Dass es vollkommen behämmert ist, stolz darauf zu sein, welche Pronomen diejenigen, die für bunga-bunga, snu-snu oder sonstiges Bumsen in Frage kommen, sich bevorzugt geben (nebenbei: die Pronomen eines Menschen haben mich noch nie interessiert, während ich eine Hose trug), fällt vielen erst auf, wenn man das, was sie für den „Normalfall“ halten, ebenso in den Scheinwerferstrahl reckt.
Hallo, ich bin ein Mann und oute mich hiermit: Ich vögle gern eine oder mehrere Frauen – Problem damit?
Trotzdem ist auch dieser Juni schon wieder ein pride month, ein „Monat des Stolzes“ also, und auch wenn das nach eher düsteren Zeiten klingt und auch diesmal wieder vor allem Farben und Flaggen eine wesentliche Rolle spielen, ist das eine ziemlich linke Sache; keine freilich, die dem Großkapital nicht gelegen käme: Dass peinliche Unternehmen wie BMW sich in Deutschland den Gratismut leisten, bunte Bilder in ihre Logos und/oder Signets zu kleben („Die Welt ist bereit, jeden zu lieben und zu feiern #pridemonth“, @bmwdeutschland auf Instagram, 2021), in Katar und anderen Staaten, in denen es tatsächlichen Mut erfordern würde, gleichgeschlechtliche Zärtlichkeit (beziehungsweise gleichgeschlechtliches Rammeln, das geht ja auch unzärtlich) für eigentlich ganz in Ordnung zu finden, aber nichts davon wissen wollen, ist auch 2022 noch wahr. Herzchen! Däumchen hoch!
Die „WELT“ (will nicht verlinkt werden, LSR) titelt im Namen von Rieke Hümpel, Uwe Steinhoff, Antje Galuschka, Alexander Korte und Marie Vollbrecht zur Feier des Tages: „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Wie ARD und ZDF Kinder sexualisieren und umerziehen“. Ich persönlich sorge mich ja mehr darum, dass irgendwelche Pfarrer Kinder sexualisieren, als darum, dass das Greisenmedium Fernsehen das tut, weil Kinder kaum noch linear fernsehen (warum sollten sie auch?), aber noch immer früh in irgendwelche christlichen Vereine reingesteckt werden, aus denen sie sich dann später teuer freikaufen müssen, doch empörte Artikel darüber las ich heute auch in der „WELT“ nicht.
Empörte Zeigefingerschwinger, mitunter hauptberuflich, teilen stets ungefragt mit, der „Monat des Stolzes“ habe erst dann seinen Zweck erfüllt, wenn keiner mehr fragen wolle, welchen Zweck er denn habe. Mich beschleicht der Eindruck, dass der Großteil derer, deretwegen er noch rituell stattfindet, die Teilnehmer selbst sind. Sicher: Gesellschaftspolitische Reformen in Liebesdingen sind noch immer notwendig, aber LSBTQ hat damit erst mal nichts zu tun und will damit auch nichts zu tun haben. Die tatsächliche gesellschaftliche Ungleichbehandlung zwischen – zum Beispiel – Hetero- und Pansexuellen ist, sachlich betrachtet, doch deutlich geringer als die zwischen Mono- und Polyamoren. Letztere haben ja noch nicht mal die Möglichkeit der freien Eheschließung, sondern müssen sich zwischen den Partnern entscheiden.
Immerhin: Eine Flagge haben sie schon.
Full ACK! +1 für die Enthüllung der Doppelmoral.