Als hochqualitativer Filmkultur gegenüber durchaus aufgeschlossener gelegentlicher Kinofilmkonsument kam ich nicht umhin, dem neuesten Werk des geschätzten Quentin Tarantino Beachtung zu schenken.
Obwohl ich im Vorfeld darüber informiert wurde, dass Til Schweiger als einer der beiden (*) deutschen Schauspieler, die nahezu jeder Rolle, die sie spielen, mit ihrem Gesicht und ihrer Darstellung den immer gleichen (will meinen: eintönigen) Charakter verleihen, ebenfalls mitspielt, haben sich meine Befürchtungen nicht bestätigt, seine Rolle hat sich in das Gesamtbild des Films nahtlos eingefügt. Allein dafür: Chapeau, Herr Tarantino!
Weniger erfreulich allenfalls sind die Kritiken der deutschen Medien wie auch die Selbstkritik der Darsteller; Til Schweiger selbst erwähnte in einem anschließend geführten Interview, er habe sich noch tagelang dafür geschämt, eine SS-Uniform getragen zu haben. Ja, herrje, ist das jetzt ein Rechtfertigungsversuch? Es ist nicht verkehrt, sich als Schauspieler auch mit seiner Rolle zu identifizieren, aber sich dafür zu schämen halte ich doch für überzogen. Warum nimmt ein deutscher Schauspieler eine Rolle als SS-Führungskraft an (und bekommt eine womöglich nicht unerhebliche Summe Geldes hierfür), wenn er sie hinterher madig redet? – Nein, so recht glaubwürdig ist das nicht.
Damit jedoch liegt er auf einer Linie mit Jens Jessen, c/o Die Zeit:
Der Erfolg des Filmes in den deutschen Kinos wird übrigens auch davon leben, dass sich das Publikum natürlich nicht mit den Deutschen von damals, sondern mit den amerikanisierten Juden identifizieren wird. Für die Nachgeborenen ein Fest der Selbstgerechtigkeit. Alle werden auf der richtigen Seite das Splattermovie goutieren.
„Die richtige Seite“ ist also die, die sich selbst von sich distanziert, um nicht versehentlich erkannt zu werden.
Zentrale Frage in all diesen vorsichtigen Kritiken zu „Inglourious Basterds“ scheint diese zu sein:
Darf man als Deutscher einen Film gut finden, in dem die verfolgten Juden einen Anschlag auf die Reichsführung planen und damit sogar Erfolg haben?
Ich halte dagegen:
Falls nicht, darf man stattdessen jene Attentäter als Helden feiern, die tatsächlich solcherlei versuchten, aber gescheitert sind?
Inglourious Basterds ist, wie die meisten Filme Tarantinos, auch eine Satire, aber keinesfalls eine Dokumentation. Es ist – wie schon Tarantinos „Kill Bill“ – ein Film, in dem die, denen Unrecht widerfahren ist, Rache nehmen an ihren Unterdrückern. Im Film bleiben diejenigen Sieger, denen man es außerhalb des Filmes hierzulande seit 64 Jahren nachträglich wünscht.
Kehrt sich die Moral ins Gegenteil, wenn sich die Guten im Film der Methoden der Bösen im wirklichen Leben bedienen?
Ich jedenfalls betrachte den Film Inglourious Basterds als das, was er ist:
Eine durchweg unterhaltsame Fiktion mit einer – sit venia verbo – saucoolen Hauptfigur, die bis zur letzten Minute spannend bleibt.
Und somit ein Film, für den es offenbar einen Quentin Tarantino brauchte, gemessen an den zahlreichen Ödnissen der letzten Jahre, die als Meisterwerke angekündigt waren, bei denen sich mir aber schon beim Lesen der Inhaltsangaben ein Gähnen aufdrängte.
Ganz großes Kino!
Ihr dürft mich gern zitieren.
(*): Der andere ist, übrigens, Moritz Bleibtreu.
Bleibtreu hab ich nicht gesehen, dafür Christoph Walz – großartig!!! (ausgezeichnet mit goldener Plame)
Bleibtreu kam in diesem Film auch nicht vor. Der hätte gerade noch gefehlt.
Hat Brad Pitt eigentlich auch eine Auszeichnung bekommen? Verdient hätte er sie allemal!