Für die meist ziemlich scheußliche „taz” schlug Hanna Gersmann gestern vor, die EU gegen „Elitenbildung” (H. Gersmann über ihr Idealbild von Europa) zu schützen und Europa zu einem leuchtenden Vorbild in Sachen „Multikulti” (ebd.) zu machen.
Wirklich ernst zu nehmen ist aber ein anderes Projekt der letzten Monate: die Gegenbewegung zum Urheberrechtsabkommen Acta. Plötzlich interessierten sich Tausende Netzaktivisten für EU-Politik, schrieben Protest-Mails, gingen auf die Straße. Und die EU-Politiker kamen unter Druck, mussten reagieren. Ihre Sprache: zuallererst Englisch. (…) Europa muss (…) im besten Sinne – sagen wir – indischer werden: Englisch wird Amtssprache für alle. Wenn man sie nicht sprechen kann, muss man sie zumindest verstehen können.
Denn genau so funktioniert „Multikulti” (immer noch H. Gersmann): Indem man die Vielfalt der Sprachen zwar gnädig toleriert, aber als Verkehrssprache eine ganz andere importiert, nämlich von außerhalb Europas. Esperanto, Englisch, ganz egal.
Und natürlich sind auch fremde Religionen in Ordnung, so lange man sie nur im Privaten auslebt, die europäische Einheitsreligion hat doch, bitteschön, das Christentum (bevorzugt Protestantismus) zu sein. Und natürlich ist es völlig angemessen, wenn ein Europäer in seinen eigenen vier oder mehr Wänden Dingen wie Pazifismus, gesunder Ernährung und seinem Hang zur Bildung nachgeht, aber öffentlich ist gefälligst der American Way of Life zu zelebrieren: Waffenvernarrt, überfettet und tendenziell dumm hat der moderne Europäer zu sein, wenn er in gebrochenem Englisch mit seinen deutsch‑, spanisch- oder dänischstämmigen Landsleuten spricht.
Man muss der Versuchung, ein Individuum zu bleiben, widerstehen, um nicht das Projekt Europa zu schädigen:
Wer verhindern will, dass Europa ein Projekt der Eliten bleibt, muss dafür sorgen, dass künftig jeder Europäer zwei Sprachen lernt: Englisch und die eigene Muttersprache.
„Brian: Ihr seid doch alle Individuen.
Volk: Ja, ja, wir sind alle Individuen!
Brian: Und ihr seid alle völlig verschieden!
Volk: Ja, wir sind alle völlig verschieden!”
– Monty Python: Das Leben des Brian
Einer europäischen Elite arbeitet man also effizient entgegen, indem man ihr eine nicht europäische Elite als Vorbild oktroyiert.
So ist sie, die „taz”.