Eminem macht es uns Freunden eher melodischer Klänge nicht leicht: Seine ersten zwei bis drei richtigen Alben waren durchaus bemerkenswert und wenigstens ein track aus jedem von ihnen fast überall zu hören, seine kalkulierten Provokationen trafen meist ins Schwarze und ärgerten die Richtigen. Anschließend versumpfte sein Tun ein wenig, was dazu führte, dass er fortwährend irgendwelche Popstars einen Refrain jammern ließ, was ich ganz persönlich für belanglos, langweilig, uninteressant hielt und halte.
Plötzlich, im August 2018, gab es „Kamikaze“, ein überraschend gedropptes, wie man in der Szene wohl sagt, Album, das auf „Revival“ (2017) folgte, das wiederum Gaststars wie Beyoncé, Pink und Alicia Keys aufwies und dessen Lieder zwar radiotauglich waren, aber nicht das aufwiesen, was Eminem für einen wie mich so interessant macht: Wut. Man werfe mir ein kindisches Gemüt vor, wenn ich schreibe, was ich gleich schreibe, nämlich, dass diejenigen Stücke von Eminem, die ich am wenigsten ungern höre, wahlweise diejenigen sind, in denen seine Rapgeschwindigkeit bemerkenswert hoch ist („Rap God“, „Speedom WWC 2“ u.a.), oder aber diejenigen, in denen er wütet; „Kim“ und dergleichen. Ich verstehe mich selbst oft nicht. Da „Revival“ aufgrund seiner Bräsigkeit sogar von blöden Medien wie dem „Stern“ und der „WELT“ als ungut empfunden wurde, tat Eminem das, was man von einem vernünftigen Künstler erwarten sollte: Er nahm mit „Kamikaze“ das stilistische Gegenteil von „Revival“ auf, knöpfte sich darauf textlich seine Kritiker und seine Genrekollegen vor und war dabei und darum dermaßen inspiriert, dass es das erste Eminemalbum seit langer Zeit geworden war, das ich mochte.
Das (abgesehen von der späteren Vinyl- und der ebenso späteren CD-Version) vorgestern ebenso überraschend veröffentlichte Nachfolgealbum von „Kamikaze“, „Music to Be Murdered By“ (Amazon.de, TIDAL), ist eine Folge dieses erneuten Freischwimmens. Irgendeine Rezensentennuss hat eines der enthaltenen Stücke „widerlich“ genannt, weil Eminem in dessen Text beiläufigen Bezug auf ein Attentat während eines Ariana-Grande-Konzerts nahm. Da werde ich spontan solidarisch, da kann man nichts machen. So bin ich eben.
„Music to Be Murdered By“, vom Namen über das Titelbild bis hin zu ganzen Wortbeiträgen gespickt mit Alfred-Hitchcock-Zitaten, ist also auch wieder ein Album geworden, auf dem alles einen Platz findet, was ein Kaumraphörer wie ich an seinem mittlerweile bärtigen Künstler so schätze: Provokationen, Wut - diesmal immerhin nicht vorrangig auf die Nichtkonsumenten seiner Alben - und versiert vorgetragene Selbsterhöhung in überdurchschnittlicher Geschwindigkeit („Godzilla“).
Mit „Darkness“, das ausgerechnet Simon and Garfunkel zitiert und einen weiteren Massenmord mit der Absicht, die noch immer zu lockeren Waffengesetze in den Vereinigten Staaten anzumahnen, aus der Ichperspektive schildert, ist Eminem überdies ein sehr lästiger Ohrwurm gelungen. Ärgerlich. Dabei mag ich gar keinen Rap.
Zum Glück gibt’s morgen wieder Montagsgitarren.
Montagsgitarre? Ist das sowas wie Montagsauto?
Nein, es ist eine montags erklingende Gitarre.