf­nis“ der Men­schen zu stil­len ver­su­che, alles, was in ihrem Leben geschieht, mit allen ande­ren Men­schen zu „tei­len“, wie man das im ech­ten Leben halt auch so mache, wofür aber die­se allen ande­ren Men­schen, anders als im ech­ten Leben, auch mit einem Smart­phone aus­ge­stat­tet und auf Vero ange­mel­det sein müs­sen. Wie Leben, nur beschränkt. Vero selbst wirbt so kon­se­quent wie dumm mit hip­ster­ge­fil­ter­ten Fotos von zu teu­rer Hard­ware auf rusti­ka­len Möbeln, damit auch die­je­ni­gen, die bis­her gar kein Inter­es­se an so einem Kram hat­ten, ver­ste­hen, wor­in der Ein­satz­zweck von Vero lie­ge: im Tei­len von hip­ster­ge­fil­ter­ten Fotos von zu teu­rer Hard­ware auf rusti­ka­len Möbeln natür­lich. Dit is Ber­lin bzw. Libanon.

Viel­leicht habe ich inzwi­schen das Alter erreicht, in dem mich sol­che Erfin­dun­gen nicht mehr locken, viel­leicht hat mir aber auch ein­fach ohne­hin immer schon das Mit­tei­lungs­be­dürf­nis gefehlt, um mich vir­tu­ell bes­ser zu ver­net­zen als bloß mei­nen Stuss wie bis­her ein­bahn­stra­ßig ins Web zu kip­pen: Ich habe noch nie ein Foto auf Insta­gram hoch­ge­la­den, noch nie eine Web­site auf Knud­dels gepflegt, noch nie ein Kon­to bei Ello beses­sen, und das bis heu­te Letz­te, was mir in „sozia­len Netz­wer­ken“ eini­ger­ma­ßen nach­hal­tig Freu­de gemacht hat, war Gru­scheln auf stu­diVZ, denn das war zwar damals eine schlecht gemach­te Kopie des „Stup­sens“ auf dem in Deutsch­land noch nicht ver­brei­te­ten Face­book, aber da war man halt, wenn man Lan­ge­wei­le zu ver­trei­ben hat­te. Da hing man aber auch nicht den gan­zen Tag vor sei­nem Tele­fon ab und foto­gra­fier­te mit ihm sein Essen, son­dern schrieb – nicht ein­mal in Echt­zeit – ein­an­der auf ver­nünf­ti­gen Tasta­tu­ren Nach­rich­ten mit rich­ti­ger Gram­ma­tik und ohne Emo­jis, denn Emo­jis gab es auf ver­nünf­ti­gen Tasta­tu­ren noch nicht und ein Smart­phone hat­te all­ge­mein noch kaum jemand – wofür auch? Den Sprung in die Zeit des stän­dig ver­füg­ba­ren Taschen­ge­sprächs hät­te stu­diVZ aller­dings sicher­lich geschafft, wenn es das nur gewollt hät­te. Dass Dien­ste die­ser Art nicht unsterb­lich sind, hat­te noch vor der Grün­dung von stu­diVZ schon uboot.com (für Inter­net­ar­chäo­lo­gen viel­leicht inter­es­sant) unter Beweis gestellt, das von den drei „VZs“, MySpace und schließ­lich auch Face­book selbst so nach­drück­lich aus­ge­presst wur­de, dass es vor fünf Jah­ren voll­stän­dig zu exi­stie­ren auf­hör­te, obwohl dort auch irgend­wann ein­mal jeder sein muss­te. Dass die Jugend­li­chen von damals – jeden­falls: ich – sich heu­te zu alt für Vero füh­len, gibt die­sem Mono­log eine bit­te­re Note.

Aber zurück zu Vero: Der Wild­wuchs an „sozia­len Netz­wer­ken“, den ein Ein­stei­ger heu­te vor­fin­den kann, unter­gräbt die voll­mun­di­ge Behaup­tung, Vero erfül­le das „natür­li­che Bedürf­nis“ der Men­schen, alles unge­fragt für ein erwäh­nens­wer­tes Erleb­nis zu hal­ten, denn wäh­rend die­se Behaup­tung eigent­lich von mir bis­her nur aus Zügen und Bus­sen bezeugt wer­den kann, wie­sen auch die bezeug­ten Ereig­nis­se bis­lang die Eigen­heit auf, dass der Adres­sat stets eine hand­ver­le­se­ne Aus­wahl an Per­so­nen war, oft sogar nur eine ein­zi­ge. Die Men­schen – bezahl­te Rekla­me­scher­gen auf Insta­gram und You­Tube ein­mal aus­ge­nom­men – tei­len gern Din­ge, die ihnen wich­tig sind oder wenig­stens zu sein schei­nen, mit den Men­schen, die ihnen wich­tig sind oder wenig­stens zu sein schei­nen. Die Men­schen tei­len nicht gern irgend­wel­chen Fir­le­fanz mit frem­den Schuf­ten. Bei Ede­ka am „schwar­zen Brett“ hängt ja auch sel­ten ein Foto von einem Gän­se­blüm­chen am Weges­rand. Man ist viel­leicht manch­mal auch ein­fach gern allein mit sei­ner Welt.

Frü­her hieß unser sozia­les Netz­werk noch „raus­ge­hen“.

Senfecke:

  1. Raus­ge­hen? Bist du wahn­sin­nig? Drau­ßen ist doch die Luft so der­ma­ßen ver­gif­tet, ein Atem­zug und du bist tot! Das ist genau­so gefähr­lich wie essen. Das ist auch nur noch Gift. Ich weiß das genau, das haben mir die Grü­nen gesagt. Seit ich nicht mehr atme und nichts mehr esse, habe ich kei­ne Pro­ble­me mehr. Mir geht es gut!

    • Daten­schutz ist bei einem Dienst, des­sen Zweck es ist, jedem sei­nen Mor­gen­urin zu zei­gen, ohne­hin eine ganz ande­re Frage.

  2. Nur durchs Raus­ge­hen bekomm­ste aber nix zu Vögeln. Hat Dein Geschlechts­part­ner oder die Nach­zucht eigent­lich Tin­der auf der Wischorgel?

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