Ich beginne mit einer Frage an diejenigen unter meinen Lesern, die die deutsche Sprache nicht als Muttersprache erhalten haben und vielleicht noch mit grammatikalischen Besonderheiten Probleme haben: Was ist das?
Richtig, es ist die empfohlene Sprachstruktur der „AG Feministisch Sprachhandeln” der Humboldt-Universität zu Berlin, die, hurra!, nun die zweite Auflage des Leitfadens „Sich politisch korrekt zum Obst machen” (offizieller Titel: „Was tun? Sprachhandeln – aber wie? W_Ortungen statt Tatenlosigkeit!”) veröffentlicht hat. Die typografisch misslungene Gestaltung ist anscheinend manchmal Absicht und manchmal nicht, was eine praktische Ausrede ist, wenn das zur Gewohnheit wird.
Die Broschüre hat sich gegenüber der ersten Auflage zwar geändert, aber nicht weiterentwickelt. Erfrischend finde ich jedenfalls Kapitel 8 („Argumentationshilfen für antidiskriminierende Sprachhandlungen”), in dem versucht wird, Standardantworten auf anscheinend oft gestellte kritische Fragen zu finden. Ein Beispiel gefällig?
Einwand: Ich brauche keine geschlechtergerechte Sprache. Ich fühle mich auch bei männlichen Formen mitgemeint, ich habe kein Problem damit.
Gegenargument: Alle aktuellen Studien zum Einfluss sprachlicher Formen auf die Wahrnehmung, sog. Perzeptionsstudien, zeigen, dass bei → androgendernden Maskulina zuerst männliche Personen assoziiert werden und zwar durchgängig und unabhängig von anderen Geschlechterstereotypen (…). Nicht nur bei prototypisch männlich konnotierten Berufen hatten die Mitwirkenden der Studien bei der Verwendung des androgendernden Maskulinums Männer vor Augen, und das unabhängig von ihrem eigenen Gender-Selbstverständnis. Auch bei sogenannten ‚Frauenberufen‘ wurden bei der Verwendung des androgendernden Maskulinums Männer assoziiert. Es ist also keineswegs so, dass Frauen mitgedacht werden, wenn das androgendernde Maskulinum verwendet wird. Ein ‚generisches‘ Maskulinum existiert also psychologisch gesehen gar nicht, Maskulina sind immer pseudogenerisch, wenn sie nicht genderspezifisch männlich gemeint sind. Sich als → Inter*-, → Trans*- oder → frauisierte Person mit androgendernden Formen angesprochen zu fühlen, zeigt vielmehr, wie stark auch von ihnen → Sexismus/Genderismus internalisiert und wie stark Sexismus/Genderismus gesellschaftlich normalisiert ist. Vielleicht traue ich mich als Inter*, Trans* oder Frau auch nicht, dies zu benennen. Vielleicht schützt es mich manchmal auch, es nicht zu merken, nicht anzusprechen? Was aber nicht heißt, dass diese Form nicht sexistisch/genderistisch ist!
„Ich fühle mich nicht diskriminiert.”
„Das sehen Studien aber anders!”
Es muss bequem sein in der Rolle dxjenigx, dx be_stimmt, wex unter_drückt wird. Wir* sind Pädagogxs!
An einer anderen Stelle in der „Gegenargumente”-Reihe heißt es: „Und wir sind fürs bedingungslose Grundeinkommen, yeah!”. Das wundert mich nun eher weniger.
(Eine der von den Verfassern der Broschüre genannten Quellen trägt als Untertitel „Kritische Weißseinsforschung in Deutschland”. „Kritische Weißseinsforschung in Bäckereien” – das wär’s.)
Wenn Fraux sonst keine Probleme hat…
.….würde jeder diese Gender-Tussis einfach ignorierer, dann wäre schon viel geschafft.…
Ich bin dafür, dass ab jetzt mal 2.000 Jahre lang nur noch das generische Femininum als sprachliche Norm gilt. Den „Boxerinnen, Fussballerinnen, Lehrerinnen, Kanzlerinnen, Pilotinnen, Metzgerinnen, schließen die Männer vor dem …innen doch bereits immer mit ein. So das Argument der Maskulisten, bei der bisheri gängigen ausschließlichen Verwendung des generischen Maskulinums, das ja angeblich die Weiblichkeit immer mitgemeint sei.
Wenn Sprache die Realität wiederspiegeln soll, geht das manchmal sehr daneben. Beispiel: Eine Frau mit einem Kater auf dem Arm betritt eine Tierhandlung und der Azubi ruft nach hinten: „Chef! Der Kunde mit der Katze ist da!”
Andererseits ist eine Oberin nicht das weibliche Pendant des Obers. Die Mayonaise auch nicht die Gattin eines Majors. Das müßte der europ. Gerichtshof dann von Fall zu Fall entscheiden.
Und in einer FussballMANNschaft tragen viele sogar einen Sport-BH.
Genau mit dem „den” bzw. „die”. Halte ich für eine bodenlose Frechheit, dass „Die Männer” mit nem weiblichen Artikel bezeichnet werden.
Ja, auch eine Frechheit. „Die Männer” mit weiblichem Artikel und dann wird da noch die Weiblichkeit mitgemeint.
Merkste selbst, oder?
Hast Recht. Differenz ist unwichtig. Ob das linke oder das rechte Bein amputiert wird, ist egal. Es reicht, wenn in der Krankenakte steht. „Ein Bein muss amputiert werden.” Ob rechts, ob links, ob Frau, ob Mann (Obmann, Obfrau!) ist Sprechunsensiblen doch völlig egal. Alles subsumiet sich unter einem Sammelbegriff.
Auch auf die Frage „Wer”? folgt grammatikalisch korrekt regelmäßig als Antwort: „der” (männlich). Gesellschaftlich akzeptiert ist daher die unpräzise Frage: „WER hat SEINEN Tampon im Bad liegen lassen?” Na ja. Bei JEDEM (allgemeinsprachlich antifeministisch -/- nicht: „jeder”) verläuft die Menstruation eben anders.
Dass der weibliche Artikel immer vor dem Plural steht, ist doch in Ordnung, hab ich aber nicht erwähnt.
Du meinst also, wenn zum Schuljahr neue Lehrkräfte eingestellt wurden, darunter 9 Frauen und ein Mann, ist es die Realität widerspiegelnd, wenn gesagt wird, dass 10 neue Lehrer ihren Dienst antreten werden!! Merkste selber nöch?
Neulich gab es hier für Hobbyradlerinnen ein „JederMANNrennen”. Frauen hatten also semantisch keinen Zugang.
Ebenso wie bei der „bemannten” Raumfahrt. BILD: „P. wurde im Schlaf von seiner Frau „entmannt” (kastriert?). Dafür hat er sie dann im Gegenzug entfraut oder entweibt? Merkste was?
Oder nehmen wir den frauenfeindlichen Begriff „Jungfernfahrt”. Es ist das Synonym für das Ende der Jungfräulichkeit durch das „erste Mal, meistens durch das männliche Geschlecht. Die Jungfrau wird im kollektiven Bewusstsein dank einer unreflektierten Semantik durch den Mann zur Frau. Das ist biomedizinisch nicht korrekt, den Frau wird ein weibliches Wesen erst durch die erste Periode mit der Fähigkeit, Kinder zu bekommen, und zwar ganz ohne eine zweite Person.
Schön, wie Du den Bullshit (oben im Bild) auf einen so kurzen bündigen Satz zusammenfasst.
Im „kollektiven Bewusstsein” müssen Frauen ja auch beschenkt, hofiert und verehrt werden. Traditionell sind sie ja die Bewahrerinnen der eigenen Rasse.
mike und tux: Schade, dass man hier nicht inhaltlich diskutieren kann und mit schnodderigen Bemerkungen nur verbal angespuckt wird.
Kann man.
1/2 OT: Tiermedizinerin promoviert und klagt, weil sie nicht „Doktor” genannt werden möchte, da sie „sich durch die „Verleihung des männlichen Titels doctor (…) dauerhaft und erheblich betroffen, weil sie mit ihm ein ganzes Leben lang existieren müsse“.”
http://www.jurablogs.com/go/asterix-und-doctorix-ein-beitrag-von-professx-doctox-arnd-diringer