Die 1970er Jahre waren derart voller junger, aufstrebender Musikgruppen insbesondere aus Großbritannien, dass es nur wenige von ihnen zu so etwas wie Ruhm gebracht haben. Fantasy gehören zu denen, denen ihre Konkurrenz zum Verhängnis geworden ist.
Fantasy (nicht die US-amerikanische Discoband gleichen Namens) wurden um 1970 herum als Chapel Farm gegründet, änderten mit dem Unfalltod ihres Bassisten, der an seinem achtzehnten Geburtstag betrunken zu unachtsam an Klippen entlangbalanciert war, und folgenden Umbesetzungen aber ihren Namen in Firequeen und begannen Demobänder an Plattenfirmen zu verschicken. Polydor nahm sie unter der Bedingung unter Vertrag, dass sie den Namen Firequeen durch irgendetwas Unblödes ersetzten; so wurde es eben Fantasy. (Bei Polydor standen später unter anderem Bro’Sis und Take That unter Vertrag. Tempora mutantur.) Polydor gewährte Fantasy dann einen Dreijahresvertrag und warf 1973 das Debütalbum „Paint A Picture“ auf den Markt.
Diese Formulierung ist treffend gewählt, denn ein kommerzieller Erfolg blieb aus. Fantasy waren ihrer Zeit nicht voraus, sondern waren spät dran. Für symphonische Rockmusik mit einer Vielfalt an Einflüssen und unblöden Texten von bis dahin unbekannten Gruppen wollte sich in der Zeit zwischen Hardrock und Punk kaum noch jemand Zeit nehmen. Auf Druck Polydors wurde in einem Tag die Single „Politely Insane“ geschrieben und aufgenommen, um den kommerziellen Erfolg zu steigern. Wenn ich 2014 höre, was Plattenfirmen 1973 für verkaufenswert hielten, muss ich ja immer fast ein bisschen weinen.
Gentle Giant („Young Man’s Fortune“), Caravan („Silent Mine“), Starcastle, die frühen Van der Graaf Generator, (natürlich) Genesis und allerlei andere zeitgenössische Bands standen für „Paint A Picture“ musikalisch Pate, die Gitarre setzt genau da die richtigen Akzente, wo man sie braucht, und selbst der Gesang, meist der Flaschenhals einer Band aus dieser Musikrichtung, vermag zu gefallen.
Zum Folgealbum „Beyond The Beyond“, das 1974 aufgenommen werden sollte, kam es dann aber vorerst nicht mehr. Wohl aufgrund des nicht erfolgten Durchbruchs mit „Paint A Picture“ ließ Polydor die Gruppe fallen, die sich anschließend enttäuscht auflöste. Dass das Album 1992 doch noch erschien (wenn auch nur auf CD), ist insofern eine erfreuliche Überraschung. Andererseits: Wer weiß, was passiert wäre, hätte Polydor damals Fantasys Potenzial erkannt?
Wenigstens ist ihre Musik unvergänglich.