Einige vorzügliche und weniger vorzügliche Weblogs und Plattformen wie WikiLeaks setzen ja nun seit einiger Zeit auf das Bezahlsystem „Flattr“, das, in schönstem Werbesprech, eine Art „soziales Bezahlsystem“ sein soll. Der Grundgedanke lautet: Man zahlt einen bestimmten Betrag ein und klickt dann überall, wo einem etwas gefällt, auf den „Flattr“-Knopf. Betätigt man zwei dieser Knöpfe, wird jeweils die Hälfte des Geldes an die Betreiber der beiden „geflattrten“ Angebote überwiesen, bei hundert Betätigungen werden die Beträge dann mitunter eben recht klein. (Eventuelle Flattr-Nutzer unter meinen Lesern werden gebeten, mich gegebenenfalls zu korrigieren.)
Natürlich ist damit auch immer ein Hintergedanke verbunden, denn anders als etwa das bewährte PayPal, das, räusper, auch ich hier verwende (über Spenden freue ich mich wirklich außerordentlich, bitte mal in die Seitenleiste sehen), hat Flattr manches mit dem viral verbreiteten Spionagewerkzeug „Gefällt mir“ von Facebook gemeinsam, etwa das Prinzip „Wie du mir, so ich dir“.
Im Gegensatz zu einer normalen Spende nämlich ist bei Flattr die Verlockung schneller gegeben, einen Klick auch zu erwidern. „Ich hab dich geflattrt, kannst du mich mal zurückflattrn?“, solche Dialoge kannte ich zuvor nur aus den „sozialen“ Portalen des von VZnet: „… hat dich gegruschelt, möchtest du ihn/sie/es zurückgruscheln?“. Wer die Schwierigkeit hieran noch nicht erkannt hat, den stoße ich gern mit der Nase darauf: „Zurückflattrn“ geht ohne Flattr-Knopf nun mal nicht, und um einen solchen einbauen zu können, braucht man eine Internetpräsenz, die dies ermöglicht. Die bisherigen Flattr-Nutzer, natürlich auch der unvermeidliche Robert Basic, loben indes eben primär den „sozialen Aspekt“ und erdreisten sich natürlich nicht, zu erwähnen, dass dieser „soziale Aspekt“ nur wirkt, wenn man einer von ihnen ist. Nichtblogger und Nichtbesitzer einer zumindest dafür geeigneten Plattform haben selbst schon aus technischem Grund keine Möglichkeit, von Flattr zu profitieren, sind hingegen als williges Spendervolk gern gesehen. Die sind ja auch selbst schuld, steht ihnen ja frei, mit dem Bloggen anzufangen. (Dieses Problem ist bei Nutzung von PayPal nicht vorhanden, dort sind Spenden auch an registrierte E‑Mail-Adressen möglich.) Aber Hauptsache, man ist sozial und ein Teil des Netzes. Wer würde es einem verargen? Das ist die Zukunft, der Trend. Betteln 2.0, Mann!
Man kann Flattr auch aus verschiedenen anderen Gründen nicht mögen; die bislang blödeste Begründung, die mir untergekommen ist, war zum Beispiel, dass Flattr als bloßer Dienstleister auch Zahlungen an nationalistische Webportale nicht verweigert. „Alles, was Nazis mal angefasst haben, ist kontaminiert und wird ihnen überlassen.“ Das ist natürlich nur interessant für eine kleine Minderheit der Internetnutzer, denen sonst keine guten Gründe einfallen, Flattr abzulehnen. Viel bedeutsamer ist es, dass die eigentliche Funktion Flattrs, nämlich das Zahlen von Kleinbeiträgen, von Flattr nur unzureichend erfüllt werden kann.
Wenn man nämlich sein Flattr-Konto befüllen möchte, nicht im Besitz einer Kreditkarte ist und für das langwierige manuelle Überweisen nicht genügend Zeit oder Nerven vorhanden ist oder sind, bleibt hierfür nur PayPal übrig; und da im Internet ja alles schnell-schnell (wikiwiki) gehen muss, ist ein PayPal-Konto für das Gros der Flattr-Nutzer vermutlich eine Selbstverständlichkeit, so wenig man auch von PayPal halten sollte. Damit wäre einer der mitunter vorgeschobenen Gründe, Flattr „statt“ PayPal zu nutzen, hinfällig.
„Kleinbeträge“ beziehungsweise, für die Freunde des überflüssigen Superlativs, „Kleinstbeträge“ sind normalerweise im Sprachgebrauch zwischen 0,01 und 10 Euro anzusiedeln. In Verbindung mit erwähnter PayPal-Nutzung bleibt nur von dem ursprünglich eingezahlten Beitrag nicht mehr viel übrig, denn sowohl PayPal als auch Flattr nehmen Gebühren vom Empfänger. Schön, mag jetzt der Leser sagen, denn so kostet es mich nichts; stimmt, man muss zwar weniger selbst zahlen, dafür kommt aber auch weniger beim Adressaten an. Möchte man etwa einem seiner bevorzugten Blogger eine Spende von 2 Euro zukommen lassen und zahlt also 2 Euro via PayPal auf sein Flattr-Konto mit dem Vorsatz, den Betrag anschließend via Flattr zu versenden, ein, so tut man dem bevorzugten Blogger einen weniger großen und den beiden Anbietern einen um so größeren Gefallen als beabsichtigt:
Von den 2 Euro gehen 39 Cent an PayPal, Flattr sieht davon also nur 1,61 Euro.
Von diesen 1,61 Euro gehen wiederum 10 Prozent, also 0,16 Euro, an Flattr selbst, wenn man auf das Gnöbbsche drückt.
Mehr als 1/4 des Betrags, den man zu spenden bereit wäre, geht also im Beispiel, das nicht ungewöhnlich sein dürfte, schon beim Zahlungsprozess unterwegs verloren. Da stimmt es auch nur wenig zuversichtlich, dass Googles Pläne, eine mobile Micropayment-Alternative zu etablieren, gerade mal wieder durch die Blogs geistern, denn die bei Google üblichen Gebühren sind unabhängig von der Frage, ob es eine gute Idee ist, dass Google dem erstellten Nutzerprofil nun auch noch das Einkaufsverhalten zuordnen kann, auch nicht von schlechten Eltern.
Hinzu gesellt sich schließlich der ethische Aspekt. Hier kann ich nun nur für mich sprechen: Ich schreibe um des Schreibens Willen. Ich schreibe, weil ich gern schreibe, und schon ein Dank oder gar ein Link geben mir Anlass, damit auch so bald nicht aufzuhören. Die mancherorts nicht eben rar gesäten Hinweise darauf, dass man, statt sich zu bedanken, auch wortlos ein paar Kröten da lassen kann, stellen das Ziel in Frage. Würde ich etwa aus dem Zahlungsverhalten meiner Leser Schlüsse darauf ziehen, welche meiner Texte sich der größten Beliebtheit erfreuen, so würde ich wohl auch, vielleicht unbemerkt, meine zukünftige Themenauswahl daran ausrichten. Das wäre dann aber nicht mehr Schreiben um des Schreibens Willen, sondern bloße Profitgier; würde ich also für das Schreiben bezahlt, würde das Schreiben für mich so auch einen seiner wesentlichen Reize verlieren. Ihr kennt das vielleicht aus der Schule: Aufsätze zu einem vorgegebenen Thema waren nie sonderlich reizvoll zu recherchieren. Da lobe ich mir doch PayPal, denn wer über es an mich eine Zahlung abwickelt, lässt mich zwar wissen, dass ich nicht immer nur hanebüchenen Quatsch verfasse, jedoch erfahre ich nichts über die Wertung einzelner Texte. Der „soziale Aspekt“ besteht hier darin, die Arbeit eines anderen Internetnutzers ohne Hintergedanken und ohne zusätzliche 10 Prozent Gebühren einfach mal zu würdigen.
Wenn schon die Selbstverständlichkeit, einfach mal „danke“ zu sagen oder zu schreiben, im Internet zur Seltenheit geworden ist, so sollten wir sie doch wenigstens nicht der selbst ernannten Bloggerelite überlassen.
All diese Bedenken lassen letztlich nur einen Schluss zu:
Flattr? Ohne mich.
1. Finanzamt
2. entsprechendes Impressum
3. JMStV (in welcher künftigen Form auch immer)
Impressume mag ich fast noch weniger als Flattr.
Aber danke für die Beispiele.
Ich finde, du könntest öfters mal positiv über bären berichten. bezahlen würde ich dich aber nicht dafür.
ich finde als pinguin sollte man nicht so den flattrmann machen
Gern: „Bären sind, äh…?“
du bist so originell. wow!
Geht so. Heute ein wenig unkreativ.
… toll! Ich denke, das war das Wort, das du suchst.
Oh, danke – wie umsichtig von dir!
fsmaulalda?
Na toll, ich hätte schon was per paypal geschickt, aber bitcons nutze ich nicht mehr ;(
Was für ein selten bescheuerter Beitrag. Sie sind, mit Verlaub, ein Arschloch. Dein Theme ist hässlich.