(Vorbemerkung: Meine Ahnung von Wirtschaft weigert sich auch weiterhin beharrlich zu existieren.)
Der seit eineinhalb Jahren geltende gesetzliche Mindestlohn wird 2017 erstmals angehoben. Der Mindestlohn soll von derzeit 8,50 Euro auf dann 8,84 Euro pro Stunde steigen. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch in Berlin eine Verordnung von Arbeitsministerin Andrea Nahles.
Damit sinkt das Risiko der Altersarmut für Geringverdiener um, Moment…
Auf eine schriftliche Frage (…) musste Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller einräumen, dass ein Beschäftigter 45 Jahre lang und mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden, 11,50 Euro verdienen müsste, um im Alter eine Rente zu erhalten, die über der aktuellen Grundsicherungsschwelle von 769 Euro liegt.
Aber warum dann überhaupt diese geringe Anhebung, wenn man im Alter sowieso nichts davon hat? Ach, richtig:
Dagegen erhofft sich Nahles durch die 34-Cent-Anhebung positive Auswirkungen auf die Konsumnachfrage.
Ist ja bald Weihnachten.
Aber nicht alles auf einmal ausgeben!
4% Erhöhung in anderthalb Jahren! Das reicht fast schon für den Ausgleich der Inflation. Also nicht ganz jetzt, darum ist das Bretto dann eher eine faktische Senkung des Mindestlohns, aber wen interessieren schon Details?
Ich versteh‘ ja noch immer nicht wie man gegen einen angemessenen Mindestlohn sein kann ohne asoziales Arschloch zu sein.
* als Arbeitgeber: entweder du zahlst deinen Leuten schon angemessenes Geld (dann sorgt ordentlicher Mindestlohn für eine Angleichung der Kosten bei asozialer Konkurrenz) oder du tust es nicht, dann bist du halt selbst das Arschloch.
* als Arbeitnehmer eh
* als Steuerzahler/Kunde freust du dich auch, weil du Quersubventionierten Scheiß abbaust – Leute die nicht genug zum Überleben verdienen, werden halt sonst vom Staat finanziert oder sonst irgendwie aus deiner Tasche am Leben gehalten (alternativ z.B. Trinkgeld). Mindestlohn sorgt nur dafür dass du für Dinge direkt das bezahlst was sie wirklich kosten.
* selbst als Neocon-Liberallala sollte dir klarere Preisbildung am Markt und indirekte Subventionierung durch staatlich finanzierte Aufstocker/Billiglöhner am Herzen liegen.
Definier‘ angemessen.
Definition ergibt sich für mich anhand der gewünschten Funktion – hoch genug um von der Bezahlung einer Vollzeitstelle von diesem Geld leben zu können und auf die volle Lebenszeit* gerechnet in die Sozialkassen mehr Einzuzahlen aus ausgezahlt zu bekommen
Also ein Betrag bei dem man weder kurzfristig noch langfristig zur Belastung für die restliche Gesellschaft wird.
Klar kann es auch Begründungen geben warum jemand meint mit weniger auskommen zu können (z.B. „Ich will ja nur zusätzlich zu meiner Frau Geld verdienen, die Versorgt die Familie eigentlich“), aber ich sehe nicht warum man das als Gesellschaft als sinnvollen Fall für Vollzeitbeschäftigungen ansehen sollte.
* bei typisch durchschnittlicher Beschäftigungsquote – wenn nicht-langzeitarbeitslose z.B. zwischen 20 und 65 Lebensjahren arbeiten und da durchschnittlich 3–10 Jahre Arbeitslos sind, sollten die Einzahlungen dieser ~35 bis 42 Jahre Vollzeitbeschäftigung dafür ausreichen mehr einzuzahlen/zu ersparen als man selbst für Rentenzeit und Krankheit typischerweise benötigt.