Während ich eigentlich einige Zeilen für die überfällige 2014er Rückschau (ja, die kommt noch) schrieb, fiel mir dieses Album in die Hände, von dem ich dachte, es eigne sich als spätes Album des Jahres 2014 – leider erschien es bereits im November 2013. Das ist ein bisschen schade.
Nicht aus Italien, wie es der Name vielleicht vermuten lässt, sondern aus Finnland kommen die Musiker von Utopianisti. Kommen? Nein, vielmehr handelt es sich um ein Soloprojekt eines gewissen Herrn Markus Pajakkala. „Solo“ ist allerdings auch nicht so ganz richtig, sind doch auf dem vorliegenden Album insgesamt 27 weitere Musiker an Saxophonen, Posaunen, Gitarren und dergleichen zu hören.
Bei dem vorliegenden Album handelt es sich um ein Doppelalbum, das wohl aus zwei einzelnen Alben namens „Utopianisti II“ und „Utopianisti meets Black Motor & Jon Ballantyne“ besteht. Acht der dreizehn Stücke gehören somit zum zweiten regulären Album von Utopianisti, vier weitere entstanden in Zusammenarbeit mit Jon Ballantyne, einem kanadischen Pianisten und Komponisten, und dem finnischen Free-Jazz-Trio Black Motor, deren Kontrabassist Ville Rauhala auch in zwei Stücken von „Utopianisti II“ aushilft.
Wie das klingt? Insbesondere sehr instrumental, lediglich drei Stücke („The Vultures were hungry“, dessen Text aus nicht viel mehr als diesem Satz besteht, „Spanking Time“, das mit seinen Rockremineszenzen und dem gesprochenen Text nicht nur vom Titel her an Captain Beefheart erinnert, und „Tango Succubus pt. 2“, das tatsächlich einen Tangorhythmus hat, für das Verständnis dessen Kontexts jedoch mein Finnisch zu schlecht ist) beinhalten Gesang, der allerdings auch eher als gestaltendes Element dient. Gestaltet, apropos, wird hier reichlich: Big-Band-Jazz, Opernhaftes, Retro-Prog, Jazzrock, Zappaeskes. Vor allem eben: Jazz. Viel, viel Jazz, gewürzt mit avantgardistischen Beigaben, dass man vor Begeisterung gar nicht so richtig zur Ruhe kommt. Jazz ist Fahrstuhlmusik? In so einem Fahrstuhl würd‘ ich gern kurz stecken bleiben – oder doch besser nicht, denn das Haus, zu dem der Fahrstuhl gehört, mag vermutlich ein auch sonst sehr wohnliches sein, in dem man ungern irgendwelche Vorgänge verpassen möchte.
Der Teil des Albums, in dem Black Motor und Jon Ballantyne mitspielen, beginnt mit „The Sundays of love and peace“ dem Titel entsprechend beinahe brav, Freiformjazz mit Saxophon- und Klavierdominanz erklingt. Auch die folgende „Mechanoid makeout music“ wird aber ihrem Titel gerecht: Ein elektronischer Rhythmus und mancherlei Gefiepse werden von Schlagzeug und geradezu nervösem Saxophon (Sami Sippola ist ein Name, den man sich vielleicht merken sollte) überdeckt. Bei „Utopianisti meets Black Motor & Jon Ballantyne“ tritt der avantgardistische Aspekt in der Musik von Utopianisti insgesamt etwas zurück und weicht einem nichtsdestotrotz alles andere als gemäßigen Freiformjazz.
Wer mitgezählt hat: Thematisiert wurden bisher nur acht und vier, also zwölf, von dreizehn Stücken. Das dreizehnte, „U.L.J.C. (The Unnecessary Leftover Jam Compilation)“, ist Teil keines der beiden Teilalben, sondern besteht aus neuneinhalb Minuten Improvisationen und – nun – übrig gebliebenen Jams. Ein opulentes Ende zu einem gelungenen Album.
Der Hör- und Kaufbefehl wird hiermit erteilt.
Senfecke:
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