Wenn man dann überhaupt einfach mal darüber nachdenkt, was das alljährliche Weihnachtsbohei – Kaufhausfassaden sind bereits seit Wochen mit grünem Plastik „verziert“, und mir wird davon schon ganz festlich in der Hose – eigentlich ist, bekommt man ja durchaus leichte Zweifel daran, dass man daran teilnehmen sollte, weil man das eben so macht.
Es gibt eigentlich nur zwei valide Gründe, zeitlichen oder anderweitigen Aufwand in Weihnachtsvorbereitungen zu investieren. Der volkstümliche der beiden Gründe ist die Tradition im christlichen Abendland. (Wer die Weihnacht als billige Ausrede benutzt, etwas mit der Familie zu unternehmen, der hat das mit der Familie übrigens noch nicht so ganz verstanden.) Diese Tradition sieht von außen wahrscheinlich etwas seltsam aus: Christlich Sozialisierte in Deutschland – hier hat das mit den Bäumen wohl seinen Ursprung – gedenken der Geburt eines Toten, indem sie einen ebenso toten Nadelbaum in ihr Wohnzimmer stellen und Plastikspielzeug um ihn herum verteilen. Da platzt einem doch der Kopf.
Ein Blick nach Osten: Religiös am nächsten kommt dem Weihnachtsfest im Buddhismus wahrscheinlich das Vesakhfest, an dem Geburt, Erleuchtung und Verlöschen von Siddharta Gautama („Buddha“) gefeiert werden. Anlässlich dieses Festes wird unter anderem auch geschenkt:
Ein wichtiges Element des Festtages ist die Übung in Gebefreudigkeit, also das Schenken – so werden Spenden an Klöster gegeben und vor allem Bedürftige und Pilger mit Lebensmittel versorgt und verpflegt.
Diese merkwürdige Angewohnheit des Schenkens – dieses Jahr sollen’s pro Kopf durchschnittlich 288 Euro sein, von denen nur in Ausnahmefällen Bedürftige Malteser, Rotkreuzler, Peruaner sowie Zirkusbedienstete mit und ohne Kamel, Esel und Panflöte profitieren – ist also keine Eigenheit kapitalistischer Staaten, sondern weltweit akzeptiertes Brauchtum. Verständlich: Wer den Rest des Jahres ein selbstsüchtiges Ekelpaket ist, dem ist jede ihm aufgedrängte Gelegenheit zur Revanche eventuell gerade gut genug.
Mit dem Christentum hat das alles sowieso nicht viel zu tun; der biblische Jesus fand für jene, die ihre Menschlichkeit in verfügbarem Geld bemessen wollten, recht deftige Worte: Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Da sich die Menschen somit einig sein sollten, dass das Christentum in ihrer persönlichen Feierlichkeit normalerweise keine Rolle mehr spielt (und gleichzeiig bigott aufheulen, wenn jemand anstrebt, den Stuss aus den Kalendern tilgen zu lassen), fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass man selbst im fundamentalistisch christlichen Staatenbund USA inzwischen darauf verzichten, die selbstdefinierte Christlichkeit (rattattattatta!, wissenschon) an die – *Sonnenbrille aufsetz* – große Glocke – yeah – zu hängen, und seine Weihnachtsbäume „holiday trees“, also „Feiertagsbäume“, nennt. Anhänger anderer Religionen (außer den Muslimen, die haben in den USA nicht viel Grund zu feiern) werden somit nicht mit störenden westlichen Werten konfrontiert und begehen statt Weihnachten eben ein religionsübergreifendes Fest, das man nur zufällig wie Weihnachten feiert. O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist dein Gemüte. Konsequent sollte der Weihnachtsmann („Santa Claus“) künftig den Namen „Holiday Man“ tragen. Superhelden sind ja immer mal wieder im Kommen.
Anhänger späterer Religionen werden eines Tages vor ihren Geschichtsbüchern sitzen und sich über die Christen scheckig lachen. Das sieht dann sicher total witzig aus.

