Musikkritik
Für mich Fan­ta Sie, los!

Da „Für dich immer noch Fan­ta Sie“, das aktu­el­le Mach­werk der Fan­ta­sti­schen Vier, bereits wohl aus­rei­chend anders­wo in akzep­ta­blem Umfang rezen­siert wur­de und ich inzwi­schen auch Zeit hat­te, mich aus­rei­chend mit die­sem Album zu befas­sen, und drit­tens, um für die anste­hen­de Halb­jah­res­rück­schau 2010 weni­ger schrei­ben zu müs­sen, folgt ein kur­zer Wort­schwall hier­zu (also zu dem Album, nicht zu der Zeit oder dem Anders­wo) meinerseits.

Die Fan­ta­sti­schen Vier legen seit 1991 in wech­seln­den Abstän­den meist bril­lan­te, sel­ten ent­täu­schen­de Alben vor. „Für dich immer noch Fan­ta Sie“ liegt irgend­wo dazwi­schen. „Viel“ hat­te noch, nun, viel zu bie­ten, auch das lei­der oft nur an die­sem gemes­se­ne „For­ni­ka“, trotz oder gera­de wegen stei­gen­den Anspruchs, wuss­te mich zu über­zeu­gen. Um aber dem Neu­ling, der wohl die Kon­se­quenz aus „For­ni­ka“ sein soll, ähn­li­ches abzu­ge­win­nen, fehlt ihm das Mit­rei­ßen­de. Wie schon alle ande­ren Alben des Quar­tetts ist natür­lich auch eine Ent­wick­lung zu hören; die Fan­ta­sti­schen Vier sind elek­tro­ni­scher gewor­den, viel­leicht auch wie­der ein Stück erwach­se­ner, was die Tex­te jeden­falls impli­zie­ren. Posi­tiv immer­hin: Tho­mas D., des­sen all­zu eso­te­ri­sche Tex­te mich per­sön­lich meist doch eher stö­ren, hält sich bis kurz vor Schluss („Man­tra“) weit­ge­hend zurück, den­noch bleibt auch der Rest, mit Aus­nah­me der sehr gelun­ge­nen Stücke „Smu­do in Zukunft“, „Kaputt“ und „Gar­nich­so­toll“, von denen gera­de letz­te­res an die alt­be­kann­te Stär­ke der „Fan­tas“, an uner­war­te­ter Stel­le geschick­te Wort­spie­le zu plat­zie­ren, wie­der erin­nert, eher durchschnittlich.

Zuge­ge­ben, ein „roter Faden“, wenn nicht gar eine „Rah­men­hand­lung“, ist, wenn ich mich nicht irre, zum ersten Mal in Form der zwei kur­zen Inter­lu­di­en „Für dich immer noch Fan­ta Sie Teil 1“ bzw. „Für dich immer noch Fan­ta Sie Teil 2“ vor­han­den, homo­gen klingt das Album den­noch nicht, und immer­hin das ist gut so, denn andern­falls wäre das Album in sei­ner vol­len Län­ge auch schlimm­sten­falls über­flüs­sig. Es bleibt aber beim Gefühl, das alles schon mal irgend­wo gehört zu haben; selbst die Sprach­ver­zer­rung in den bei­den Titel­stücken kennt man spä­te­stens seit „Pipis und Popos“, das ich für deut­lich unter­be­wer­tet hal­te und das vor allem auf Kon­zer­ten amü­siert. (Ich sag nur: Heli­um.) Es scheint, als wäre die­ses Album die vor­läu­fi­ge Kli­max der erneu­ten Selbst­fin­dung der Com­bo, mit­hin der Ver­such, nicht mehr wie man selbst zu klin­gen, qua­si die Suche nach einem völ­lig ande­ren Ich. So lässt sich viel­leicht auch die Auf­ma­chung des Albums, vier Comic­fi­gu­ren, die den Vie­ren wenig­stens ansatz­wei­se noch ähn­lich sehen, erklä­ren und sich „Für dich immer noch Fan­ta Sie“ in die Rei­he der Alben auf­neh­men, die wie einst „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ nicht als Aus­drucks­mit­tel einer bekann­ten Band, son­dern viel­mehr als Aus­lo­tung der eige­nen Gren­zen ohne Rück­sicht auf Eti­ket­ten zu ver­ste­hen sind. Aber die­ser Ver­gleich behagt mir selbst nicht, und so fas­se ich statt­des­sen zusam­men: Anspruchs­voll, aber unausgereift.

Dies ist dann auch bit­te kei­nes­falls als blo­ßer destruk­ti­ver Ver­riss zu betrach­ten. Viel­leicht kann man sich „… Fan­ta Sie“ (dreist abge­kürzt) auch schön­hö­ren, viel­leicht geht es man­chen gar direkt ins Ohr wie mir damals „Lausch­gift“. Klar ist: Ein Zugang zu dem Album ist nicht unbe­dingt leicht zu fin­den, die 30-sekün­di­gen Schnip­sel man­cher Inter­net­plat­ten­lä­den genü­gen nicht. Die Ver­spielt­heit von „Jun­ge trifft Mäd­chen“, die Gewalt von „Kaputt“, die Direkt­heit von „Schnau­ze“, zwi­schen­drin dann auch die Roman­tik („Für immer zusam­men“) und die Eso­te­rik („Man­tra“) brau­chen Zeit. Wer sie auf­bringt, wird viel­leicht belohnt.

Ohne Gewähr!