Persönliches
„Wo Sie grad frie­ren: Darf ich Sie kurz stören?“

Man kann sich qua­si den Kalen­der danach stel­len: Der Win­ter hat offi­zi­ell begon­nen, wenn Mal­te­ser, Rot­kreuz­ler, Perua­ner, Zir­kus­be­dien­ste­te und son­sti­ge sich mensch­lich nen­nen­de Bett­ler mit und ohne Kamel, Esel und Pan­flö­te aus dem War­men in die sozia­le Käl­te auf Bahn­hö­fen und in Fuß­gän­ger­zo­nen migrieren.

Wie­so aber glau­ben sie eigent­lich, dass Men­schen beson­ders dann hilfs­be­reit sind und sich Zeit für sozia­le Inter­ak­ti­on im Frei­en neh­men, wenn es kalt ist? Klar, es geht auf Weih­nach­ten zu, auf das so genann­te „Fest“, anläss­lich des­sen die Leu­te ohne­hin schon regel­mä­ßig ehr­li­che Wert­schät­zung mit teu­ren Geschen­ken ver­wech­seln und also, da sie inner­städ­tisch unter­wegs sind, meist bereits sowie­so dabei sind, Geld für allen mög­li­chen Plun­der aus­zu­ge­ben, womit die Wahr­schein­lich­keit, dass sie dann auch für die Bedürf­ti­gen – womit natür­lich mal wie­der nicht die deut­schen Steu­er­zah­ler gemeint sind – ein paar Euro erüb­ri­gen kön­nen, um ein Viel­fa­ches steigt.

Ob das die rich­ti­ge Vor­ge­hens­wei­se ist? Ich bezweif­le es. Zwar ist es durch­aus mög­lich, dass eini­ge Ange­spro­che­ne genervt (die Wenig­sten wohl über­zeugt) dem Bit­ten nach­ge­ben, um nur end­lich wei­ter­ge­hen zu kön­nen, ohne unhöf­lich zu wir­ken (war­um fürch­ten sich so vie­le eigent­lich vor die­sem Ein­druck gegen­über Unsym­pa­then?), und sich irgend­wel­che Unter­stüt­zung zu lei­sten bereit erklä­ren, und wenn das ein­zi­ge Ziel der Mal­te­ser (o. Ä.) lau­tet, schnell an Geld zu kom­men, kön­nen sie damit zufrie­den sein; allein: Mis­si­ons­ar­beit stel­le ich mir etwas anders vor. Der Geist der Weih­nacht hat einen Sub­text, der nicht nur mit‑, son­dern den gan­zen Geist umherschwingt.

Die wenig­stens gering­fü­gig mensch­lich ent­schuld­ba­re alter­na­ti­ve Erklä­rung für den zeit­li­chen Zusam­men­fall von Frost und Bitt­stel­le­rei lau­tet, dass den Mal­te­sern (o. Ä.) wohl bekannt sei, dass den Bür­gern das Geld momen­tan groß­teils nicht locker in den Taschen lie­ge und man im Win­ter zumin­dest auf den Mit­leids­fak­tor set­zen kön­ne. Bei genaue­rer Betrach­tung stürzt die­ses Selbst­lü­gen­ge­bil­de aber vor­bild­lich in sich zusammen.

Man stel­le sich fol­gen­des hof­fent­lich fik­ti­ves Gespräch an einem Bahn­hof bei 30 Grad im Schat­ten vor:

Mal­te­ser (o. Ä.): Eine Spen­de für Obdach­lo­se bitte!
Pas­sant (genervt): Wie schlimm geht es denen?
Mal­te­ser (o. Ä.): Nun, sie haben Hun­ger, kein Dach über dem Kopf und sind in schlech­ter kör­per­li­cher Verfassung.
Pas­sant (genervt): Frie­ren sie auch?
Mal­te­ser (o. Ä.): Nein, es ist ja warm.
Pas­sant (genervt): Dann spen­de ich nicht. Ver­su­chen Sie es im Win­ter noch einmal.

Ent­we­der sind sol­che Dia­lo­ge tat­säch­lich üblich oder die Mal­te­ser (o. Ä.) trei­ben doch erschreckend nie­de­re, mani­pu­la­ti­ve Instink­te zu ihrem Tun. Bei­des wäre erschreckend, aber wenig über­ra­schend, in kei­nem Fall aber über­zeu­gend. Die Men­schen soll­ten auch zur „Weih­nachts­zeit“ nicht ver­ges­sen, dass die rei­ne Ver­nunft nicht ver­käuf­lich ist. (Noch so ein Satz, den man in einer Kir­che wohl sel­ten hören würde.)

Habt ihr eigent­lich die­ses Jahr schon für Kaka­pos gespen­det?