Ich erfuhr jüngst davon, dass es einen „Vertrauensverlust“ in die so genannten „Qualitätsmedien“ gebe. Da gucke ich doch erst mal in meine Leseliste; es kann doch nicht sein, dass man Verlagserzeugnissen nicht mehr trauen kann! – Oh, ein von einem Herrn Martin Holland verfasster Astronomieartikel auf „heise online“, und ich erstarre in Panik:
Das Universum gibt heute nur noch halb so viel Energie ab wie vor zwei Milliarden Jahren.
Das Universum behält heute mehr Energie für sich! Wir werden sterben! Also zumindest irgendwann, spätestens aber in vielen Jahren:
Mit insgesamt sieben Teleskopen – vier der leistungsstärksten der Welt und drei Weltraumsonden – haben die Astronomen aus aller Welt mehr als 200.000 Galaxien untersucht. Genauer als zuvor und in insgesamt 21 Wellenlängenbereichen haben sie dabei vermessen, wieviel Energie dort erzeugt wird. Zwar sei bereits seit den 1990er-Jahren bekannt, dass diese Energiemenge immer weiter nachlässt. (…) „Das Universum hat es sich im Prinzip schon auf dem Sofa gemütlich gemacht, eine Decke übergezogen und ist dabei für immer und ewig einzunicken“. Das werde aber noch lange dauern, beruhigt mit Aaron Robotham einer der beteiligten Forscher in einem Artikel auf The Conversation. In einigen Billionen Jahren würden wir von der Erde nur noch die Milchstraße sehen, weil alle anderen Galaxien zu weit weg sind und in einigen Hundert Billionen Jahren werden dann nirgendwo mehr Sterne entstehen.
Gucken wir doch mal in den Artikel:
GAMA has been able to measure this huge span of radiation over the past 5 billion years for almost 200,000 galaxies, categorically establishing that the energy output of stars in the universe is winding down.
Ach so, das Universum gibt gar keine Energie ab (an wen oder was denn auch?), sondern die kosmische Strahlung lässt nach. Egal – Strahlung im Universum, Energieabgabe, ist alles nicht sichtbar, ist also irgendwie das Gleiche. Wo kommt diese Energie eigentlich her? Nun:
Die meiste Energie im Universum sei direkt nach dem Urknall entstanden, fasst Forschungsleiter Simon Driver die Grundsätze zusammen. Aber seitdem werde immer weiter zusätzliche Energie geschaffen, wenn in Sterne Wasserstoff und Helium fusionieren.
Wieder was gelernt: Eine Kernfusion, durch die vorhandene Energie in andere Energie umgewandelt wird (in der Regel mit Energieverlust im Kern), erzeugt Energie aus dem Nichts. Einstein hatte Unrecht und erst Martin Holland hat das bemerkt – oder ist das doch nur eine Übersetzungsfehlleistung? Nein, auch in der Pressemeldung steht, es werde Energie erzeugt; allerdings aus der Masse der Sterne, nicht etwa aus dem Nichts. Sterne leuchten, indem sie ihre Masse sozusagen verheizen, und die so umgewandelte (nicht etwa „erzeugte“) Energie könnte sich irgendwann wieder zu neuer Masse zusammenfinden.
Es ist übrigens zwar eine bedrückende Vorstellung, dass in einigen hundert Billionen Jahren keine Sternschnuppen mehr von der Erde aus sichtbar sein werden; allerdings wird es in spätestens siebeneinhalb Milliarden Jahren für eine ziemlich lange Zeit auch niemanden mehr geben, der überhaupt noch etwas von der Erde aus sehen könnte.
Aber wen interessieren in der Astronomie schon solche unwesentlichen Kinkerlitzchen?
Sehr lesenswerter Rant übrigens: Friss deine Medizin, Post!
Hach ja, unsere Journalisten.
Ich finde es ist Zeit für eine Stiftung, welche diese oft traurigen, umherirrenden Gestalten an die Hand nimmt und zurück in die Spur hilft.