Seit ihrem Bestehen hat die Partei „Die PARTEI“, die es mittlerweile bis ins Europäische Parlament geschafft hat, eine treue und noch wachsende Anhängerschar sogar unter vermeintlich Linken, die mich seit ebenso langer Zeit von der Großartigkeit dieser Partei zu überzeugen versucht. Warum ich sie wählen sollte? Nun, sie sei – ich zitiere – „sehr (!) gut“, das eingeklammerte Ausrufezeichen gehört offensichtlich zum Schlachtruf.
Ich nehme mir jetzt die Zeit, einmal darzulegen, warum das eine unfassbar dämliche Idee von mir wäre, und möchte danach nie wieder etwas davon hören.
Martin Sonneborn, Europaabgeordneter, Vorsitzender und einer der Gründer der Partei, hat mehrfach, implizit oder explizit, erläutert, dass das primäre Ziel der Partei das Gewinnen von Wählern jeder Couleur ist, wobei auch die von Anfang an geführte Neonazisymbolik – etwa die bei öffentlichen Auftritten gern getragenen roten Armbinden oder die schwarz-weiß-rote Hintnerjugend in ihrer Gesamtheit – ebenso wirksam sein dürfte wie die in Grundsatz- und Wahlprogramm vertretenen eher linken Positionen wie die Wiedererrichtung einer sozialistischen Staates auf dem Gebiet der DDR und die Schaffung eines Existenzmaximums. Gleichzeitig notiert die Partei in ihrem Programm, dass das Grundgesetz möglicherweise keine Legitimation besitzt, und benutzt hierbei die Argumentation der Parteien, die gemeinhin als rechtsextrem wahrgenommen werden: Das Volk wurde ja nicht gefragt, daher gilt die Verfassung nicht. Erinnern wir uns ein paar Jahre zurück: Als die Piratenpartei sich einmal nicht links genug aufführte, begann der Volkszorn sich zu erheben: es seien ja alles Nazis in der Piratenpartei und man könne die auf keinen Fall wählen. Dieses erzürnte Volk schlägt heute großteils die Trommeln für die Partei mit der Hintnerjugend und findet den Superlativ völlig angemessen. Um manche Wähler ist es nicht schade.
Ja, aber das sei doch nur Satire, nicht ernst zu nehmen, hahaha!, empören sich nun vermutlich PARTEI-nahe Leser und halten ihre subjektive Wahrnehmung also für die maßgebliche. Immerhin stimme Martin Sonneborn auch im Parlament immer abwechselnd mit „Ja“ oder „Nein“, das zeige doch schon, wie lustig das alles ist. Ich möchte hinzufügen: Leider, denn die PARTEI ist ja nicht bloß so ein lustiger Tierschutzverein, sondern eine, nun, Partei mit politischer Verantwortung überall dort, wo sie ausreichend viele Stimmen bekommen hat. Satire ist super, aber wenn sie negative Konsequenzen für mein tägliches Leben zu haben droht, hört der Spaß auf, meine Damundherrn. Aus demokratischen Erwägungen heraus (ich bin bekanntlich nebenberuflich Demokrat) ist es zumindest fraglich, inwiefern das Abstimmungsverhalten Herrn Sonneborns zu irgendeiner Definition von Demokratie passt; basisdemokratisch ist es zumindest nicht, denn mir wäre gerade nicht bekannt, dass politische Wünsche aus der Parteibasis überhaupt dorthin gelangen würden. Martin Sonneborn hat gegen Netzneutralität votiert. Ist doch nur Spaß.
Selbst unter der absurden Prämisse, dass all das, was von der PARTEI kommt, nicht ernst gemeint ist, ist sie auf keinen Fall wählbar genug. Ich bin an bloßer Protestpolitik, am Auswürfeln von Stimmen in der Wahlkabine und an Parteien, die mir als jemandem, dem die Netzpolitik, die bei der „PARTEI“ schlicht nicht vorkommt, einer der bei Weitem bedeutendste Aspekt bei der Wahlentscheidung ist, nicht interessiert. Jede Stimme, die für die „PARTEI“ draufgeht, fehlt der Netzpolitik, und das nehme ich ihren Wählern persönlich übel.
Wenn wir irgendwann mal keine größeren Probleme mehr haben, können wir aber gern noch mal darüber diskutieren.
Bei der Wahl welcher Partei fehlt meine Stimme denn nicht der Netzpolitik?
Piratenpartei und FDP sind derzeit die einzigen Parteien für mehr digitale Freiheit. Bedauerlicherweise hält sich die Piratenpartei derzeit aber ein bisschen damit zurück, das angemessen zur Schau zu stellen; allein: mal dringend Patrick Breyer und Julia Reda im Auge behalten.
Von wem wurden die Piraten zerschossen?
Von Helm, Schramm, Höfinghof, Delius!
Bei welchen Parteien sind die untergekommen?
Alle bei derselben (was mich bei der parteipolitischen Historie von Frau Schramm doch sehr erstaunt). Aber mir persönlich ist es ja einigermaßen schnuppe, welche Partei sie jetzt zertrümmern.
Herr Sonneborn stimmt abwechselnd mit JA oder NEIN getreu dem Wahlmotto: Ja zu Europa – Nein zu Europa.
Über Herrn Hintner kann ich nur sagen, dass er geschlagen genug ist: Er wohnt in Hanau.
Wunderschönes Motto, leider völlig gegen jede Definition von Demokratie.