Während die Qualitätspresse noch damit beschäftigt ist, die neue Vorsitzende der Grünen (ohne Gegenkandidaten von einem Viertel der Delegierten trotzdem abgelehnt, das muss man ja auch erst mal schaffen) als Gesicht der Erneuerung (weil vergleichsweise jung; als wäre das ein relevantes Kriterium!) zu belobhudeln, ist links davon Trauerstimmung eingekehrt. Unter der bescheuerten Zwischenüberschrift „Die Gretchenfrage der Linken“ fasst Anna Lehmann in der Online-„taz“ mit origineller Zeichensetzung zusammen:
Will man regieren und Kompromisse machen oder kompromisslos in der Opposition bleiben.
Das sei aber eher als rhetorische Frage – ach, deshalb der Punkt am Ende! – gemeint:
In parteiinternen Umfragen haben Regierungsbeteiligungen satte Mehrheiten. Auch die Berliner Linkspartei hatte sich im Dezember mit Dreiviertel-Mehrheit für die Zusammenarbeit mit SPD und Grünen im Land ausgesprochen.
Der Auslöser für den Artikel ist, dass die Aktivisten von „Fridays for Future“ anscheinend inzwischen erkannt haben, dass die Grünen ein sehr undankbarer Partner für vermeintlich Nichtkonservative sind, und sich darum der „Linken“ zuwenden, als wäre diese eher interessiert an Idealismus statt Posten.
Christa Luft, seit ungefähr 1893 Mitglied der heutigen „Linken“, hatte Ende 2021 ihren Austritt bekanntgegeben und dabei die einzig relevante Frage gestellt:
Warum führt man sich gegenüber Befürwortern von Angriffskriegen und gewaltsamen Einmischungen in die Angelegenheiten anderer Staaten und Völker immer wieder untertänig auf, anstatt die eigenen außenpolitischen Wertvorstellungen kraftvoll zu bekunden und sich zu bemühen, diese durch den Lauf der jüngsten Zeitgeschichte bestätigten Vorstellungen zum Maßstab einer künftigen Zusammenarbeit zu machen?
Wen muss man eigentlich wählen, wenn man Krieg konsequent ablehnt?
Wenn Du Krieg ablehnst, bleiben nur ein paar kleine Parteien übrig (ich vermute, dass Du schon weißt, welche). Das Problem ist aber das deutsche Parteiensystem als Ganzes.
Nein, welche denn?
Ja, das Parteiensystem ist ein Relikt aus dem Kaiserreich. Die Crux ist, dass eine Parteienmehrheit entscheiden müsste, es abzuschaffen.
Kriege sind nun einmal ein zu wichtiger wirtschaftlicher Faktor.
Sobald dafür ein Ersatz gefunden wird, werden Kriege verschwinden.
Wenn man Krieg konsequent ablehnt,
muss man Kapitalismus abwählen.