Zu den Dingen, die den durchschnittlichen Benutzer mehrerer Computer (etwa Laptop und Smartphone und Spiel-PC) trotz (oder wegen) all des Webzweinullquatsches immer noch zu überfordern scheinen, gehört es offenbar, eine Liste zu erledigender Dinge anzufertigen, die auf allen benutzten Systemen gleichermaßen zur Verfügung steht. Wie sonst ist es zu erklären, dass immer wieder neue Varianten des Konzepts „Liste von Dingen mit Datumsangabe“ als neues kommendes Ding angepriesen werden?
All die Wunderlists, Toodledos und Astrids haben jedenfalls eines gemeinsam: Sie machen es zu kompliziert.
Früher, bevor der Computer Dinge verkomplizierte, bestanden solche Listen noch aus reinem Text, wichtige deadlines wurden gelegentlich auch in papiernen Kalendern notiert. Besondere Speicherformate waren nicht notwendig, auch keine Dechiffriermethoden: Benötigt wurden lediglich Lese- und Schreibkenntnisse.
Im Jahr 2003 entstand mit dem orgmode ein erstaunlich später Versuch, dieses einfache Konzept in digitaler Form nachzubilden. Die entstehenden Dateien enthalten Prioritäten, Datumsangaben und auch sonst allerlei Informationen, die man für ein todo benötigen könnte. Der essenzielle Vorteil gegenüber oben genannten Alternativen: Die .org-Dateien sind reine Textdateien ohne besondere Formatanweisungen - sie lassen sich in jedem Texteditor fehlerlos und einfach bearbeiten. Mit MobileOrg gibt es auch eine Android-app inklusive einer Möglichkeit, die .org-Dateien per Internet freizugeben, was für uns Mehrgerätenutzer ein deutliches Plus ist. (Ob diese app ein widget zur schnellen Übersicht noch zu erledigender Aufgaben besitzt, weiß ich leider nicht.)
Doof am orgmode ist es, dass man mehr oder weniger an Emacs gebunden ist. Einige weitere Texteditoren neben Emacs, der die Referenzimplementierung des orgmodes bis heute beherbergt, haben inzwischen auch Syntaxhighlighting und weitere Unterstützung für das orgmode-Format als Plugin erhalten; stets aktuell ist jedoch nur die Originalversion, Inkompatibilitäten nicht ausgeschlossen. Außerdem hat die Aufteilung in mehrere Dateien zwar strukturelle Vorteile, aber den Nachteil, dass es komplizierter wird, alle Aufgaben im Blick zu behalten.
Die von mir zurzeit bevorzugte Alternative ist Todo.txt. Dieses Format folgt ähnlichen Zielsetzungen wie der orgmode, ist jedoch frei von den erwähnten Nachteilen: Zum Einen gibt es keinen Standardeditor für das Format (es ist nicht einmal ein offizielles Plugin vorhanden), zum Anderen beschränkt sich das Format auf eine einzige Datei (eben die Datei Todo.txt), was nicht nur die Übersicht, sondern auch das Synchronisieren erleichtert. (Offiziell wird zurzeit nur Dropbox unterstützt, natürlich funktioniert aber auch jeder andere ähnliche cloud-Dienst.) Dafür ist es möglich, für jeden Eintrag eine Priorität, Anfangs- und Enddatum, einen „Kontext“ und ein „Projekt“ festzulegen. Es gilt: Jede Aufgabe entspricht einer Zeile.
Ein Beispiel:
(A) 2013-06-04 Schreibe Artikel über Todo.txt +nichtblog @online
Diese Zeile besagt: Die höchstpriorisierte („(A)“) Aufgabe - Teil des Projekts „nichtblog“ im Kontext „online“ - wurde am 4. Juni 2013 geplant. Hierbei sind fast alle Angaben optional - valide wäre also auch einfach:
Schreibe Artikel über todo.txt
Eine ausführliche Formatbeschreibung (englischsprachig) ist im Projektwiki zu finden.
Es gibt diverse Desktopeditoren für Todo.txt, unter anderem für Windows und Linux. Einige von ihnen sind auf der Projektwebsite verlinkt. Ich meinerseits benutze in der Regel den von mir bereits 2011 gepriesenen Editor Sublime Text für diese Aufgabe - immerhin handelt es sich bekanntlich um „normale“ Textdateien. Um mir das trotzdem ein bisschen zu vereinfachen, entwickle ich gelegentlich ein Syntax-Highlighting-Plugin für Sublime Text, das Farbkodierungen für die einzelnen Elemente hinzufügt.
Außer dem recht mächtigen Kommandozeilenskript „Todo.txt CLI“ gibt es von der Entwicklerin auch eine mobile app für iOS und Android, die ein Dropboxkonto zwar zwingend voraussetzt, aber alles Nötige mitbringt. Auch ein widget ist verfügbar:
Natürlich ist das alles weniger cool als die umfangreich gestaltete Hype-app der Wahl zu benutzen. Andersherum betrachtet aber: Todo.txt und .org-Dateien werden noch verfüg- und benutzbar sein, wenn die kleinen Unternehmen, die für die Alternativen verantwortlich sind, längst nicht mehr existieren.
Man kann es auch übertreiben mit dem vermeintlichen Komfort.
info-codes
prio : A = eilig/selbst B = nicht eilig/selbst C = delegieren
ab = anrufbeantworter ms = message per edv ts = testen
ba = brief an nb = notiz mit beleg vs = vision
bv = brief von nt = notiz ohne beleg wi = witz
fa = fax an pj = projekte wv = wiedervorlage
fv = fax von qu = quelle (fundstelle) zh = geeignet f zuhause
gb = geburtstag re = rechnung zi = zitat
id = idee rr = rückruf durch mich zp = zeitplan
ke = konferenz extern rz = partner ruft zurück zu = verweis
ki = konferenz intern ta = telefon an
kk = karteikarte tv = telefonat von